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Zollbericht, Rechtsbericht Welt WTO

Die 12. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation

Trotz globaler Spannungen erzielen die Minister auf der MC12 entscheidende Ergebnisse bei der WTO-Reform, dem TRIPS-Waiver, Dienstleistungshandel und einigen weiteren Themen. 

Von Dr. Melanie Hoffmann, Karl Martin Fischer, Julia Merle

Trotz globaler Herausforderungen auf zahlreichen Ebenen fand die für bereits ursprünglich 2020 angesetzte 12. Ministerkonferenz (MC12) vom 12. bis 17. Juni 2022 in Genf statt. Die Vertreter der 164 WTO-Mitglieder fanden zusammen, um über wichtige und aktuelle Themen zu diskutieren sowie konkrete Beschlüsse zu verfassen. 

Die intensiven Verhandlungen führten zu folgenden Ergebnissen:



  • Minister verpflichten sich zu einer umfassenden WTO-Reform

    Mit einem Arbeitsprogramm soll die WTO-Reform in Gang gesetzt werden.

    Die Welthandelsorganisation (WTO) steht seit einiger Zeit vor großen Herausforderungen. Dabei lassen vor allem die veralteten Strukturen und Regelungen das multilaterale System träge erscheinen. Das Übereinkommen der WTO wurde seit 1995 nicht überarbeitet, sodass zahlreiche Regeln nicht mehr zeitgemäß sind und gesellschaftliche sowie globale Entwicklungen nicht berücksichtigen. Neben dessen fordern auch die Blockade des Streitbeilegungsmechanismus, die steigende Anzahl bilateraler Abkommen, Krisen und Katastrophen auf globaler Ebene sowie das Verhalten einiger Mitglieder die WTO heraus.

    Eine WTO-Reform soll die strukturellen und institutionellen Probleme lösen. Den Prozess einer WTO-Reform haben die Minister im Rahmen der 12. Ministerkonferenz (MC12) angestoßen. Sie verständigten sich auf ein Arbeitsprogramm, welches dazu beitragen soll, die Regeln des Welthandelsrechts an die Veränderungen der Gesellschaft und des Handelssystems anzupassen, die WTO-Grundprinzipien zu stärken und eine Verbesserung aller Funktionen zu bewirken. Daran anknüpfend vereinbaren die Minister die Wiederherstellung eines funktionsfähigen Streitbelegungssystems bis spätestens 2024.

    Alle Mitglieder sind aufgefordert, sich transparent, offen und aktiv an der Reform zu beteiligen, um am Ende die Interessen aller Mitglieder zu berücksichtigen. Der Allgemeine Rat und dazugehörige Organe werden die Fortschritte überprüfen.

    Weitere Informationen:

    Von Dr. Melanie Hoffmann | Bonn

  • Umwelt und Klima schützen - Hunger beseitigen

    Die Minister einigten sich auf ein Übereinkommen über schädliche Fischereisubventionen und eine Erklärung zur Ernährungssicherheit.

    Themen wie zum Beispiel Umwelt, Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Ernährungssicherheit finden vermehrt Berücksichtigung in den Gesprächen und Übereinkommen der WTO. Im Rahmen der 12. Ministerkonferenz (MC12) konnten die WTO-Mitglieder folgende Ergebnisse erzielen: 

    Übereinkommen über schädliche Fischereisubventionen

    Nach 21 Jahren Verhandlung einigten sich die 164 Mitgliedstaaten der WTO auf ein gemeinsames, multilaterales Abkommen zu Fischereisubventionen, welches dem UN-Nachhaltigkeitsziel Nr. 14.6 entspricht.

    Das Abkommen enthält folgende Bestimmungen und Verbote:

    • Verbot von Subventionen, die zur illegalen, unregulierten und nicht gemeldeten Fischerei beitragen;
    • Verbot von Subventionen für die unregulierte Hochseefischerei;
    • Einführung von Nachhaltigkeitsvorschriften für Subventionen im Hinblick auf die am stärksten gefährdeten Bestände.

    Gemeinsame Regelungen zu Subventionen bei Überkapazitäten und Überfischung konnten nicht festgehalten werden, sodass das Abkommen dieses Thema derzeit nicht regelt. Die Verhandlungsgruppe wird die Verhandlungen auf Grundlage der noch offenen Fragen fortsetzen, um auf der MC13 Fortschritte und weitere Empfehlungen für Bestimmungen vorstellen zu können, mit denen ein umfassendes Übereinkommen erreicht werden könnte.

