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Baubeginn eines "grünen" Industrieparks in Kalimantan

Der sogenannte Green Industrial Park soll "umweltfreundliche" Technologien produzieren. Chinesische Firmen bekunden Interesse. Vorerst dürfte Kohle die Stromversorgung garantieren.

Von Frank Malerius | Jakarta

Ende Dezember 2021 wurde im Beisein des indonesischen Präsidenten Widodo mit dem Bau eines Industrieparks im Distrikt Tanah Kuning in der Provinz Nordkalimantan begonnen. Die Anlage soll eine riesige Fläche von 16.400 Hektar haben, die auf 30.000 Hektar erweitert werden kann. Zum Vergleich: Der im Bau befindliche Industriepark im zentraljavanischen Batang, der unter anderem ein deutsches Industriecluster anziehen soll, wird wohl höchstens 3.000 Hektar umfassen.

Hinter dem Projekt steht Presseberichten zufolge ein Konsortium von Investoren aus China und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Chef der Entwicklungsgesellschaft Kalimantan Industrial Park Indonesia ist der Geschäftsmann Garibaldi Thohir, Bruder des Ministers für staatseigene Unternehmen, Erick Thohir.  

Der Industriepark soll nach offiziellen Verlautbarungen einmal 50.000 bis 60.000 Menschen beschäftigen, vielleicht sogar 100.000. Vor allem aber vermarktet die Regierung ihn als "Green Industrial Park". Die Presse sekundiert artig, ohne zu hinterfragen, ob diese Bezeichnung tatsächlich gerechtfertigt ist. Die Definition bleibt schwammig: Auf dem neuen Areal sollen vor allem Technologien produziert werden, die in irgendeiner Weise der Umwelt dienen könnten, wie etwa Batteriezellen für Elektroautos oder Halbleiter. 

Entwicklungsschwache Provinz Nordkalimantan

Der Standort Tanah Kuning an der südlichen Küste Nordkalimantans ist auf den ersten Blick ungewöhnlich für ein solches Großprojekt. Denn die Provinz ist mit nur 700.000 Menschen die bevölkerungsärmste und eine der wirtschaftsschwächsten des gesamten Archipels. Sie trägt gerade einmal 0,6 Prozent zur Wirtschaftsleistung Indonesiens bei. Arbeiter müssten von anderswo angelockt werden, möglicherweise aus Ostkalimantan, der mit den beiden Großstädten Samarinda und Balikpapan mit Abstand wirtschaftsstärksten der fünf Provinzen Kalimantans. Dort soll auch die neue indonesische Hauptstadt gebaut werden. 

In Nordkalimantan gibt es fast keine verarbeitende Industrie. Ihr Anteil an der Wirtschaftsleistung liegt bei 11 Prozent und damit bei knapp der Hälfte des nationalen Durchschnitts. Eine Zulieferindustrie oder ein Reservoir halbwegs qualifizierter Arbeitskräfte gibt es dort ebenfalls nicht. Genauso wenig wie einen Hafen. Der müsste erst gebaut werden; die Summe von 1 Milliarde US-Dollar (US$) steht dafür im Raum. Bis dahin müssten größere Verschiffungen über die mehrere Hundert Kilometer südlich gelegenen Häfen in Bontang oder Balikpapan geschehen.

Erweitertes chinesisches Industriecluster

Was ist also der entscheidende Standortfaktor des sogenannten Green Industrial Park in Tanah Kuning? Es dürfte die vergleichsweise leicht zu gewährleistende Stromversorgung sein. Denn der Norden und Osten Kalimantans sind das Zentrum des indonesischen Kohlebergbaus. Und der oberste Parkentwickler Garibaldi Thohir ist gleichzeitig Chef von Adaro Energy, einem der größten Kohleproduzenten des Landes. Das schwarze Gold ist wichtigster Rohstoff des Archipels. Er sichert zwei Drittel der Stromversorgung, hat in den vergangenen zehn Jahren mehr als 200 Milliarden US$ an Exporterlösen erwirtschaftet und wird vor allem nach China geliefert.

Von dort dürften auch die meisten Mieter des neuen Industrieparks kommen; bereits zehn Zusagen soll es geben. Damit könnte das chinesische Industriecluster erweitert werden, das in den vergangenen Jahren im benachbarten Sulawesi entstanden ist. Dort haben Unternehmen aus der Volksrepublik viele Schmelzen zur Verarbeitung von Nickelerzen errichtet und gleichzeitig zahlreiche Stahlwerke hochgezogen, die Indonesien in kürzester Zeit zu einem der weltgrößten Exporteure von Edelstahl (für das Nickel benötigt wird) gemacht haben. 

Riesiges Wasserkraftprojekt geplant

Doch Kohle ist nicht die einzige Option. Denn nördlich des Industrieparks liegt der Fluss Kayan, in dem einmal das größte Wasserkraftwerk Südostasiens entstehen soll, das grünen Strom im Überfluss liefern könnte. Es kursieren zahlreiche Versionen über dessen Ausmaße. Jüngste Medienberichte sprechen von fünf Staudämmen (sogenannten "Kaskaden") mit einer gemeinsamen Leistung von 9 Gigawatt, was den heutigen Strombedarf ganz Kalimantans weit übersteigen würde. Die Kosten werden auf umgerechnet 17,6 Milliarden US$ geschätzt. Im Jahr 2018 wurde eine Partnerschaft mit dem chinesischen Wasserkraftentwickler Sinohydro unterzeichnet.

Doch die Lizensierung beispielsweise für den Umweltschutz steht noch immer ganz am Anfang, und soziale Auswirkungen müssen abgefedert werden. Gleichzeitig hat die Coronakrise die Kassen der Regierung und der großen staatlichen Bauunternehmen geleert. In Medienberichten lässt sich anlässlich des Baubeginns des Industrieparks kein direkter Bezug eines Regierungsvertreters auf das Kayan-Projekt finden. Es heißt stattdessen, der Park könne erst nach zehn bis 15 Jahren mit Hydrostrom versorgt werden. Bis dahin müsse man bei der Auswahl der Mieter auch auf deren Strombedarf achten.

Neues Aluminiumwerk treibt Stromnachfrage

Adaro Energy hat bereits angekündigt, in dem neuen Industriepark gemeinsam mit ausländischen Partnern eine Aluminiumhütte für 728 Millionen US$ zu errichten. Solche Anlagen benötigen gigantische Mengen an Strom. Je nachdem, welche Produktionskapazitäten die Anlage hat, könnte es für ihren Betrieb fast die heutige Stromerzeugungskapazität der gesamten Provinz Nordkalimantan von knapp 600 Megawatt benötigen. 

Auch Solaranlagen werden von Politik und Medien als Energiequelle genannt. Doch selbst wenn es sie vor Ort gäbe, könnten Sie allenfalls einen marginalen Teil der benötigten Versorgung bereitstellen. Laut Statistiken des staatlichen Energieversorgers PLN entfallen derzeit 55 Prozent der Stromversorgungskapazitäten der Provinz Nordkalimantan auf Kohle, 25 Prozent auf Gas und 15 Prozent auf Diesel. Erneuerbare Energien stellen dagegen nur 1,5 Prozent.  

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