Die ägyptische Wirtschaft erholt sich zurzeit von der Coronapandemie. Somit wird auch der Bedarf an Strom, auch aus Windenergie, steigen.
Gegenwärtig genießt der Ausbau neuer Stromkapazitäten geringe Priorität. Denn mit einer Ende Juni 2020 installierten Kapazität von über 59 Gigawatt und einer Spitzenlast von 32 Gigawatt im Fiskaljahr 2019/2020 (Juli bis Juni) fährt Ägypten Überschüsse ein. Seit Mitte 2014 haben sich die Kapazitäten verdoppelt. Demgegenüber steht ein Anstieg des Verbrauchs um 22 Prozent, der wegen der Coronapandemie im Jahr 2020 nochmal um 2,1 Prozent auf 164.000 Gigawattstunden zurückging. Bis 2030 zeichnet sich aber ab, dass Ägyptens Bedarf jährlich um 3,3 Prozent steigen wird. Neue Kapazitäten müssen also hinzugebaut werden. Faktoren dafür sind das Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum, die Elektrifizierung von Autos, Bussen und Bahnen sowie der Einsatz energieintensiver Anlagen zur Entsalzung von Meerwasser.
Beim Ausbau der Windenergie stehen Betreibermodelle im Vordergrund
Von der steigenden Nachfrage wird auch die Windenergie profitieren. Die EIU prognostiziert, dass die installierte Kapazität an Strom aus Wind von schätzungsweise 1,5 Gigawatt in 2020 bis zum Jahr 2025 auf 2,3 Gigawatt und bis 2030 auf 3 Gigawatt wachsen wird. Insgesamt plant die Regierung, dass erneuerbare Energien bis zum Jahr 2035 einen Anteil von 42 Prozent an der gesamten Stromerzeugung erreichen sollen, 14 Prozent davon aus Windkraft.
Zwar generiert Ägypten den Großteil seines Stroms aus fossilen Quellen. Jedoch deutet die Tendenz klar in Richtung erneuerbare Energien. So stiegen in den Jahren 2019 und 2020 Kapazitäten aus Wärmekraftwerken um 0,8 Prozent, während Solar und Windenergie um 34 Prozent gewachsen sind.
Auf der Basis von Engineering, Procurement and Construction-Verträgen entstanden in Ägypten vor allem die Windanlagen der ersten Generation. Mittlerweile steuert die Regierung den Ausbau der Windkraft über private Betreibermodelle, namentlich mit BOO-Modellen. Was die Festlegung des Abnahmepreises für Strom aus erneuerbarer- und damit auch Windenergie betrifft, gab es auch eine Verlagerung. Vor 2017 beruhte der Stromabnahmepreis noch auf großzügigen Einspeisetarifen. Danach wählte die Regierung den Weg des geringstmöglichen Abnahmepreises und vergab Projekte aufgrund von Bieterwettbewerben. Dass Privatunternehmen sich auch ohne Förderung durch einen Einspeisetarif an Windprojekten in Ägypten beteiligen, hat mehrere Gründe. Zunächst zählt die Rote Meer Küste mit Windgeschwindigkeiten, die konstant bis zu 10,5 Meter pro Sekunde erreichen, zu den besten Destinationen weltweit.
Stromabnahmeverträge mit Laufzeiten von bis zu 25 Jahren
Dazu kommen rapide gesunkene Stromgestehungskosten für Onshore Windenergie in Ägypten, die sich laut dem Renewable Power Generation Cost-Bericht der Interantional Renewable Energy Authority im Jahr 2019 durchschnittlich auf 0,049 US-Dollar (US$) pro Kilowattstunde beliefen. Die New and Renewable Energy Authority (NREA), die einen Windatlas erarbeitet hat, stellt die dort ausgewiesenen Flächen zum Bau von Windanlagen bereit. Ein Vorteil dieser Flächen ist deren geringe Besiedlung. Eine technische Herausforderung sind die dort verkehrenden Zugvögel. Um deren sicheres Passieren zu gewährleisten, müssen Windräder mit Sensoren und Abschaltevorrichtungen ausgestattet sein. Juristisch werden die Flächen in Form eines Nießbrauchrechts zugunsten der Betreiber vergeben. Letztere schließen Stromabnahmeverträge (ppa) mit der EETC über eine Laufzeit von 20 bis 25 Jahre.
