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Lebensmittelverarbeitung in West- und Zentralafrika boomt
Angesichts der Preissteigerungen auf den internationalen Märkten für Agrargüter setzen die Staaten auf den Ausbau der lokalen Produktion. Dadurch sollen Importe reduziert werden.
07.06.2023
Von Wolfgang Karg, Corinna Päffgen | Abidjan, Accra
Privatsektor und Staat investieren trotz Krise in Ghana
Trotz schwerer Schuldenkrise und angespannter Wirtschaftslage wird in Ghana - sowohl von staatlicher Seite als auch vom Privatsektor - in die Erzeugung und Verarbeitung von Lebensmitteln investiert. Ziel ist die Sicherstellung der Ernährungssicherheit und Reduzierung von Einfuhren.
Nach wie vor ist Ghana in hohem Maße von Lebensmittelimporten abhängig, insbesondere auch bei Grundnahrungsmitteln. Mithilfe verschiedener Programme versucht die Regierung schon seit Längerem dagegen zu steuern. Neben Investitionen in den Ausbau landwirtschaftlicher Bewässerungssysteme und Lagerhäuser hat die Regierung kürzlich rund 30 Millionen US-Dollar (US$) für die Beschaffung von Landmaschinen und landwirtschaftlicher Ausrüstung aus Brasilien aufgewendet. Künftig sollen entsprechende Maschinen wie Traktoren und Baggerlader lokal montiert werden, ein erstes Montagewerk wird voraussichtlich in diesem Jahr in der Region Ashanti errichtet.
Die Bui Sugar Ltd. möchte mit einem Produktionsvolumen von 60.000 Tonnen Rohrzucker die größte Zuckerfabrik des Landes bauen. Dafür sollen auf 13.000 Hektar Zuckerrohr angepflanzt werden. Bislang werden rund 154.000 Tonnen Zuckerrohr jährlich im Land produziert, aus denen schätzungsweise 15.000 bis 30.000 Tonnen Zucker produziert werden können. Das neue Vorhaben soll mehr als 6.500 direkte und indirekte Arbeitsplätze schaffen. Betriebsbeginn ist für 2024 geplant. Der jährliche Zuckerbedarf Ghanas wird auf 400.000 Tonnen geschätzt. In den letzten Jahren sind die Zuckerimporte kontinuierlich gestiegen und betrugen 2021 rund 245 Millionen US$. Bereits existierende Zuckerfabriken wie in Komenda mussten den Betrieb einstellen, da Zuckerrohr bislang nicht in ausreichender Menge für die Verarbeitung zur Verfügung stand.
Das Unternehmen Gallina Blanca (GB) Foods Africa hat in seiner Fabrik in Tema eine neue Produktionslinie für die Verarbeitung von Tomaten in Betrieb genommen. GB Foods verkauft unter seinen Marken Gino und Pomo unter anderem passierte Tomaten und Tomatenmark. Neben der Produktionslinie für Tomaten wurde auch eine Fertigungslinie für die Herstellung von Curry in Betrieb genommen. Damit stockt GB Foods sein Engagement in Ghana mit einer Summe von 5 Millionen US$ auf insgesamt 70 Millionen US$ auf. Um die ausreichende Belieferung mit den entsprechenden Rohstoffen sicherzustellen, ist die Errichtung zweier landwirtschaftlicher Industriebetriebe auf 14.000 Hektar Land geplant. Insgesamt beschäftigt GB Foods mittlerweile 5.000 Arbeitnehmer.
Saudische Fast-Food-Kette expandiert nach Nigeria
Die Restaurantkette Herfy Foods aus Saudi-Arabien hat über Franchise-Partner zwei Filialen in Nigerias Hauptstadt Abuja eröffnet. Angeboten werden Burger, Pommes Frites, Sandwiches, Salate und Getränke. In den nächsten zehn Jahren ist die Eröffnung von 50 Herfy-Restaurants allein in Nigeria geplant. Damit reiht sich das Unternehmen in die Reihe anderer Fast-Food-Ketten wie Burger King, Kentucky Fried Chicken und Pizza-Hut ein, die bereits in Nigeria präsent sind. Branchenkenner schätzen das Marktvolumen für Fast Food in Nigeria auf etwa 600 Millionen US$.
Das Agrar- und Lebensmittelunternehmen Tingo Foods investiert eine Mega-Summe in den Bau einer neuen Produktionsanlage im Bundesstaat Delta. Insgesamt 1,6 Milliarden US$ fließen in die Herstellung von Lebensmitteln wie Reis, Schokolade, Kekse, Speiseöl und Nudeln sowie in die Herstellung von Getränken wie Bier und kohlensäurehaltige Getränke. Produziert werden soll für den lokalen Markt, aber auch für den Export, der künftig unter anderem im Rahmen der neuen afrikanischen Freihandelszone verstärkt stattfinden wird.
