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Usbekische Logistikbranche setzt zur Aufholjagd an
Usbekistans junger Logistikmarkt wächst. Lokale Branchenakteure expandieren und holen ausländische Partner ins Boot. Viele neue Logistikzentren und Lagerflächen sind geplant.
23.08.2024
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Die Logistikbranche bietet internationalen Firmen ein breites Geschäftsfeld. Zum einen sind usbekische Logistiker bei Hebetechnik, Flurförderzeugen, Kranen und Lagertechnik fast gänzlich auf Importe angewiesen. Zum anderen fehlt in Usbekistan Know-how für den Aufbau einer leistungsfähigen Umschlags-, Beschaffungs-, Absatz- und Distributionslogistik. Ausländische Unternehmen können hier mit Automatisierungs- und KI-Lösungen sowie Software-Applikationen für logistische Prozesse punkten.
Logistikdienstleistungen legen überdurchschnittlich zu
Die Verkehrs- und Logistikbranche in Usbekistan entwickelt sich solide. Innerhalb des Dienstleistungszweigs wächst die Sparte Lagerei und sonstige Dienste für den Verkehr (wie Güterabfertigung, Frachtumschlag und Spedition) am schnellsten. Der Anteil der Sparte an der Bruttowertschöpfung des gesamten Zweiges stieg 2023 auf 14 Prozent, gegenüber 9,3 Prozent im Jahr 2020.
2020 | 2021 | 2022 | 2023 | |
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Bruttowertschöpfung (in Mrd. US$) | 2,9 | 3,4 | 4,0 | 4,8 |
Reale Veränderung der Bruttowertschöpfung zum Vorjahr (in %) | -6,2 | 14,9 | 9,5 | 8,0 |
Anteil der Sparte Lagerei und sonstige Dienste für den Verkehr an der Bruttowertschöpfung (in %) | 9,3 | 10,8 | 13,2 | 14,0 |
Haupttreiber dieser Entwicklung sind die hohe Dynamik im verarbeitenden Gewerbe und im Außenhandel sowie ein brummender Transitgüterverkehr. Letzterer dürften sich bis 2030 auf 16 bis 18 Millionen Tonnen im Vergleich zu 2020 in etwa verdoppeln.
Zusätzlich beflügelt wird der Trend durch einen großen und wachsenden Verbrauchermarkt. Zum 1. Juli 2024 zählte das Land 37,1 Millionen Einwohner, Tendenz steigend. Die junge Bevölkerung des Landes (Durchschnittsalter: 29 Jahre; 2023) sorgt für einen regen Onlinehandel.
Investitionsboom in Transportbranche steht kurz bevor
Seit 2024 nehmen die Investitionen in den Logistiksektor spürbar zu. Während für dieses Jahr mit einem Zubau von 60.000 Quadratmetern Lagerfläche gerechnet wird, dürften ab 2025/2026 mindestens 150.000 Quadratmeter pro Jahr hinzukommen. Die Kapitalrückflussdauer für neue Lager beträgt in Zentralasien im Schnitt nur 5 bis 6 Jahre, gegenüber 10 bis 13 Jahren in Europa, so die Einschätzung des Beraters für Industrie- und Lagerimmobilien IBC Global.
Vor allem das Ballungsgebiet Taschkent baut seine Position als führender Logistikstandort in Usbekistan aus. Dieser Trend liegt auf der Hand: Die Hauptstadt und Provinz Taschkent bilden mit 6,1 Millionen Einwohnern das Hauptwirtschaftszentrum des Landes. Sie standen 2023 für 27,2 Prozent des usbekischen Bruttoregionalprodukts. Etwa jedes dritte Unternehmen der Sektoren Handel (insgesamt rund 150.000), Industrie (63.000), Bau (30.000) und Transport/Lagerung (18.000) hat hier seinen Sitz (Stand: 1. August 2024).
