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Vietnam modernisiert den Logistiksektor

Die Infrastruktur wird in Vietnam kräftig ausgebaut. Es gibt aber noch viel zu tun. Ausländische Unternehmen dominieren den Sektor, besonders bei komplexen Dienstleistungen.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Transportlösungen in Vietnam steigt. Grund hierfür sind wachsende Exportindustrien sowie die Ausweitung moderner Einzelhandels- und Onlinekanäle. Logistik gilt als ein aussichtsreicher Wirtschaftszweig in den kommenden Jahren. Die Beratungsfirma Agility führt das Land in ihrer "Emerging Marktes Logistics Rangliste 2025" an 10. Stelle von 50 Schwellenländern.

Der Weltbank und ihrem "Logistics Performance Index" zufolge ist die Leistungsfähigkeit der Logistik in Vietnam seit 2018 nahezu gleich geblieben, während andere Länder wie Malaysia stark aufgeholt haben. Dadurch ist Vietnam im regionalen Vergleich in der jüngsten Rangliste, die sich auf das Jahr 2022 bezieht, leicht abgerutscht. Allerdings wird die Infrastruktur seit 2023 stark ausgebaut.

Was aber noch immer fehlt, ist die intermodale Integration verschiedener Verkehrsträger. Dies liegt auch daran, dass die Binnenschifffahrt und der Bahntransport stark unterentwickelt sind. Große Projekte könnten hier erst in einigen Jahren die Situation verbessern.

Das Autobahnnetz hat eine rasante Ausweitung erfahren. Die Durchschnittsgeschwindigkeit auf vielen Bundesstraßen liegt aber weiterhin bei 40 Kilometer pro Stunde. Die wichtigen und stark überlasteten Flughäfen in Ho-Chi-Minh-Stadt und Hanoi erhalten noch 2025 neue oder erweiterte Terminals. Ebenfalls noch im Jahr 2025 soll östlich von Ho-Chi-Minh-Stadt ein neuer Flughafen in Betrieb gehen. 

Die logistische Abwicklung über die größten Häfen wird als gut eingeschätzt. In Tiefseehäfen in Haiphong und Cai Mep-Thi Vai kommen neue Terminals hinzu. Problematischer ist die Anbindung ans Hinterland. Zubringerstraßen sind häufig überlastet. Auch hier werden Zufahrtswege ausgebaut. 

Die Transportkosten entsprechen etwa 16 bis 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und liegen damit höher als in Malaysia oder Thailand. Durch die stark fragmentierte Branche gibt es viele Leerfahrten und die in Teilen unterentwickelte Infrastruktur verlängert die Transportzeiten. Gleichzeitig spielen der Im- und der Exportsektor eine immer wichtigere Rolle in Vietnam. Das Land importiert viele Vorprodukte. Gleichzeitig produziert und exportiert es mit Textilien, Schuhen und Möbeln viele weniger hochwertige Waren. Dadurch erscheinen die Transportkosten im Verhältnis zum BIP sehr hoch. Unternehmer schätzen die Transportkosten aber als wettbewerbsfähig ein. 

"Der Logistiksektor hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt"

Jürgen Weber, Landesleiter Vietnam, Logwin Air + Ocean Vietnam Ltd. Jürgen Weber, Landesleiter Vietnam, Logwin Air + Ocean Vietnam Ltd. | © Logwin Air + Ocean Vietnam Ltd.

Jürgen Weber ist Landesleiter beim mittelständischen Logistikunternehmen Logwin Air + Ocean Vietnam. Die Firma ist seit 30 Jahren in Vietnam aktiv und bietet See- und Lufttransporte, sowie diverse nationale Logistikdienstleistungen an. Das Unternehmen hat Niederlassungen in Ho-Chi-Minh-Stadt, Hanoi und Haiphong.

Herr Weber, wie hat sich der Logistiksektor zuletzt entwickelt?