Mehr Lebensmittelverarbeitung im Kongo
Die Demokratische Republik Kongo mit seinen rund 100 Millionen Einwohnern ist so groß wie Westeuropa. In der Metropolregion der Hauptstadt Kinshasa lebt jeder fünfte Bürger des Landes. Entsprechend konzentriert sich das Wirtschaftsleben auf Kinshasa, sowie die Millionenstädte Lubumbashi, Mbuji-Mayi, Kananga, Kisangani, Bukavu und Tshikapa. Ein Großteil der Bevölkerung ernährt sich im Alltag durch Lieferungen aus dem informellen Sektor. Von den meist kleinbäuerlichen Farmen finden Gemüse, Fleisch, Fisch und Obst auch ihren Weg auf offene Märkte oder in kleine Geschäfte in den Städten. Die Verluste angesichts mangelnder Logistik- und Kühlketten sind dabei noch enorm.
In den Großstädten haben sich allerdings auch eine Reihe von modernen Supermarktketten etabliert, wie Kin Marché, GG Mart, S&K oder Hyper Psaro. Sie bieten zwar hauptsächlich importierte Produkte an, aus Europa, China und den Nachbarländern. Lokal produzierte Lebensmittel sowie Kosmetika nehmen aber deutlich zu. Die meist familiengeführten Supermarktketten investieren auch selbst in die Landwirtschaft. Vermehrt betreiben sie größere Farmen für Gemüse und Obst, Geflügel sowie sonstige Frischeprodukte. Für eine effizientere Produktion investieren sie verstärkt in moderne Anbau- und Zuchtmethoden, Verpackungslösungen und Logistikketten. Auch die Getränkeindustrie im Kongo boomt. Lokale Unternehmen produzieren vermehrt Mineralwasser, Säfte, Limonaden und alkoholische Getränke für den wachsenden Markt. Internationale Supermarktketten sind im Land bislang nicht zu finden. Das südafrikanische Unternehmen Shoprite zog sich aus dem Kongo wieder zurück.
Im Osten des Landes unterstützt die Weltbank die Entwicklung der Landwirtschaft im Gebiet der Großen Seen. Bei dem Projekt PICAGL (Projet Intégré de Croissance Agricole dans les Grands Lacs) in den Provinzen Süd-Kivu und Tanganyika sowie im benachbarten Burundi wird unter anderem der Reisanbau massiv gefördert. Auch für den Anbau weiterer Getreidearten besteht großes Potenzial.
Die Politik in der Demokratischen Republik Kongo fordert mehr lokale Produktion und wird dabei auch von internationalen Geldgebern unterstützt. Das Land nutzt sein Potenzial in der Lebensmittelproduktion bislang noch nicht einmal Ansatzweise aus. Durch die Hausse auf den Rohstoffmärkten dürfte das Wirtschaftswachstum in dem zentralafrikanischen Land in den nächsten Jahren um 6 Prozent liegen. Das Pro-Kopf-Einkommen steigt, wenn auch die Inflation die Kaufkraft schwächt.
Benin setzt auf Soja-Anbau
Die Sojabohne ist in Benin die wichtigste Hülsenfrucht, die angebaut wird. Allerdings gibt es bei der Verarbeitung und der Anbindung an regionale und internationale Märkte massive Probleme. Die Regierung hat deshalb mehr als 180.000 Tonnen Sojabohnen der Ernte 2022/23 von den Erzeugern aufgekauft. Bis April 2024 will die Regierung ein vollständiges Verbot des Exports von Sojabohnen in Rohform durchsetzen. Es werden deshalb massive Investitionen in die Weiterverarbeitung von Soja erwartet.
Förderung von Vieh- und Fischzucht in Côte d’Ivoire
Umgerechnet rund 15 Millionen Euro sollen in der Elfenbeinküste in den nächsten fünf Jahren von staatlicher Seite in den Ausbau von Viehzucht, Fischerei und Aquakulturen fließen. Damit sollen die Tier- und Fischereiressourcen des westafrikanischen Landes entwickelt und die Abhängigkeit von Importen reduziert werden. Vor allem bei Fisch kann Côte d’Ivoire bislang nur etwa 14 Prozent des Bedarfs durch heimische Produktion decken. Bis 2026 will man den Anteil der ivorischen Fischproduktion auf 70 Prozent steigern. Bislang importiert die Elfenbeinküste jährlich rund 250.000 Tonnen Fisch und Meeresfrüchte. Für den Ausbau der Produktion soll verstärkt in Zuchtmethoden, Verarbeitung und Verpackung sowie in Kühlketten investiert werden.