Zu den in der Region geplanten neuen Logistikzentren zählen Projekte der PCT Holding (Kasachstan) und des Onlinehändlers Wildberries (Russland). Die PCT Holding will langfristig bis zu 300 Millionen US$ in Usbekistan investieren und damit 248.000 Quadratmeter Lagerflächen und Abstellgleise für 1.240 Waggons und 11.100 TEU-Container schaffen. Zudem investieren Unternehmen wie der Onlinehändler Uzum Market, der Paket- und Kurierdienst BTS Express Cargo Service und das Logistikunternehmen Orient Logistics in die Errichtung moderner Lager.
Projektbezeichnung | Geplante Investitionen (in Mio. US$) | Voraussichtlicher Realisierungszeitraum | Anmerkung/Ansprechpartner |
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Drei Zentren für Agrarlogistik (Verarbeitung, Lager/Kühllager) und Großhandel in den Provinzen Taschkent, Samarkand und Andischan (Gesamtfläche und jährliche Kapazität: 70 Hektar/1,7 Millionen Tonnen) *) | 187 | ab Ende 2024/Anfang 2025, Finanzierung durch die ADB, Ausschreibung der ADB für das Andischan-Projekt läuft bis 23.9.2024 | Ministerium für Landwirtschaft/Center for Agri-Food Development - ISCAD, Rungis Semmaris (Frankreich) |
Handels- und Logistikzentrum nahe des Grenzzollamts Gischt-Kuprik (G´ishtko´prik) an der usbekisch-kasachischen Grenze, Provinz Taschkent | 137 | Projekt in Vorbereitung, Baustart noch offen, Inbetriebnahme: 2026 | Onlineversandhandel Wildberries (Russland) |
Multimodales Transport- und Logistikzentrum, Landkreis Yangiyo´l, Provinz Taschkent | 70 (1. Phase) | 2024/2025 bis 2026/2027 | PCT Holding (Kasachstan) |
Park für Agrarlogistik im Landkreis Chawas, Provinz Syrdarja (jährlicher Warenumschlag: 300.000 t Ernährungsgüter) | 50 | Projekt im Frühstadium | CITIC Group/Abteilung für Landwirtschaft (China) |
Multimodales Transport- und Logistikzentrum UzContargo Andijon, Landkreis Asaka (Provinz Andischan) | 20 | Projekt in Vorbereitung, Realisierung voraussichtlich bis 2026 | Joint Venture UzContargo Andijon (Uztemiryulkonteyner, Usbekstan; Rhenus SE&Co. KG, Deutschland) |
Multimodales Transport- und Logistikzentrum (Standort noch nicht bekannt) | bis zu 15 | Projekt in Frühstadium | Shenzhen Neptune Logistics Co. Ltd. (China), Uztemiryulkonteyner AG (Usbekistan) |
Neuer Frachtterminal am Flughafen Taschkent | keine Angaben | Mitte 2024 bis Ende 2025 (zwei Phasen) | Uzbekistan Airports Cargo (Usbekistan) |
Zentrum für Industriekooperation und Logistik „Zentralasien“ nahe des usbekisch-kasachischen Grenze (Provinzen Syrdarja und Turkestan; 92 Hektar) | keine Angaben | Herbst 2024 bis Mitte 2027 | Direktion der Freizone Syrdarja (Usbekistan), TOO TCL gr. (Kasachstan) |
Multimodales Transport- und Logistikzentrum Logopark (LP), Samarkand | keine Angaben | 2024 bis 3. Quartal 2025 | Marakand Logair/SEG Enera (Usbekistan) |
Multimodale Transport- und Logistikzentren in den Provinzen Taschkent und Samarkand | keine Angaben | erste Projektabstimmungen | Rhenus SE&Co. KG (Deutschland), Uztemiryulkonteyner AG (Usbekistan) |
Errichtung eines multimodalen Logistikhubs (Provinz Andischan) | keine Angaben | erste Projektabstimmungen | Centrum Logistics Group (Usbekistan), DP World (VAE) |
Deutscher Logistiker im dicht besiedelten Ferganatal aktiv
Auch andere Landesteile, insbesondere das Ferganatal, gelangen mehr in das Blickfeld in- und ausländischer Logistikdienstleister. In keiner anderen usbekischen Region ist die Dichte an Konsumenten so hoch wie hier. Die Region war 2023 mit 17 Prozent am Bruttoregionalprodukt des Landes beteiligt und umfasst die ostusbekischen Provinzen Andischan, Fergana und Namangan mit 10,5 Millionen Einwohnern.
