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Wirtschaftsausblick | Albanien

Albaniens Wirtschaft behält hohes Wachstumstempo bei

Albanien bleibt auf EU-Kurs. Tourismus sowie Investitionen in die Verkehrs- und Energieinfrastruktur befeuern das Wachstum. Beim Investitionsklima besteht hingegen Nachholbedarf.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Belgrad

Top-Thema: Albanien macht weiteren Schritt zur EU-Mitgliedschaft

Im Dezember 2024 eröffnete die EU in den Beitrittsverhandlungen mit Albanien Cluster 6, der sich der Angleichung der Außenbeziehungen widmet. Damit wird das Land zum Vorreiter am Westbalkan. Im September 2024 entkoppelte die EU die Beitrittsprozesse Nordmazedoniens und Albaniens, die jahrelang parallel liefen. Seither treibt der Staatenverbund die Verhandlungen mit Tirana unabhängig voran. Der EU-Beitritt wird parteiübergreifend mitgetragen und von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung unterstützt. Bis spätestens 2030 will das NATO-Mitglied der EU beitreten, gibt die Regierung von Ministerpräsident Edi Rama als Ziel aus.

Bei den anstehenden Parlamentswahlen im Mai 2025 ist eine Wiederwahl der prowestlichen Regierung Rama sehr wahrscheinlich. Für den EU-Integrationskurs, aber auch für die Wirtschaftspolitik des südosteuropäischen Landes bedeutet dies Stabilität und Kontinuität.

Wirtschaftsentwicklung: Tourismus bleibt Wachstumstreiber Nummer eins

Albaniens Wirtschaft wächst 2025 mit real 3,8 Prozent in etwa so stark wie 2024, prognostiziert das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) in seiner Herbstprognose. Damit wird das Land Spitzenreiter im Westbalkan.

Vor allem die boomende Tourismusbranche kurbelt das Wachstum an. Denn sie erwirtschaftet bereits mehr als ein Viertel der albanischen Wirtschaftsleistung, mit steigender Tendenz. Zwischen den Jahren 2019 und 2024 verdoppelten sich die Besucherzahlen beinahe auf rund 12 Millionen. Um noch mehr Gäste unterzubringen, entstehen neue Hotels und Tourismusinfrastruktur entlang der Küste. Unter anderem will Jared Kushner, Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump, auf der Adriainsel Sazan für 1,4 Milliarden Euro ein Luxusresort errichten. Daneben fördert die Regierung nachhaltigen Alpin- sowie Familienurlaub auf dem Bauernhof.

Die verarbeitende Industrie hingegen leidet - unter hohen Energiekosten, Lohnerhöhungen sowie der Aufwertung der Landeswährung Lek, die die Exporte verteuert. Dies trifft vor allem die Textilindustrie.

Die EU unterstützt mit ihrem Wachstumsplan die Entwicklung Albaniens. Bis 2027 stehen insgesamt 922 Millionen Euro in Form von Zuschüssen und Darlehen zur Verfügung. Die Tranchen werden nur ausbezahlt, wenn Reformen umgesetzt werden. Die EU-Kommission genehmigte im Oktober eine entsprechende Reformagenda der albanischen Regierung.

Milliardeninvestitionen in Verkehrs- und Energieinfrastruktur

Neben dem Tourismus sind Investitionen der wichtigste Wachstumstreiber. Mittel fließen vor allem in Immobilien, Verkehrswege sowie die Energiebranche. Vor allem die öffentliche Infrastruktur hat einen gigantischen Nachholbedarf. Der Bau des neuen Hafens Porto Romano kostet rund 393 Millionen Euro. Rund die Hälfte der Mittel kommt aus dem Staatshaushalt. Die rund 120 Kilometer langen Eisenbahnlinie von Vlora nach Hani-i-Hotit soll Teil des transeuropäischen Transportnetzwerkes (TEN-T) werden. Die Finanzierung in Höhe von 356 Millionen Euro kommt von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.

Albanien erzeugt rund 94 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Quellen, darunter vor allem durch Wasserkraft. Den Bau eines weiteren Wasserkraftwerks in der Drin-Kaskade finanziert die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Zudem werden erste Solar- und Windparks realisiert. Der Energiekonzern Voltalia plant einen neuen Solarpark. Bis 2030 will Albanien Nettoexporteur von grüner Energie werden.

Der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen legt 2024 laut Zentralbank weiter zu. Unterstützend wirkt der Beitritt zum einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum, Single Euro Payment Area, im November 2024. Die Regierung reformiert zudem die Justiz und geht schärfer gegen Korruption vor. Behördengänge werden zunehmend digitalisiert. Die Investitionsförderagenturen AIDA und AIC betreuen ausländische Investoren. Deutschland lag 2023 mit rund 60 Millionen Euro auf dem 7. Platz.

Außenhandel: Aufwertende Landeswährung verteuert Ausfuhren

Albaniens wichtigster Wirtschaftspartner ist mit einem Anteil von 58 Prozent am Außenhandelsumsatz die EU. Deutschland war 2023 der viertgrößte Handelspartner des Landes. Auf Platz 1 liegt traditionell Italien, vor China und der Türkei.

Aktuell verteuert die steigende Währung die Ausfuhren. Der Lek wertete in den letzten zwei Jahren gegenüber dem Euro um rund ein Drittel auf. Vor allem die große Nachfrage nach Lek während der Tourismushochsaison, sowie Rücküberweisungen der Diaspora und eine hohe Bauaktivität befeuern die Nachfrage.

Im Jahr 2024 verschärfte sich diese Entwicklung. Nach vorläufigen Angaben von Instat gingen die Ausfuhren um rund 15 Prozent auf rund 3,8 Milliarden Euro zurück, während die Einfuhren um 2,5 Prozent auf rund 9,1 Milliarden Euro stiegen. Entsprechend wächst das Außenhandelsdefizit des südosteuropäischen Landes 2025 um voraussichtlich ein Fünftel auf rund 5,3 Milliarden Euro.

Deutsche Perspektive: Defizite im Rechtsstaat beeinträchtigen Investitionsklima

Albanien hat als Wirtschaftsstandort ein Imageproblem. Zu einer teilweise verzerrenden Medienberichterstattung gesellen sich jedoch auch reale Nachteile. Landeskenner bemängeln häufig rechtsstaatliche Defizite, eine weit verbreitete Korruption sowie Intransparenz im öffentlichen Beschaffungswesen. Zudem würden Anträge oder Anschreiben von Behörden häufig erst nach langer Wartezeit beantwortet.

Doch gibt es auch positive Beispiele: Siemens Mobility und Lufthansa Industrial Solutions lassen vor Ort Software entwickeln. Die Automobilzulieferer Forschner und PSZ Elektronik fertigen Kabelbäume. Röfix produziert Baumaterialien. Das deutsch-albanische Joint-Venture Vega-Solar will einen Solarpark errichten. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit unterstützt den Bau von Stromnetzen.

Auf der Länderseite Albanien finden Sie weitere Informationen, zum Beispiel über wichtige Branchen, rechtliche Rahmenbedingungen und Zollbestimmungen.

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