Unter den oben genannten Bedingungen ging Ende 2019 der Windpark bei Ras Ghareb an der ägyptischen Roten Meer Küste mit einer installierten Kapazität von 262,5 Megawatt und Investitionen in Höhe von circa 400 Millionen US$ an den Start. Das Konsortium bestehend aus den Firmen Toyota, Engie, Orascom und Eurus Energy betreibt die Anlage auf der Grundlage eines BOO-Vertrages und hat laut dem Onlinenachrichtendienst MEED mit einem Tarif von 0,041 US$ pro Kilowattstunde das niedrigste Gebot abgegeben. Den erzeugten Strom verkauft das Konsortium über einen Liefervertrag von 20 Jahren an den Übertragungsnetzbetreiber, der EETC.
Ebenso strukturiert ist auch der im Bau befindliche Windpark in West Bakr, der ebenfalls an der Küste des Roten Meeres liegt. Das britisch-irische Betreiberkonsortium, das unter der Bezeichnung Lekela firmiert, baut und betreibt die künftige Anlage mit einer Kapazität von 250 Megawatt auf der Grundlage eines BOO- und darauf basierend einem 20-jährigen Stromabnahmevertrag mit der EETC.
Mit der im Jahr 2025 avisierten Liberalisierung des Strommarktes werden Stromerzeuger die Stromlieferverträge direkt mit den Endverbrauchern abschließen können und an die EETC eine Gebühr für die Nutzung ihres Netzes zahlen. Über die Höhe dieser Wheeling fee besteht allerdings noch Unsicherheit.
Es existieren keine Offshore-Windanlagen in Ägypten, ebensowenig sind solche in Planung.
Zubau von Windkapazitäten hängt vom Ausbau des Stromnetzes ab
Die Überkapazitäten an Strom hindern zunächst die Einspeisung weiterer Mengen in das Netz. Um letzteres aufnahmefähiger zu gestalten, investiert Ägypten nun verstärkt in die Modernisierung und den Ausbau desselben. Allein in den vergangenen sechs Jahren hat die EETC über 3.600 Kilometer neuer Leitungen, zahlreiche Umspannwerke und Transformatoren bauen lassen.
Mehr Platz für Strom aus Windenergie wird auch dann entstehen, wenn Ägypten größere Mengen an überschüssigen Strom exportieren kann. Zu diesem Zweck stehen der Bau von Stromverbindungen nach Saudi-Arabien und in die Europäische Union an.
Wegen der Speicher- und Transportfähigkeit von Wasserstoff wird diese Technologie auch der Windenergie in Ägypten Auftrieb verleihen. Entsprechende Projekte mit Siemens Energy befinden sich zur Zeit in der Frühphase. An solche Energiekooperationen haben Deutschland und die EU ein großes Interesse.
Die Windprojekte in ÄgyptenProjektbezeichnung (Standort bzw. Onshore) | Leistung (MW) | Unternehmen | Status | Investitionsvolumen (in Mio. US$) |
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Italgen - Gabal Al Zeit Wind Farm - Gulf of Suez (Merchant IPP Model) | 320 | Italgen | Studienphase | 530 |
EETC - 250 MW Wind Farm in West Nile Area- Build Own Operate (BOO) | 250 | The Egyptian Electricity Transmission Company (EETC ) | FEED | 280 |
Gulf of Suez II | 500 | Red Sea Wind Energy (bestehend ausToyota Tsushi & Eurus, Engie, Orascom) | kurz vor Baubeginn | 560 |
Quelle: Meed Projekte
Von Sherif Rohayem
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Kairo