Der Logistiksektor in Vietnam hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt, insbesondere durch staatliche Investitionen in die Infrastruktur. Die Regierung hat seit einigen Jahren begonnen, massiv in den Ausbau von Autobahnen, Flughäfen und Häfen zu investieren, was die Effizienz der Logistikdienste verbessert. Allerdings fehlen oft die Anbindungen zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern, wie zum Beispiel Zufahrtswege zu neuen Häfen.

Wird der Sektor derzeit modernisiert?

Die Modernisierung ist noch ein sehr gemischtes Bild. Es wird mehr in Kühllager und Trockenhäfen investiert. Aber da ginge sicher mehr, wenn der Bahntransport und die Binnenschifffahrt stärker entwickelt wären. Ein bedeutendes Hindernis ist auch der Fachkräftemangel. Es gibt Initiativen zur gezielten Ausbildung im Logistikbereich, wie zum Beispiel das duale Ausbildungssystem nach deutschem Vorbild bei uns. Wir kooperieren seit gut sieben Jahren mit der Deutschen Außenhandelskammer und der University of Transport in Ho-Chi-Minh-Stadt. Diese Initiativen tragen dazu bei, die Standards im Bereich Logistik zu heben und Vietnams Position als Logistik-Hub in der Region zu stärken. Helfen sollen da auch neue Freihandelszonen in Städten wie Danang, Haiphong und Vung Tau. Das könnte den Standort noch attraktiver machen für die Lohnveredlung.

Wie unterscheidet sich der Sektor in Vietnam von dem in Deutschland?

In Vietnam ist die Infrastruktur zwar im Ausbau, aber weniger entwickelt als in Deutschland. Der Transport erfolgt überwiegend über Straßen mit Lkw, während Bahn- und Binnenschifffahrt kaum genutzt werden. Multimodale Transportlösungen sind aufgrund mangelnder Vernetzung zwischen Verkehrsträgern schwierig umzusetzen. Auch ist der vietnamesische Logistikmarkt stark fragmentiert mit vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen. Außerhalb der Ballungsräume Ho-Chi-Minh-Stadt und Hanoi-Haiphong müssen oft lokale Anbieter eingebunden werden, da kein Unternehmen landesweit alle Dienstleistungen aus einer Hand bietet. Was häufig unterschätzt wird, ist auch das tropische Klima mit je nach Landesteil starken Regenfällen und großer Hitze. Deutsche Firmen müssen diese Faktoren bei der Standortwahl und Planung ihrer Lieferketten berücksichtigen. Deutsche Logistikunternehmen setzen oft auf fortschrittliche Technologien, wobei die Digitalisierung in Vietnam noch in den Anfängen steckt. Das kann ein Wettbewerbsvorteil sein und bietet deutschen Firmen die Chance, ihre Expertise einzubringen.

Straßentransport dominiert klar

Der Straßenverkehr ist die vorherrschende Transportmethode, die Bahn spielt in der Logistik in Vietnam nahezu keine Rolle. Da die Nordstrecke über Russland kriegsbedingt unterbrochen ist, sind Exporte nach Europa per Bahn 2023 fast vollständig zum Erliegen gekommen. Der Lufttransport erlebte hingegen 2020 und 2021 einen Boom und liegt weiter auf einem hohen Niveau. Vor allem die Elektronikhersteller nutzen die Luftroute.

Im internationalen Transport dominiert Seefracht. Vietnam verfügt mit Cai Mep im Süden des Landes und Lach Huyen in nordvietnamesischen Haiphong über zwei Tiefseehäfen. Wichtigster Umschlagplatz ist bislang allerdings der Stadthafen Cat Lai in Ho-Chi-Minh-Stadt. Hier wird etwa 50 Prozent der Containerfracht abgewickelt. Die Transportzeiten von und nach Europa haben sich durch Konflikte im Roten Meer 2024 stark verlängert.

