Branchen | Vietnam | Energiespeicherung
Vietnam plant Pilotprojekte für Batteriespeichersysteme
Um das Stromsystem zu stabilisieren, will Vietnam Projekte mit Batteriespeichersystemen umsetzen. Bisher werden Batteriespeicher nur bei Nischenanwendungen eingesetzt.
19.07.2024
Von Peter Buerstedde | Hanoi
Die natürlichen Gegebenheiten für Wind- und Solarkraft sind in Vietnam vielerorts exzellent. Allerdings erschwert die Geografie des Landes eine sichere Stromversorgung in allen Landesteilen und die Erzeugung schwankt stark. Daher bietet das Land theoretisch gute Voraussetzungen für den Einsatz größerer Batteriespeichersysteme. Derzeit führen sie aber noch ein Nischendasein.
Die Kosten für Solar- und Windenergie mit Batteriespeicher sind in Vietnam momentan recht hoch. Nach Erhebungen der Beratungsfirma BloombergNEF kostete Solarkraft und Windkraft, gekoppelt mit Batterien, im Jahr 2023 etwa 144 beziehungsweise 146 US-Dollar (US$) je Megawattstunde gegenüber 80 US$ für Kohlekraft. BloombergNEF schätzt aber, dass Solarkraft gekoppelt mit Batteriespeichern in Vietnam bis 2030 günstiger sein wird als fossile Kraftwerke.
Instabile Stromversorgung macht Speichersysteme notwendig
Wenn der Anteil der Wind- und Solarkraft an den Erzeugungskapazitäten zwischen 30 und 40 Prozent beträgt, wird die Stromversorgung ohne Speichertechnologien wie Batterien oder Pumpspeicherkraftwerke als Ausgleich laut Experten instabil. Der Anteil von erneuerbaren Energie aus Wind und Sonne in Vietnam lag 2023 bereits bei 30,5 Prozent.
Die Spitzenlast ist in den vergangenen Jahren durch stärkeren Gebrauch von immer mehr Klimaanlagen und dem steten Zuzug zahlreicher ausländischer Investoren stark angestiegen. Das Lastprofil (die Kurve der benötigten Stromleistung) im Tagesverlauf verzeichnet Spitzenlasten zwischen 10 und 12 Uhr mittags und kurz nach Sonnenuntergang. Batterien könnten laut Experten helfen, die Höchstlasten zu reduzieren und Ausfälle zu vermeiden.
Regierung plant Pilotprojekte für Batteriespeicher
Batteriespeichersysteme sind neben dem Netzausbau und Offshore-Windkraft einer der Bereiche, der im Rahmen der Just Energy Transition Partnership (JETP) gefördert werden soll. Vietnam, einige Industrieländer und die EU hatten 2022 die JETP-Vereinbarung geschlossen. Im Gegenzug für rund 15,5 Milliarden US-Dollar (US$) an Entwicklungskrediten und -hilfen sowie an privaten Krediten erklärte sich Vietnam bereit, schon 2030 den Höchststand bei der Kohleverstromung zu erreichen und den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen.
Um die Attraktivität des Investitionsstandort durch Stromausfälle nicht zu gefährden, sieht die staatliche Planung den Ausbau mit Batteriespeichern vor. Der im März 2023 verabschiedete Energieplan PDP (Power Development Plan) 8 hat für 2030 ein Ziel von 300 Megawatt an Batterieleistung festgeschrieben. Dieses Bestreben will die Regierung mit Pilotprojekten umsetzen.
Geplant sind zunächst drei Batteriespeichervorhaben mit einer Gesamtleistung von 162 Megawatt. Die Partnerländer Vietnams im JETP sollen diese finanzieren. Nach dem Implementierungsplan des PDP 8 vom Mai 2024 sollen für 138 Megawatt weitere Batteriespeicherprojekte entwickelt werden, um insgesamt 300 Megawatt zu erreichen.
Vorhaben | Leistung |
---|---|
Alleinstehender Batteriespeicher zur Netzintegration | 50 |
Vorhaben gekoppelt mit Solarpark von 50 Megawatt | 7 |
Vorhaben gekoppelt mit Solarpark von 400 Megawatt | 105 |
Gesamt | 162 |
Finanzielle Anreize für Erzeuger und Verbraucher
Darüber hinaus werden marktwirtschaftliche Instrumente den Einsatz von Batteriespeichersystemen in den kommenden Jahren antreiben. Diskutiert werden in Vietnam höhere Vergütungen des staatlichen Stromkonzerns EVN (Electricity Vietnam) an Erzeuger für erneuerbaren Strom, wenn dieser gekoppelt mit Batterien erzeugt wird. Noch fehlen hier aber die Regularien. Diese werden relevant, wenn EVN künftig wieder Projekte für Solar- und Windkraft ausschreibt. Zwar sind bis 2030 keine neuen Solarparks geplant, wohl aber Windparks mit 16 Gigawatt Leistung an Land und 6 Gigawatt mit Offshore-Parks.
Branchenvertreter erwarten keine Einspeisevergütung, sondern einen Auktionsmechanismus. Hier könnte beim Einsatz von Batteriespeichern eine Prämie gewährt werden. Ebenso können Verbraucher künftig Überschüsse von Aufdachanlagen, die unter Einsatz von Batterien mehr überschüssigen Solarstrom hätten, an die EVN verkaufen. Auch hier fehlen aber noch die rechtlichen Vorschriften.
Größere Batteriespeicher bisher nur für Nischenanwendungen
Bei einer Konferenz der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit im Juli 2024 berichteten Unternehmen von ersten kommerziellen Einsatzmöglichkeiten von Batteriespeichern in Vietnam. Einige Industrieparks haben Aufdachanlagen mit Batteriespeichern gekoppelt, darunter Parks der Betreiber Nomura (Japan) oder VSIP, einem Joint Venture von Becamex aus Vietnam und Temasek aus Singapur. Batterien dienen hier dazu, Stromausfälle zu verhindern.
Ein wachsendes Einsatzgebiet sind Datenzentren, so der Vertreter eines Batterieanbieters. In Vietnam gibt es derzeit einen Ausbauboom. Höherwertige Datenzentren (Tier 3 und Tier 4) müssen über eine mehrfach gesicherte Stromversorgung verfügen. Auch Kühllager sind ein wachsender Markt in Vietnam. Hier kommen Batteriespeicher als Back-up-Systeme zum Einsatz.
Kaum lokale Batterieproduktion vorhanden
Batterien werden weitgehend importiert, so etwa vermehrt für Gabelstapler. Für Elektroautos gibt es eine Batteriefertigung für den heimischen Hersteller Vinfast. Die Fabrik mit einer Kapazität von 5 Gigawatt im Jahr in der Provinz Ha Tinh in Nordvietnam ist ein Joint Venture mit dem chinesischen Batterieproduzenten Gotion. Sie hat im September 2023 den Betrieb aufgenommen, ist aber nur zu 30 Prozent ausgelastet, da die Verkäufe des Mutterhauses noch gering sind.
Ein großer chinesischer Batteriehersteller, Sunwoda, hat im Juli 2024 eine neue Fabrik für 300 Millionen US$ in der nordvietnamesischen Provinz Bac Giang angekündigt. Noch ist unklar, was für Batterietypen die Firma dort herstellen wird.
Vietnam verfügt über Vorkommen an Mineralien für die Batteriefertigung. Diese werden bisher kaum gefördert. Der Bergbaukonzern Blackstone plant ein Vorhaben zur Förderung und Aufbereitung von Nickel und Kobalt – beides Vorprodukte von Batterien.