Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branche kompakt | Vietnam | Pharmaindustrie, Biotechnologie

Markttrends

Der Pharmamarkt wächst weiter stark. Allerdings steigt auch der Kostendruck und der Wettbewerb für ausländische Anbieter wird härter.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Der vietnamesische Arzneimittelmarkt legt kräftig zu. Die Marktforschungsunternehmen Fitch Solutions und IQIVA erwarten für den Zeitraum 2023 bis 2027 ein durchschnittliches Wachstum von etwa 8 Prozent. Nach Daten der Marktforscher dürfte der vietnamesische Markt schneller wachsen als andere große Märkte in Südostasien wie Indonesien, Malaysia, Thailand und Philippinen, die zwischen 6 und 7 Prozent pro Jahr zulegen sollen. Vietnam war 2023 mit etwa 7 Milliarden US-Dollar (US$) nach Indonesien der zweitgrößte Markt in der Region.

Starkes Wachstum dürfte sich 2025 etwas abmildern

Der Absatz dürfte sich 2024 mit 9 bis 10 Prozent noch etwas kräftiger entwickelt haben als die durchschnittlichen Jahresprognosen der Marktforschungsunternehmen für die kommenden Jahre. Verzögerungen bei Produktregistrierungen hatten seit 2022 zu Engpässen geführt. Die Situation hatte sich aber ab 2023 verbessert, wodurch vor allem Beschaffungen öffentlicher Krankenhäuser 2024 wieder anzogen. Dieser Nachholeffekt wird sich 2025 abschwächen. Mit der konjunkturellen Erholung steigt die Nachfrage nach rezeptfreien Medikamenten 2025 wieder schneller. Trotzdem wird das Marktwachstum insgesamt 2025 gegenüber 2024 etwas nachlassen, weil verschreibungspflichtige Produkte etwa zwei Drittel des Marktes ausmachen.

Mittelfristig stehen die Zeichen weiter auf Wachstum. Der Ausbau des Gesundheitssektors, die Ausweitung der staatlichen Basiskrankenversicherung sowie die steigende Kaufkraft einer alternden Bevölkerung treiben das Wachstum an. Die Bevölkerung von knapp 100 Millionen Menschen wächst stetig. Und sie wird immer älter. Chronische Krankheiten spielen eine immer wichtigere Rolle. Das konstant starke Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre hat die Kaufkraft angehoben und die Erwartungen an die Gesundheitsfürsorge steigen lassen. 

Sozialversicherung erfasst beinahe die gesamte Bevölkerung

Gleichzeitig hat der Staat in den letzten Jahren eine staatliche Basiskrankenversicherung auf beinahe die gesamte Bevölkerung (Ende 2023: 93 Prozent) ausgeweitet und versucht auch die letzten Prozente noch einzubinden. Sie ermöglicht den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen in staatlichen Einrichtungen ohne oder mit geringen Zuzahlungen. 

Allerdings hat die staatliche Infrastruktur trotz starker Investitionen nicht mit dem erweiterten Zugang und dem steigenden Bedarf Schritt gehalten. In staatlichen Krankenhäusern müssen Patienten meist lange Wartezeiten in Kauf nehmen und Medikamente doch oft selbst bezahlen. Die Regierung investiert stark in den Ausbau der staatlichen Krankenhäuser und Kliniken. Lange verzögerte Krankenhausvorhaben sind 2024 wieder aufgenommen worden. Der Ausbau geht weiter und damit wird auch die Nachfrage nach Medikamenten steigen, vor allem von verschreibungspflichtigen Präparaten. Ihr Verkauf dürfte in den kommenden Jahren stärker zulegen als der Verkauf frei verkäuflicher Medikamente. 

Verschreibungspflichtige Arzneimittel sind in Apotheken vielfach auch ohne Rezept erhältlich. Die leichte Verfügbarkeit und eine zu häufige Verschreibung führen dazu, dass Patienten zu leichtfertig auf Antibiotika zurückgreifen. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass Antibiotikaresistenzen zwischen 2020 und 2023 in Vietnam zu rund 270.000 Todesfällen geführt haben.

Der Masterplan für die Gesundheitsinfrastruktur für 2021 bis 2030 wurde pandemiebedingt erst im Februar 2024 verabschiedet. Die Bettenzahl soll von 32 auf 42 pro 10.000 Einwohner angehoben werden. Der Staat will 21 Allgemeinkrankenhäuser auf Provinzniveau aufrüsten, damit sich Patienten in ihrer Region behandeln lassen und nicht in die besser ausgestatteten zentralen Großkrankenhäuser in den Großstädten drängen. Daneben sind Spezialkliniken für Onkologie, Kardiologie, Alters-, Kinder- und Geburtsmedizin geplant. Die Vorhaben sollen 2025 beginnen. 

Regierung will Kosten senken und lokale Produkte fördern

Die Regierung versucht bei gleichzeitiger Ausweitung und Verbesserung der öffentlichen Gesundheitsversorgung die Kosten zu drücken und die lokale Pharmaproduktion zu fördern. Dies geschieht vor allem durch zentralisierte Beschaffungen und die Bevorzugung im staatlichen Einkauf von Generika und inländischen Produkten. 

Dadurch dürfte der Absatz von Generika weiter stärker wachsen als der Gesamtmarkt. Für Patentpräparate bleibt der Markt schwierig. Ausländische Firmenvertreter verweisen darauf, dass innovative Medikamente globaler Hersteller in Vietnam im Vergleich zu Nachbarländern der Region besonders spät zugelassen und in öffentlichen Krankenhäusern verschreibungsfähig werden.

Innovative Medikamente haben es noch schwer

Das Gesundheitsministerium dürfte bei der Aufnahme neuer Präparate in staatliche Verschreibungslisten weiter zurückhaltend agieren, da es die Kosten gering halten will. Wer es sich aus eigener Tasche leisten kann, greift in Vietnam auf ausländische Präparate zurück, da das Vertrauen in inländische oder auch chinesische Produkte gering ist. Aber die Kaufkraft ist noch begrenzt, daher wächst der Markt für innovative Arzneimittel weiter schwächer als der Gesamtmarkt. 

Die häufigsten Todesursachen sind zu 80 Prozent chronische Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Atemwegserkrankungen und Diabetes. Laut Experten gibt es eine Unterdiagnose und Unterversorgung bei Krebs- und Diabeteserkrankungen. Ohne verbreitete Tests wird Krebs sehr spät erkannt und damit sinken die Überlebenschancen. Leber-, Lungen- und Magenkrebs sind die vorherrschenden Krebsarten. 

Die Krebsinzidenz gilt im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen als vergleichsweise hoch und sie steigt weiter. Nach Prognosen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollen die Krebsfälle in Vietnam bis 2040 gegenüber 2022 um etwa 60 Prozent zunehmen und die Todesfälle um 70 Prozent. Bei Infektionserkrankungen spielen Dengue-Fieber, Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Influenza und Masern eine wichtige Rolle.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.