Transportzeiten von und nach Vietnam variieren je nach Transportmittel stark

Vietnam nach Deutschland

Deutschland nach Vietnam

Seefracht

25 bis 43 Tage

32 bis 44 Tage

Luftfracht

Ein Tag, Vorlauf zwei bis zehn Tage

Ein Tag, Vorlauf zwei bis zehn Tage

Schiene

Circa 25 Tage

Circa 25 Tage

Quelle: Logwin 2025

Wichtigste Logistikdrehscheibe ist im Süden Vietnams

Zentrales und wichtigstes Logistikzentrum des Landes ist mit Abstand Ho-Chi-Minh-Stadt. Knapp 54 Prozent aller Logistikunternehmen operieren von hier aus. Der wichtigste Hafen Cat Lai liegt in der Stadt. Zudem befinden sich 70 Prozent aller Lagerkapazitäten in der südlichen Wirtschaftsmetropole oder den stadtnahen Industriezonen. Daneben gewinnt die Achse Hanoi-Haiphong an Bedeutung, wo sich neben der Elektronikindustrie zunehmend ausländische, exportorientierte Unternehmen ansiedeln.

Branchenvertreter sehen im Ausbau von modernen Logistikzentren und Kühllagern großes Potenzial. Bei Aufbau und Betrieb hochwertiger Umschlaglager werden angesichts des noch wenig vorhandenen lokalen Know-hows ausländische Technologien und Dienstleistungen benötigt, insbesondere für die Bereitstellung von Logistikmanagement und technischen Lagerkomponenten. Derzeit gibt es nur 17 Trockenhäfen im Land. Bis 2030 sollen es 125 sein.

Ausländische Unternehmen bieten komplexes Know-how

Der Logistiksektor wird von ausländischen Anbietern dominiert. Laut Vietnam Logistics Business Association gibt es 30.000 Branchenunternehmen. Davon sind etwa 5.000 Firmen in der Kontraktlogistik (Third Party Logistics Provider; 3PL), wobei diese sich unterteilen in 89 Prozent inländische Firmen, 10 Prozent Joint Ventures und 1 Prozent rein ausländische Firmen. Allerdings kommen die inländischen Firmen nur auf rund 30 Prozent der Branchenumsätze.

Komplexe Logistikdienstleistungen wie "Just in time" oder "Supply Chain Management" werden weitgehend durch ausländische Unternehmen und einige wenige, gut entwickelte inländische Akteure erbracht. Zu den wichtigsten vietnamesischen Logistikunternehmen zählen ITL, Gemadept, Transimex sowie die Staatsunternehmen Vinatrans und VNPT.

Ausländische Firmen dominieren den TransportsektorFührende Transportunternehmen in Vietnam im Jahr 2025
Anbieter (Land)Hauptsitz und Anzahl Niederlassungen
Bee Logistics (Vietnam)Ho-Chi-Minh-Stadt, 35 Niederlassungen
DB Schenker (Deutschland)Ho-Chi-Minh-Stadt und Hanoi, 21 Niederlassungen
DHL (Deutschland)Ho-Chi-Minh-Stadt, 16 Niederlassungen
DSV (Dänemark)Ho-Chi-Minh-Stadt, 11 Niederlassungen
Gemadept (Vietnam)Ho-Chi-Minh-Stadt, 29 Niederlassungen
In Do Trans Logistics ITL (Vietnam)Ho-Chi-Minh-Stadt, 90 Niederlassungen
Kühne+Nagel (Deutschland)Ho-Chi-Minh-Stadt, 10 Niederlassungen
Sotrans (Vietnam)Ho-Chi-Minh-Stadt, 14 Niederlassungen
Transimex (Vietnam)Ho-Chi-Minh-Stadt, 4 Niederlassungen
VIMC (Vietnam)Hanoi, 8 Niederlassungen
Quelle: Recherchen von Germany Trade and Invest 2025

Kontaktadressen

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BezeichnungAnmerkung
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V.Informiert unter anderem über Transportversicherungen
Deutscher Speditions- und Logistikverband e.V.Gibt unter anderem ein kostenpflichtiges Handbuch für den internationalen Straßengüterverkehr in 64 Ländern heraus
Vietnam Logistics Business AssociationLogistikverband
Vietnam LogisticsStaatliches Informationsportal

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