Wirtschaftsumfeld | Kroatien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Löhne und Gehälter
In Kroatien sind die Lohnkosten nur halb so hoch wie im EU-Durchschnitt, wachsen aber rasant. Im Wettbewerb um Fachkräfte werden Zusatzleistungen wichtiger.
23.07.2024
Von Kirsten Grieß | Zagreb
Die Gesamtarbeitskosten pro Arbeitsstunde in Kroatien lagen 2023 nach Eurostat bei durchschnittlich 14,40 Euro. Das entspricht in etwa dem Niveau von Polen (14,50 Euro) und macht weniger als die Hälfte des EU-Durchschnitts von 31,8 Euro aus. Im Nachbarland Slowenien fielen im Jahr 2023 Lohnkosten von 25,50 Euro an, in Deutschland waren es 41,30 Euro. Für den Wirtschaftsstandort Kroatien ist das ein wichtiger Wettbewerbsvorteil.
Branche | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 1.584 |
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei | 1.358 |
Verarbeitendes Gewerbe | 1.439 |
Strom-, Gas-, Wärme- und Kälteversorgung | 1.821 |
Wasserversorgung, Abfallwirtschaft | 1.339 |
Baugewerbe | 1.282 |
Groß und Einzelhandel, Reparatur von Kfz | 1.427 |
Transport und Lagerhaltung | 1.504 |
Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie | 1.286 |
Informations- und Kommunikationsleistungen | 2.300 |
Finanz- und Versicherungswesen | 2.167 |
Der öffentliche Sektor stockt Gehälter deutlich auf
Allerdings wachsen die Löhne überdurchschnittlich stark. Seit 2008 sind die Lohnkosten in Kroatien nominal um 56,5 Prozent gestiegen. Im vergangenen Jahr erlebte das Land mit 14,2 Prozent die höchste Steigerungsrate des Kostenfaktors Arbeit im Euroraum. Der Trend setzte sich im 1. Quartal 2024 mit einem Zuwachs von 15,3 Prozent fort. Mittelfristig wird der Fachkräftemangel im Land zu einem weiterhin starken Lohnwachstum beitragen.
Nach massiven Lohnerhöhungen im öffentlichen Sektor hat sich das Lohngefälle zum privaten Sektor verringert. Unternehmen konkurrieren damit auch zunehmend mit dem kroatischen Staat um qualifizierte Arbeitskräfte. Regional ist das Lohnniveau sehr unterschiedlich. Nach Angaben des Stellenportals MojPosao wurden im 1. Quartal 2024 die höchsten Löhne in der Hauptstadt Zagreb und deren Umland gezahlt. Generell sind die Gehälter in den Verwaltungsbezirken (Gespanschaften) an der Küste wie Dubrovnik-Neretva, Primorje-Gorski kotar, Split-Dalmatien und Istrien höher als im kroatischen Hinterland.
Ausländische Unternehmen zahlen im Durchschnitt mehr
Die höchsten Gehälter erhielten im 1. Quartal 2024 Führungs- und Fachkräfte im Bereich Forschung und Entwicklung und in der Informations- und Telekommunikationsbranche. Am anderen Ende der Skala lagen zuletzt Hilfsarbeiter in der Textil- und Lederverarbeitung sowie in einigen Dienstleistungssparten. Eine Einkommensteuerreform reduzierte Anfang 2024 die Steuerlast für Niedriglohnverdiener, sodass diese nun höhere Nettolöhne beziehen.
Einen großen Einfluss auf die gezahlte Vergütung besitzt die Eigentumsstruktur in den Unternehmen. In den ersten Monaten 2024 zahlten laut MojPosao ausländische Unternehmen im Durchschnitt 4 Prozent mehr Lohn als inländische Unternehmen. In der Regel erhalten Beschäftigte zwölf Monatsgehälter pro Jahr.
Position | Monatslohn 2) |
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Führungskraft | 2.730 |
Personal mit akademischer Ausbildung | 2.177 |
Technikerin, Techniker | 1.948 |
Unterstützende Bürokraft | 1.525 |
Dienstleistungs- und Verkaufskraft | 1.270 |
Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft | 1.237 |
Handwerkerin, Handwerker | 1.612 |
Anlagen- und Maschinenbedienung, Montagekraft | 1.623 |
Hilfskraft | 1.239 |
Strengere Vorschriften gegen illegale Gehaltszahlungen
In der Vergangenheit war es in Kroatien nicht unüblich, dass Beschäftigte eine zusätzliche Gehaltszahlung "bar auf die Hand" erhielten. Daher wiesen die vom Statistikamt erfassten Löhne ein niedrigeres Niveau aus als die tatsächlich gezahlten Summen. Strengere steuerliche Vorschriften begrenzen inzwischen die Möglichkeiten illegaler Verdienstauszahlungen. Im Bau- und Dienstleistungssektor ist diese Praxis aber wohl noch anzutreffen.