Der deutsche Logistikdienstleister Rhenus vereinbarte Ende 2023 mit der Usbekischen Bahn und ihrer Frachtsparte Uztemiryulkonteyner den gemeinsamen Betrieb eines Kombiterminals in der Stadt Andischan. Das Terminal für Containerzüge soll zu einem Transport- und Logistikzentrum für den jährlichen Umschlag von bis zu 300.000 Tonnen Gütern entwickelt werden. Auch die usbekische Centrum Logistics Group will in der Provinz Andischan einen multimodalen Logistikhub errichten.
Großer Bedarf an modernen Zentren für Agrarlogistik
Eine große Bedeutung kommt dem Ausbau von Agrarlogistikzentren zu. Usbekistan will vor allem die Produktion und Verarbeitung von Obst, Beeren und Gemüse vorantreiben und die Sparte zu einem Exportschlager ausbauen. Mitte 2024 befanden sich fast 400 Vorhaben für die Verarbeitung und Lagerung von Agrarprodukten in der Realisierungsphase.
Somit wächst der Bedarf an Zentren für Agrarlogistik. In den Jahren 2023 bis 2030 sollen im Land bis zu 100 solcher Objekte mit einer jährlichen Umschlagkapazität von mindestens 2,5 Millionen Tonnen Agrarprodukten errichtet werden, so die Zielmarke der Regierung. Im Jahr 2024 werden etwa zehn Zentren mit einer Kapazität von rund 250.000 Tonnen fertiggestellt. Zudem kündigten ausländische Unternehmen ambitionierte Projekte in dem Bereich an.
Riesiges Defizit an modernen Logistikzentren und Lagerflächen
Noch sind moderne Logistikzentren und Lagerflächen in Usbekistan Mangelware. Nach Angaben des Transportministeriums gab es Anfang 2024 15 multimodale Transport- und Logistikzentren im Land. Deren jährlicher Güterumschlag beträgt circa 10 Millionen Tonnen. Das Frachtunternehmen der Usbekischen Eisenbahn, Uztemiryulkonteyner, ist an fast allen Zentren beteiligt.
Bislang erfüllen nur drei Zentren alle Bedingungen für einen Trockenhafen von internationaler Bedeutung, so wie sie im UNESCAP-Abkommen vom 23. April 2016 definiert wurden. Es handelt sich um die Zentren Navoi Cargo und Tashkent Cargo (internationale Flughäfen Nawoi und Taschkent) sowie das First Dry Port Terminal (Containerterminal, Taschkent). Usbekistan ist seit 2021 Mitglied des internationalen Abkommens über Trockenhäfen.
Eine Handvoll Logistikzentren prägt das aktuelle Marktgeschehen
- Navoi International Logistics Center (Freie Wirtschaftszone Nawoi, Zentralusbekistan),
- Angren International Logistics Center/Centrum Logistics Group (besteht aus mehreren privatisierten Unternehmen, Provinz Taschkent)
- Orient Logistics Center, Taschkent (Teil des Konglomerats Orient Group)
- Universal Logistics Service (Bahn-Containerterminal)/Chukursay Logistics Center, Taschkent)
- Highway Logistics, Taschkent (Teil des Konglomerats Orient Group)
- Termez International Logistics Center (Termez Cargo Center, Grenze zu Afghanistan)
Die Gesamtfläche an geschlossenen Logistiklagerflächen im Land betrug Ende 2023 kaum mehr als 200.000 Quadratmeter. Davon entfallen ein Sechstel auf die A-Klasse-Qualität und fünf Sechstel auf modernisierungsbedürftige Lagerhäuser der Klasse B. Im benachbarten Kasachstan betrug das Angebot an geschlossenen Lagern schon weit höhere 1,3 Millionen Quadratmeter.