    Dennoch schafft das Abkommen einen ersten Rahmen für das Verbot schädlicher Fischereisubventionen und stellt einen wichtigen Schritt dar, um die weltweite Fischerei nachhaltig auszugestalten. 

    Weitere Informationen:

    Erklärung zur Ernährungssicherheit 

    In einer Erklärung zur Ernährungssicherheit halten die Minister fest, sich für eine gute weltweite Versorgung einsetzen zu wollen. Die Mitglieder verpflichten sich, ungerechtfertigte Exportbeschränkungen für Lebensmittel zu vermeiden und die Transparenz bei dennoch verhängten Exportbeschränkungen zu steigern. 

    Zudem sollen Lebensmittel von Ausfuhrverboten und -beschränkungen befreit werden, sofern diese vom UN's World Food Programme für humanitäre Zwecke gekauft werden. Eine Ausnahme und somit die Möglichkeit, Lebensmittel mit Ausfuhrverboten und -beschränkungen zu verhängen, gilt jedoch, wenn diese dazu dienen, die eigene Bevölkerung entsprechend zu versorgen. 

    Weitere Informationen:

    Erklärung zu gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen (SPS-Maßnahmen)

    25 Jahre nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens (Agreement on the Application of Sanitary and Phytosanitary Measures/SPS Agreement) nehmen die Minister auf der MC12 die Ministererklärung an. Durch die Erzielung eines Konsenses über die Erklärung können nun Themen bearbeitet und überarbeitet und Herausforderungen angegangen werden, die für die WTO-Mitglieder von großer Bedeutung sind. Denn der Schutz der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen ist heute genauso wichtig, relevant und anwendbar wie bereits in den 1990er Jahren. 

    Die Ministerkonferenz hat den Ausschuss beauftragt, die Anwendung des SPS-Übereinkommens durch ein Arbeitsprogramm weiterhin zu fördern und zu verbessern. Dabei soll der Ausschuss die aktuellen Herausforderungen bei der Umsetzung des Abkommens und die verfügbaren Mechanismen zu ihrer Bewältigung sowie die Auswirkungen der sich abzeichnenden Herausforderungen auf die Anwendung des Abkommens untersuchen. Die Erklärung formuliert konkrete Fragestellungen, auf die der Ausschuss konkrete Antworten finden soll. 

    Weitere Informationen:

    Klimaschutz

    Der aktuelle Stand des plurilateralen Abkommens über Klimawandel, Handel und Nachhaltigkeit wurde vorgestellt. Die Mitglieder dieser plurilateralen Verhandlungsrunde einigten sich darauf, die Gespräche mit den entsprechenden Ministern und Ländergruppen zu intensivieren, um einen baldigen Abschluss zu erzielen. 

    Erste Fortschritte erzielte auch die Umweltinitiative über die Eindämmung von Plastikverschmutzung. Konkrete Ergebnisse sollen bis zur MC13 erarbeitet und dort vorgestellt werden. 

    Weitere Informationen:

    Von Dr. Melanie Hoffmann | Bonn

  • Weiterhin keine Zölle auf elektronische Übertragungen

    Das Moratorium über Zölle auf elektronische Übertragungen konnte erneut verlängert werden. Zudem sollen die Gespräche im Rahmen des Arbeitsprogramms vertieft werden. 

    Auf der 12. Ministerkonferenz (MC12) beschlossen die Mitglieder erneut, das Arbeitsprogramm über den elektronischen Geschäftsverkehr auf der Grundlage des in WT/L/274 dargelegten Mandats und das Moratorium (on Customs Duties on Electronic Transmissions) bis zur nächsten Ministerkonferenz (MC) fortzusetzen. 

    Demnach dürfen bis zur MC13 (in der Regel bis zum 31. Dezember 2023, bei Verschiebung der MC bis zum 31. März 2024) keinerlei Zölle auf elektronische Übertragungen, wie zum Beispiel Softwares, E-Mails, digitale Musik, Filme und Videospiele, erhoben werden.

