Branche kompakt | Vietnam | Pharmaindustrie, Biotechnologie
Branchenstruktur
Ausländische Partner erhöhen Anteile an vietnamesischen Herstellern. Diese investieren in neue Fabriken.
04.03.2025
Von Peter Buerstedde | Hanoi
Die Inlandsproduktion durchläuft eine starke Modernisierung und Ausweitung. Derzeit besteht sie aus ausländischen Unternehmen mit eigenen Produktionsstätten im Lande wie Sanofi aus Frankreich, Abbott aus den USA, Taisho und Nipro Pharma aus Japan sowie B.Braun aus Deutschland. B.Braun füllt in Vietnam unter anderem Infusionsbeutel ab.
Andere ausländische Firmen haben Produktionsvereinbarungen mit vietnamesischen Herstellern getroffen oder Anteile an diesen erworben. Stada ist 2009 als Investor beim Hersteller Pymepharco eingestiegen und hält derzeit mehr als 99 Prozent an dem Unternehmen. Gleichzeitig hat sich das Unternehmen aus einem weiteren Joint Venture mit einem lokalen Unternehmen vollständig zurückgezogen, das heute als Stellapharm firmiert.
Unternehmen | Sparte | Umsatz |
---|---|---|
Sanofi | Originalpräparate, Generika, Impfstoffe, OTC-Produkte | 377 |
GSK | Originalpräparate, Generika, Impfstoffe, OTC-Produkte | 282 |
MSD | Originalpräparate, Generika, Impfstoffe, OTC-Produkte | 250 |
DHG Pharma | Generika für alle Bereiche | 230 |
Astra Zeneca | Originalpräparate, Generika, Impfstoffe, OTC-Produkte | 182 |
Novartis | Originalpräparate, Generika, Impfstoffe, OTC-Produkte | 155 |
Pfizer | Originalpräparate, Generika, Impfstoffe, OTC-Produkte | 133 |
Imexpharm | Generika auch für den Export | 124 |
Stellapharm | Generika auch für den Export, ehemals Joint venture mit Stada | 121 |
Merck KGaA | Originalpräparate, Generika, Impfstoffe, OTC-Produkte | 106 |
Andere große lokale Pharmaproduzenten haben ausländische Anteilseigner, die ihre Anteile zuletzt weiter ausgebaut haben, darunter Traphaco (Daewoong, Südkorea), Ha Tay Pharmaceuticals (Aska, Japan), DHG Pharma (Taisho, Japan) und Imexpharm (SK, Südkorea). Bidiphar sucht einen strategischen Partner aus dem Ausland. Daneben existieren viele kleinere Unternehmen, die kaum über Investitionsmittel verfügen und zunehmend unter Druck durch größere Hersteller stehen.
Inländische Hersteller investieren in moderne Fabriken
Die größeren lokalen Hersteller setzen derzeit zahlreiche Projekte zum Bau von Fabriken nach modernen Standards um. Der Hintergrund ist, dass bei staatlichen Beschaffungen der meisten Medikamente lokal produzierte Präparate bevorzugt werden. Allerdings müssen sie in Fabriken nach EU-GMP-Standard (oder nach einem gleichwertigen Standard) hergestellt sein. Ausländische Partner helfen vielfach mit der Finanzierung.
Akteur/Projekt | Investitionssumme *) | Projektstand | Anmerkungen |
---|---|---|---|
Nipro Pharma 2. Fabrik, Ho-Chi- Minh Stadt | 570 | Investition im November 2024 genehmigt | Mehrere Phasen bis 2032, Investor Nipro Pharma (Japan) |
SMS Pharmaceutical IP, Provinz Thanh Hoa | 200 | In Planung | Investoren: SMS Pharmaceuticals und Sri Avantika Contractors aus Indien |
Pharma-Biologische IP, Provinz Thai Binh | 151,7 | Bauplan im Dezember 2024 genehmigt | Größe 324ha, Investoren: Makara Capital Partners, Sakae Corporate Advisory (Singapur) und Newtechco Gruppe (Vietnam) |
Anlage zur Plasma-Herstellung, Ho-Chi-Minh-Stadt | 107,8 | Baustart Januar 2025, Fertigstellung bis Februar 2026 | Planung durch deutsche Firmen Glatt und Exyte, Investor Bivid Pharmaceutical (Vietnam) |
Fabrik für Impfstoffe, Provinz Long An | 79,8 | Baustart noch 2025 | Planung durch Rieckermann (Deutschland) |
Fabrik in Cat Khanh, Provinz Dong Thap | 59,7 | Baustart 3. Quartal 2025, Fertigstellung Dezember 2028 geplant | Größe 25ha, Kapazität 1.4 Mrd. Produkte pro Jahr, Investor Imexpharm (Vietnam) |
Arzneimittelfabrik, Provinz Binh Dinh | 33,5 | Baustart 1. Quartal 2025, Fertigstellung im 1. Quartal 2028 geplant | Größe 2.4ha, Kapazität 120 Mio. Produkte pro Jahr, Investor Bidiphar (Vietnam) |
Ende 2024 gab es in Vietnam 25 Fabriken mit Zertifizierung nach EU-GMP, 2020 waren es erst 13. GMP-Regeln nach WHO-Standard erfüllten Ende 2024 immerhin 263 Arzneimittelfabriken im Land. Lokal produzierte Medikamente dürften in den kommenden Jahren immer mehr Importprodukte ersetzen. Bidiphar etwa versucht derzeit für eine 2023 gebaute Produktionsstätte für Krebsmedikamente ein EU-GMP-Zertifikat zu erlangen.
