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Infrastrukturausbau in den USA kommt zügig voran

Halbzeit für den Infrastructure Investment and Jobs Act (IIJA): Zehntausende Projekte wurden bereits angeschoben. Davon profitieren auch deutsche Unternehmen.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Mit Hilfe des Ende 2021 verabschiedeten Infrastructure Investment and Jobs Act (IIJA) wird die Infrastruktur in den USA massiv ausgebaut und modernisiert. Das Volumen des IIJA beläuft sich nach Angaben des US-Verkehrsministeriums auf 1.200 Milliarden US-Dollar (US$). Davon sind 550 Milliarden US$ für neue Projekte und Programme vorgesehen.

Das Paket ist ausgerichtet auf die "klassische" Infrastruktur. Seine Schwerpunkte liegen auf dem Ausbau und der Erneuerung des Straßen- und Schienennetzes (einschließlich Brücken und Tunneln), der IKT-Infrastruktur im ländlichen Raum sowie des Wassersektors. Umwelt- und Klimaschutz spielen eine untergeordnete Rolle. Sie werden vom 2022 verabschiedeten Inflation Reduction Act (IRA) großzügig abgedeckt.

Tiefbauprojekte aus dem Infrastrukturpaket IIJAIn Milliarden US-Dollar
Bereiche (Auswahl)

Mittelausstattung 

Straßen und Autobrücken

110

Schiene

66

Energie und Stromnetze

65

IKT-Infrastruktur

65

Trinkwasser

55

Dürre-, Hochwasser- und Feuerschutz

50

Flughäfen

25

Seehäfen

16

Ladeinfrastruktur E-Autos

15

Quelle: The White House, Juli 2021

Das Ausgabenprogramm läuft bis Ende 2026. Zur "Halbzeit" im Mai 2024 zogen Vertreter aus Wirtschaft und Politik bei einer Veranstaltung in der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Washington, D.C. eine erste Bilanz. Laut Samantha Silverberg, Deputy Assistant to the President for Infrastructure, wurden über den IIJA bereits 56.000 Projekte mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 450 Milliarden US$ angeschoben. 

Förderprogramm strahlt bis in die 2030er-Jahre aus

Silverberg unterstrich, dass das Ausgabenprogramm lange über sein offizielles Ende hinaus wirken werde. Von der staatlichen Zuwendung bis zur Fertigstellung eines Projektes vergehen zumeist viele Jahre. Daher werden zahlreiche Vorhaben, die etwa 2025 oder 2026 über IIJA Fördermittel erhalten werden, erst in den 2030er-Jahren fertiggestellt sein.

Doch es gab auch verhaltene Töne: Gemäß Jeff Davis vom Eno Center for Transportation hat das Infrastrukturprogramm nur wenige brandneue Projekte angeschoben. In den meisten Fällen seien Pläne umgesetzt worden, die bereits fertig in der Schublade gelegen und auf Finanzierung gewartet hätten. Zudem fließe viel Geld in den Erhalt und die Reparatur der bestehenden Infrastruktur.

Gänzlich neu sei hingegen die Finanzierungspraxis: Waren die Städte und Kreise bislang auf die Zuteilung der Mittel durch die Bundesstaaten angewiesen, erhalten sie nun Geld direkt aus dem IIJA zugeteilt. Das beschleunige die Verfahren. Zudem könnten die lokalen Behörden am besten beurteilen, welches Projekt am wichtigsten sei.

Protektionistische Schranken wirken nicht immer

Der IIJA soll vor allem die lokale Wirtschaft stärken. Daher wurde zeitgleich der "Build America, Buy America"-Act erlassen. Er gilt für sämtliche Infrastrukturprojekte und sieht Mindestquoten für lokale Wertschöpfung ("domestic content") vor. Diese liegen in der Regel bei 30 bis 40 Prozent, können aber – etwa bei Baustoffen – bis zu 100 Prozent erreichen. 

Allerdings erweist sich dieser Mechanismus nicht selten als stumpfe Waffe. Bei zahlreichen Investitionsgütern gibt es nicht genügend oder nicht ausreichend qualifizierte inländische Anbieter. Das verarbeitende Gewerbe der USA ist vergleichsweise klein. Das weiß auch die US-Regierung – und deshalb sieht der IIJA Ausnahmegenehmigungen vor. 

Diese greifen insbesondere bei Maschinen und Anlagen. Dort klaffen regelrechte Lücken. Wie Andrew Adair vom Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) im Gespräch mit Germany Trade & Invest berichtet, konnten die Mitgliedsunternehmen trotz der protektionistischen Schranken von dem US-Konjunkturprogramm profitieren.

Anträge an das "Made in America Office"

Das "Made in America Office" (MIAO) erteilt die entsprechenden Ausnahmegenehmigungen. Die Beamten dort verfolgen laut Jeff Davis die Strategie, Investitionen vonseiten einheimischer Unternehmen in Mangelbereiche anzuregen. Teilweise mit Erfolg: So haben sich in den letzten Jahren insgesamt 40 Hersteller von Ladestationen für Elektroautos angesiedelt.

Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass "Made in America"-Produkte zumeist deutlich teurer sind als Importwaren. Hinzu kommt die Inflation: Die Kosten für Autobahnprojekte hätten sich zwischen 2018 und 2024 um fast 70 Prozent erhöht, so Joung Lee, Deputy Director bei der American Association of State Highway and Transportation Officials (AASHTO).

In vielen anderen Bereichen bleibt die Importabhängigkeit jedoch hoch, etwa bei Bahntechnologie. In den USA gibt es bislang keine einzige Hochgeschwindigkeitstrecke. Lediglich ein halbes Dutzend Projekte sind in Planung, von denen nicht nicht alle realisiert werden dürften. Es gibt somit kaum lokale Expertiseund deren Aufbau lohnt sich wegen der wenigen Vorhaben nur bedingt. 

"Domestic content" bedeutet oft nur "Montage vor Ort"

Hinzu kommt ein Fachkräftemangel, insbesondere im technischen Bereich, der stärker ausgeprägt ist als in Deutschland. Laut einer Umfrage der AHK USA sehen Mitgliedsunternehmen darin seit vielen Jahren das Hauptproblem für ihr US-Geschäft. Oftmals siedeln sie in den Vereinigten Staaten lediglich Montageschritte an, um das "made in America"-Siegel zu erhalten. Die Produktion der Kernkomponenten sowie Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten verbleiben hingegen in Deutschland.

Auch nach einem Wechsel im Weißen Haus würde der IIJA weitgehend unverändert weiterlaufen. Allerdings dürfte unter einem Präsidenten Trump das Straßennetz stärker ausgebaut werden, etwa indem der Fiskus auf den "Highway Investment Fund" zurückgreift. Dieser ist bis 2028 mit ausreichend Geld ausgestattet.

Doch eines machte Jeff Davis bei der AHK-Veranstaltung in Washington, D.C. klar: "Nach dem Auslaufen des IIJA wird es unabhängig vom Ausgang der Präsidentschaftswahl kein Nachfolgeprogramm geben. Das lässt die Haushaltslage nicht zu." Schon jetzt reißt der IIJA zusammen mit dem IRA und dem Chips and Science Act riesige Löcher in die öffentlichen Kassen.

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