Einige lokale Bauunternehmen prägen den Markt – verstärkt auch chinesische. Deutsche Unternehmen kommen vor allem im Anlagenbau und bei hohem technischen Anspruch zum Zuge.
Wettbewerbssituation
Die Bauwirtschaft in Ägypten ist von tausenden, meist kleinen Unternehmen geprägt. Laut der Oxford Business Group sind lediglich 280 Anbieter in die Kategorien Level 1 bis 3 eingestuft. Damit haben nur diese die Möglichkeit, Projekte mit einem Wert von mehr als 40 Millionen ägyptischen Pfund (EGP, etwa 830.000 US-Dollar) umzusetzen. Die Spitzengruppe (Level 1) umfasst sogar lediglich 20 Anbieter.
Starke Präsenz von Großunternehmen
Die großen bekannten Bauunternehmen und Immobilienentwickler sind stark präsent und führen teilweise auch Aufträge im Ausland aus. In Ägypten konkurrieren sie im Hochbau vor allem mit einigen Anbietern aus der Golfregion sowie aus China. Im Fall von Tiefbauvorhaben nimmt die Konkurrenz durch ausländische Unternehmen tendenziell zu.
Unter den Bietern bei Infrastrukturausschreibungen finden sich viele internationale Namen. Gemeinsame Angebote von ägyptischen und internationalen Unternehmen kommen ebenfalls häufig vor. Dies gilt zum Beispiel bei Metroprojekten, wenn hohe technische Anforderungen erfüllt werden müssen.
Ausländische Spezialisten ergänzen Angebote der Bauriesen
Ausländische Spezialfirmen kommen meistens wegen ihres Know-hows zum Zuge, sofern dies in einem Projekt gefragt ist. Somit übernehmen sie eher ergänzende als konkurrierende Aktivitäten. Das breite Spektrum und der wachsende Markt lohnen einen näheren Blick auf nahezu alle Baubereiche. Internationale und bilaterale Finanzierungen sowie PPP sollten weiterhin für Bewegung sorgen.
Deutsche und andere ausländische Firmen sind im Markt aktiv, wenn auch nicht sehr viele. Im Anlagenbau (etwa Düngemittel, Petrochemie, Stahl) ist die Bedeutung größer. Im Regelfall sind Generalunternehmen Firmen aus Ägypten, teilweise aus der Golfregion.
Deutsche Unternehmen in technisch anspruchsvollen Projekten
Als Subunternehmer für anspruchsvolle Spezialsegmente (zum Beispiel Brücken, Tunnel, Staudämme) kommen ausländische Firmen zum Zuge. Ein Beispiel dafür war die Errichtung der zweiten Fahrrinne des Sueskanals, bei der deutsche Tunnelbohrtechnik von Herrenknecht zum Einsatz kam. Gleiches gilt für den Bau von sechs Tunneln unter dem Sueskanal. Auch der Metroausbau in Kairo bietet Anknüpfungspunkte für das Unternehmen.
Ausgewählte Strukturdaten zur Bauwirtschaft in ÄgyptenIn Milliarden US-Dollar, Veränderung in %Indikator | 2021/20221) | 2022/20231) | Veränderung |
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BIP real zu Faktorkosten2) | 453,3 | 310,3 | -0,3 |
Baugewerbe | | | |
Beitrag zum BIP | 32,6 | 24,0 | -0,3 |
öffentlich | 2,8 | 2,3 | -0,2 |
privat | 29,8 | 22,0 | -0,3 |
Baugewerbe: Anteil am BIP (%) | 7,2 | 7,7 | 6,7 |
Immobiliensektor | | | |
Beitrag zum BIP | 46,7 | 34,0 | -0,3 |
öffentlich | 0,27 | 0,2 | -0,3 |
privat | 46,4 | 34,0 | -0,3 |
Immobiliensektor: Anteil am BIP (%) | 10,3 | 11,0 | 0,1 |
1 Abweichungen sind rundungsbedingt; 2 exklusive Steuern.Quelle: Central Bank of Egypt 2023; Ministry of Finance 2024
Geschäftspraxis
Der Marktzugang für ausländische Unternehmen ist leichter, wenn Projekte durch internationale Geberorganisationen gefördert sind.