    Die Minister wollen zudem ihre Gespräche im Rahmen des Arbeitsprogramms unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen intensivieren sowie regelmäßige Überprüfungen durchführen. Im Rahmen dieser Gespräche sollen die Entwicklungsländer und die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) vermehrt Berücksichtigung finden, da diese beispielsweise bei der Schaffug einer öffentlichen digitalen Infrastruktur vor großen Herausforderungen stehen.

    Weitere Informationen:

    Von Dr. Melanie Hoffmann | Bonn

  • Dienstleistungen in der MC12

    Der internationale Dienstleistungshandel wurde von der Pandemie hart getroffen, belebt sich aber wieder. Indes findet die Initiative zur Vereinfachung der nationalen Regulierung neue Mitstreitende.

    Das Abschlussdokument der 12. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation betont die Bedeutung des Dienstleistungshandels für die Weltwirtschaft. Besonders für Entwicklungsländer seien weitere Erleichterungen von besonderer Bedeutung. 

    Das Abschlussdokument schließt mit den Worten: "Die Ministerkonferenz nimmt die Arbeit in Sachen Dienstleistungshandel zur Kenntnis." (Übersetzung durch den Verfasser). Damit dürfte insbesondere die plurilaterale Initiative zur Vereinfachung der nationalen Regulierung gemeint sein. Diese Initiative nimmt diejenigen Hürden ins Visier, die aus komplizierten Regeln des nationalen Rechts erwachsen. Ebenso problematisch kann die Implementierung dieses Rechts sein, insbesondere wenn zum Beispiel keine elektronische Abwicklung von Verfahren möglich ist.

    Besonderes Augenmerk wird auf die Themen "Erlaubnisse / Lizenzen", "Berufsqualifikationen" und "technische Standards" gelegt, jeweils unter den Aspekten der materiellen Anforderung auf der einen Seite, sowie der verfahrensmäßigen Implementierung auf der anderen Seite.

    Im Rahmen der 12. Ministerkonferenz sind der Initiative drei weitere Staaten beigetreten, so dass nunmehr insgesamt 70 Staaten (inklusive aller 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union) dem Ziel verpflichtet sind. Zusammen machen sie 92,5% des weltweiten Dienstleistungshandels aus.

       

    Von Karl Martin Fischer | Bonn

  • Beschluss der WTO-Ministerkonferenz zum TRIPS-Abkommen

    Am letzten Tag der MC12 haben die WTO-Mitglieder einen Beschlussentwurf hinsichtlich der zeitweisen Einschränkung der Patentrechte bei Covid-19-Impfstoffen angenommen.

    Berechtigte WTO-Mitglieder dürfen danach durch das Abkommen vorgegebene Exklusivrechte von Patentinhabern einschränken, indem sie im zur Reaktion auf die Coronapandemie notwendigen Umfang die Nutzung eines für die Produktion und Versorgung mit Covid-19-Impfstoffen erforderlichen Patentgegenstands ohne Zustimmung des Rechtsinhabers gestatten (siehe Beschluss vom 17. Juni 2022 zum TRIPS-Abkommen auf Englisch).

    Laut einer Fußnote sollen alle Entwicklungsländer in der WTO "berechtigte Mitglieder" sein, wobei solche, die über Herstellungsmöglichkeiten von Covid-19-Impfstoffen verfügen, ermutigt werden, sich verbindlich aus dem Anwendungsbereich auszunehmen.

    Die Anwendung des Beschlusses darf zunächst für fünf Jahre erfolgen mit jährlicher Überprüfung (siehe Ziff. 6 des Beschlusses).

    Nach Ziff. 8 des Beschlusses werden die WTO-Mitglieder binnen sechs Monaten über eine Ausweitung auf Covid-19-Diagnostika und -Medikamente entscheiden.

    Anfang Oktober 2020 hatten Indien und Südafrika einen ersten Vorschlag eines "Waivers" verschiedener TRIPS-Bestimmungen eingereicht.

    Auf die aktuelle Entscheidung nimmt auch die Erklärung vom 17. Juni 2022 zur Antwort der WTO auf die Coronapandemie und Vorsorge für künftige Pandemien (Englisch) Bezug. Diese betont unter anderem die durch das TRIPS sowie die "Doha-Erklärung" ermöglichte Flexibilität zum Schutz der öffentlichen Gesundheit (Ziff. 12 ff.).

    Zum Thema:

    Von Julia Merle | Bonn

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