Löhne und Gehälter werden in Kroatien meist netto vereinbart. Seit 2023 müssen sie in Arbeitsverträgen mit dem entsprechenden Bruttobetrag ausgewiesen werden. Für bestimmte Branchen oder Bereiche handeln Tarifpartner Kollektivverträge aus. In Kroatien gilt seit 2008 ein gesetzlicher Mindestlohn. Für Vollzeitbeschäftigte beträgt dieser aktuell 840 Euro brutto pro Monat. Im Vergleich zu 2023 stieg der Mindestlohn damit um 20 Prozent. In Ausnahmefällen kann durch einen Kollektivvertrag ein um maximal 5 Prozent niedrigerer Mindestlohn vereinbart werden.
Weitere Lohnbestandteile
Mit Blick auf den harten Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte bemühen sich viele Unternehmen, über Sonderzahlungen und nicht-monetäre Leistungen für potenzielle Bewerber attraktiv zu sein. Gleichzeitig gilt es, die bestehende Belegschaft zu halten. Der kroatische Gesetzgeber gewährt für Sonderzulagen einen steuerlichen Freibetrag. Ende 2023 wurde dieser deutlich erhöht. Zu klassischen Sonderzahlungen gehören Leistungen für Kinder, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Erfolgsprämien, Verpflegungspauschalen oder die Erstattung der Fahrkosten für den Arbeitsweg. Relativ neu sind Leistungen für private Krankenzusatzversicherungen oder freiwillige Rentenversicherungen, für sportliche Aktivitäten oder Wellness-Pakete.
Um Arbeitskräfte zu halten, setzen Unternehmen inzwischen eine Vielzahl nicht-monetärer Anreize ein. Weit verbreitet sind Maßnahmen zur Karriereentwicklung wie Schulungsprogramme oder die Finanzierung von Postgraduiertenstudiengängen. Unternehmen profitieren von solchen Initiativen doppelt, da sie auf diese Weise ihre eigenen Experten heranziehen. Viel wird auch in die Verbesserung des Arbeitsklimas, gemeinsame Aktivitäten oder die attraktive Gestaltung des Arbeitsplatzes investiert. Herausforderungen durch anspruchsvolle Projekte oder internationale Reisen stehen vor allem bei jungen, hochqualifizierten Beschäftigten hoch im Kurs.
Sozialversicherungsbeiträge
Sozialabgaben der Arbeitnehmer umfassen an erster Stelle Beiträge zur Rentenversicherung, die der Arbeitgeber in Höhe von 20 Prozent vom Bruttolohn direkt abführt. Im Zuge der Anfang 2019 durchgeführten Steuerreform wurden die Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosen- und Arbeitsunfallversicherung abgeschafft. Vom Arbeitgeber ist nur noch der Beitrag zur Krankenversicherung zu tragen. Dadurch hat sich die Arbeitgeberbelastung von 17,2 auf 16,5 Prozent des Bruttogehalts verringert. Bei einer unbefristeten Einstellung von unter 30-Jährigen sind die Arbeitgeber für fünf Jahre von der Abführung der Krankenversicherungsbeiträge befreit.
Lohnfortzahlungen im Falle des Mutterschutzes/Elternurlaubs trägt von Anfang an die Krankenkasse HZZO, für das erste halbe Jahr in voller Höhe. Ab 70 Tagen nach der Geburt kann das Anrecht auf Elternurlaub auf den Vater übertragen werden. Seit 2023 kann der Vater einen Vaterschaftsurlaub von mindestens zehn Arbeitstagen beanspruchen. Der Arbeitgeber muss den Arbeitsplatz beim ersten und zweiten Kind für mindestens ein Jahr nach der Geburt des Kindes, bei Mehrlingsgeburten und weiteren Kindern auch länger sichern.
Arbeitgeber | Arbeitnehmer | |
Rentenversicherung | 0 | 20 |
Krankenversicherung | 16,5 | 0 |
Insgesamt | 16,5 | 20 |
Deutsche Unternehmen erhöhen Fortbildungsangebote
Die Mitgliedsunternehmen der AHK Kroatien begegnen dem Fachkräftemangel unterschiedlich. In der jährlichen AHK-Konjunkturumfrage gab die Mehrheit der befragten Unternehmen an, dass sie interne Schulungen ausweiten, um Potenziale beim Personal zu nutzen. Gehaltserhöhungen, Boni und Lohnzuschüsse sind beliebte monetäre Instrumente. Die Hälfte setzt aber auch auf Automatisierung und die Digitalisierung des Geschäfts.