Ägyptens wenige große Baufirmen verfügen über genügend nationale und internationale Erfahrung, auch in der Realisierung von Großprojekten. Die Einbindung internationaler Firmen schafft zusätzlich die Chance auf Bildung multinationaler Konsortien mit Zugang zu privatem Auslandskapital wie auch zu Entwicklungsbanken und Hilfsorganisationen.
Internationale bilaterale Finanzierung über Entwicklungsdarlehen oder Zuschüsse bildet durchaus eine nicht zu unterschätzende Erleichterung. Sie kann ein Türöffner sein für Firmen, die aus dem Geberland stammen, sei es als Baubeteiligte oder als Lieferanten von Maschinen und Ausrüstungen. Zu beobachten ist diese Form der Zusammenarbeit beispielsweise bei Bauabschnitten für die Metro in Kairo oder bei verwandten Aufträgen.
Local Content-Regeln beachten
Ausländische Unternehmen dürfen regulär nur 10 Prozent ausländische Arbeitskräfte einsetzen, der Rest müssen Beschäftigte aus Ägypten sein. In Ausnahmefällen ist maximal ein Anteil von 20 Prozent möglich. Dies ist jedoch mit Blick auf die Branche und die Lohnkosten eher von theoretischer Bedeutung, da regelmäßig nur Management, Aufsicht, Technik und Maschinen aus dem Ausland kommen. Wenn es doch mal knapp wird mit dem ausländischen Anteil an Beschäftigten, wird der in der Regel lokale Projektpartner mit in die Berechnung der Angestellten einbezogen. Spätestens dann wird die 10-Prozent-Grenze unterschritten sein.
Bei Aufträgen von sogenannten Governmental Entities, die sehr große Auftraggeber sind, gilt ein Local Content von 40 Prozent. Über diese Pflicht sehen Auftraggeber hinweg - allerdings ist das Branchenexperten zufolge keine Großzügigkeit, vielmehr dient die Nachsicht zum Aufbau von Verhandlungsmasse.
Bisweilen kann es zur Verhängung von Schutzzöllen kommen (etwa für Stahl). Für ausländische Interessenten relevante Ausschreibungen werden nach international üblichen Mustern durchgeführt. Tender für Projekte, die durch internationale Geldgeber finanziert werden, sind daher eine gute Gelegenheit, sich innerhalb eines international bekannten Rahmens in einem neuen Markt zu engagieren. Im privaten Sektor gibt es häufig langjährig bestehende Beziehungen, so zwischen Immobilienentwickler und Hauptauftragnehmern oder Consultants. Auch eingespielte Lieferketten und eine bestimmte Auswahl an Subunternehmen bestimmen häufig den Markt.
Keine zentrale Anlaufstelle für Ausschreibungen
Zentrale Informationen oder Internetplattformen für Ausschreibungen existieren bislang nicht. Ministerien, Gouvernorate, öffentliche Dienststellen und Unternehmen schreiben für ausländische Interessenten oft kurzfristig aus. Entsprechende Ankündigungen erfolgen meist in ägyptischen Zeitungen auf Arabisch, insbesondere im Bereich der Untervergaben.
Große Tender werden auch in der Zeitung Al Ahram auf Arabisch und Englisch veröffentlicht. Die American Chamber of Commerce in Egypt bietet einen Tender Alert Service (TAS) für 17 Branchen/Sektoren an. Er speist sich unter anderem aus Auswertungen der Inlandspresse. Schließlich bietet auch der Egyptian Commercial Service des ägyptischen Außenministeriums Informationen zu Ausschreibungen.
Von Sherif Rohayem
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Kairo