Staat will mehr Inlandsproduktion
Derzeit werden in Vietnam vornehmlich Generika hergestellt und die Produktionstiefe gilt als gering. So kommen die Vorstoffe zu 90 Prozent aus dem Ausland und das zu 70 Prozent aus China und 20 Prozent aus Indien. Nach der staatlichen Entwicklungsstrategie für die Pharmaindustrie vom Oktober 2023 soll der Arzneimittelbedarf immer stärker durch lokale Produkte abgedeckt werden. Derzeit versorgen diese wertmäßig etwa 45 Prozent des Marktes (70 Prozent nach Volumen).
Bis 2030 sollen es wertmäßig 70 Prozent und volumenmäßig 80 Prozent sein. Für die Produktion im Inland sollen 20 Prozent der Vorprodukte lokal hergestellt werden. Aber auch die Produktion patentierter Medikamente soll steigen. Über Technologietransfers sollen bis 2030 mindestens 100 derartige Präparate in Vietnam produziert werden. Wie viele es derzeit sind, ist unklar. Patentierte Medikamente haben es nicht leicht im Markt. Es gibt viele Produktfälschungen, aber auch minderwertige Generika im Markt.
Neues Gesetz könnte Geschäftsumfeld verbessern
Ausländische Firmen fordern eine schnellere und verlässlichere Produktregistrierung sowie Anreize für den Technologietransfer nach Vietnam. Ein neues Arzneimittelgesetz vom November 2024, das am 1. Juli 2025 in Kraft tritt, schafft dafür die Basis. Es sieht auch Förderung für die Arzneimittelforschung vor. Allerdings fehlen noch die Umsetzungsvorschriften. Investoren wünschen sich außerdem ein konsequenteres Vorgehen gegen Produktfälschungen.
Die Ausdehnung der staatlichen Basiskrankenversicherung und Investitionen in die Gesundheitsinfrastruktur treiben den Absatz von verschreibungspflichtigen Medikamenten an, die wertmäßig bereits etwa 65 Prozent des Marktes ausmachen. Allerdings ist die Abgrenzung nicht sehr scharf. Verschreibungspflichtige Medikamente sind auch ohne Rezept in vielen Apotheken erhältlich.
Ausdehnung moderner Apothekenketten mit Rückfällen
Neben der Industrie durchläuft auch der Apothekenhandel eine Modernisierung durch die starke Ausweitung von Apothekenketten. Nach Informationen des Handelshauses FPTS entfielen 2024 rund 60 Prozent des Umsatzes mit Arzneimitteln auf Krankenhäuser und 40 Prozent auf Apotheken. Etwa 45.000 unabhängige Apotheken erwirtschafteten 25 Prozent der Umsätze und moderne Apothekenketten mit etwa 12.000 Verkaufsstellen die restlichen 15 Prozent.
Drei Ketten stechen hervor. Der Branchenprimus Long Chau gehört zum Konglomerat FPT, das vor allem in der Softwareentwicklung und im Einzelhandel aktiv ist. 2024 hat die Kette 446 neue Apotheken eröffnet und kam damit Ende 2024 auf 1.943 Verkaufsstellen. Als einzige unter den drei großen Ketten macht Long Chau offiziell Gewinne. Die Apothekenketten Pharmacity und Anh Khang waren zunächst zu schnell gewachsen und hatten in den letzten zwei Jahren nach großen Verlusten viele Läden wieder geschlossen. Trotz dieses Rückschlags dürften sich moderne Ketten immer stärker durchsetzen. Pharmacity zählte Ende 2024 etwa 900 Lokale und Anh Khang 326. Der Druck auf unabhängige Apotheker durch die besser ausgestatteten Ketten steigt.
Der Apothekenhandel wird durch das Arzneimittelgesetz zum Teil erleichtert, aber auch stärker reguliert. So erfolgt der Onlinehandel derzeit weitgehend unreguliert über Ecommerce-Plattformen oder Facebook. Er soll künftig nur dafür registrierten Unternehmen offenstehen. Dies könnte den Markt für gefälschte Präparate einschränken. Noch fehlen aber die Umsetzungsvorschriften.