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Neue Märkte - Neue Chancen | Westbalkan | Tourismus

Westbalkan setzt auf Bade- und Bädertourismus

Montenegro und Albanien gelten mit insgesamt 700 Kilometer Küste als aufstrebende Destinationen. Die Gästezahlen entwickeln sich gut, aber es gibt noch viele ungenutzte Potenziale.

Von Martin Gaber | Belgrad

Montenegros Küste ist geprägt von steilen Gebirgen, die direkt hinter der Adria auf fast 2.000 Meter in die Höhe ragen. Trotz der Berge gibt es laut offiziellen Angaben 117 Strände. Diese Vielfalt honorieren auch ausländische Urlaubsgäste. Deren Zahl hat sich von rund 1 Million im Jahr 2010 auf über 2,5 Millionen im Jahr 2019 erhöht.

Montenegro wird zum Luxusziel

Entlang der knapp 300 Kilometer langen Küste liegen die Städte und Badeorte Herceg Novi, Kotor, Tivat, Budva, Bar und Ulcinj. Diese entwickeln sich zu Luxuszielen. Im Jahr 2020 etwa hat Kerzner International ein One&Only Resort eröffnet – inklusive eigenem Jachthafen und Hubschrauberlandeplatz. Kerzner betreibt nach eigenen Angaben Hotels und Resorts an den exklusivsten Standorten weltweit. Mit Iberostar (Spanien), IHG (Großbritannien) und Falkensteiner (Österreich) betreiben weitere bekannte Hotelketten Häuser an der montenegrinischen Küste. Hinzu kommen einheimische Boutique Hotels, die ebenfalls das Luxussegment bedienen. In Tivat enstand mit dem Porto Montenegro eine Marina für Luxusjachten sowie eine entsprechende Infrastruktur an Einkaufs- und Übernachtungsmöglichkeiten.

Grundsätzlich verfügt die gesamte Küste über eine sehr gute Hotelinfrastruktur, nicht nur im Luxussegment. Weitere Großprojekte sind in der Planung oder Umsetzung. Mittlerweile bieten auch Discounter Reisen an die montenegrinische Küste an. Dabei sind Hotels mit einem Anteil von 34 Prozent neben individuellen Unterkünften die beliebteste Option für Urlauber, so Zahlen der nationalen Statistikbehörde Monstat für 2019.

Airlines bauen Verbindungen aus

In der Hochsaison im Sommer werden die Flughäfen in Tivat und Podgorica von zahlreichen Airlines angeflogen. Die Kapazitäten des eher touristisch genutzten Flughafens in Tivat wurden 2018 erweitert. So konnte Tivat mittlerweile den Hauptstadtairport bei den Passagierzahlen überholen. Insgesamt hatten die beiden Flughäfen laut Betreiber Airports of Montenegro ein Passagieraufkommen von zusammen knapp 2,7 Millionen in 2019. Damit Airlines auch in der Nebensaison Flüge anbieten, ist der Ausbau der touristischen Angebote im Frühjahr und Herbst notwendig. Darunter fallen auch Golf- oder Wellnessurlaube, sagt Bernhard Wodl, ehemaliger Key Account Manager für Lufthansa und Swiss in der Region:

"Mit den vielen Investitionen von Hotels im Luxussegment ist der Ausblick für Montenegro sehr gut. Allerdings fehlt es noch an einigen Ecken, um die Saison zu verlängern. Für Touristen gibt es im Oktober und November oder auch März und April kaum Angebote. Daher ziehen die Airlines auch mit Flügen in dieser Zeit noch nicht nach. Golf ist bis jetzt nur geplant, aber nicht vorhanden. Gastronomie und Hotels zu dieser Zeit oft geschlossen. Grundsätzlich ist das Potenzial für eine starke Vor- und Nachsaison aber da - ähnlich der französischen Riviera."

Auch der Besuch per Schiff ist eine Option. Die historische Altstadt Kotor und die gleichnamige Bucht sind nicht nur Aushängeschild des Landes, sondern auch Anlaufpunkt großer Kreuzfahrtschiffe. In der Hafenstadt Bar wiederum befindet sich der größte Hafen Montenegros. Zudem gibt es weitere Häfen für Boote und Yachten.

Tourismus nähert sich nur langsam dem Vor-Corona-Niveau an

Montenegros Wirtschaft ist in hohem Maße vom Tourismus abhängig. Im Jahr 2019 nahm der Bereich Reise und Tourismus rund 31 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts (BIP) ein, so Zahlen des Weltforums für die Reise- und Tourismusbranche (World Travel and Tourism Council, WTTC). Fast jeder Dritte ist in der Branche beschäftigt. Auch deshalb hat das Coronajahr 2020 die Wirtschaft des Landes hart getroffen und das BIP um rund 15 Prozent einbrechen lassen.

Im Vergleich zu 2020 haben sich die Zahlen in der Sommersaison 2021 vervielfacht. Allerdings liegen sowohl die Ankünfte als auch die Übernachtungen immer noch rund 40 Prozent unter den Werten von 2019, so der Tourismusausschuss der Wirtschaftskammer Montenegros.

Personalmangel ist die größte Herausforderung

Durch die Coronakrise haben sich Mitarbeiter nach Alternativen umgesehen. Vor allem Saisonkräfte sind schwer zu finden. Derzeit arbeitet das zuständige Wirtschaftsministerium an der neuen Tourismusstrategie 2021 bis 2025. Diese soll Anfang 2022 veröffentlicht werden. Branchenvertreter nennen fehlendes Personal als Haupteinschränkung für die Weiterentwicklung der Branche. Es fehlen nicht nur qualifiziertes Personal, sondern auch Mitarbeitende für einfache Tätigkeiten. Daher werden Themen wie Ausbildung und Qualifizierung sowie spezielle Programme zur Anwerbung in der neuen Strategie eine wichtige Rolle spielen. Auch Knowhow aus dem Ausland wird hierfür gefragt sein.

Albaniens Sandstrände sind für Familienurlaub attraktiv

Im Süden Montenegros nimmt die Steilküste ab und die Landschaft verändert sich. Am Stand von Ulcinj kommen Kitesurfer auf ihre Kosten. Weiter südlich beginnt die albanische Küste mit dem Strand von Velipoja. Dieser liegt unweit von Shkodra, einer der größten Städte Albaniens. Die Küste verläuft von hier nach Süden bis Saranda und damit an die Nordgrenze Griechenlands. Die Küste ist von Sandstränden mit seichtem Wasser geprägt und damit ideal für Familienurlaub, so die albanische Tourismuszentrale. Die Hauptstrände sind Velipoja, Shëngjin, Durrës, Golem, Spille, Divjaka und Vlora.

Albanien erlebt Tourismusboom

Das Land mit knapp 3 Millionen Einwohner hat in den letzten Jahren einen Tourismusboom erlebt. Albanien gilt als aufstrebende Destination in Südosteuropa, vor allem aufgrund des Badetourismus. Auf Badegästen lag in den letzten Jahren der Fokus. Die Zahl der ausländischen Urlaubsgäste hat sich innerhalb von zehn Jahren von 2010 bis 2019 von 2,4 Millionen auf 6,4 Millionen fast verdreifacht. Nach einem Rückgang auf 2,7 Millionen Gäste, und damit fast den Wert von 2010, zieht der Tourismus nun wieder deutlich an. Allein von Januar bis August 2021 besuchten fast 5 Millionen ausländische Reisende Albanien, so die Zahlen des albanischen Statistikinstituts Instat. Diese kommen bislang vor allem aus den Nachbarländern.

Albanien wird auch bei Reiseanbietern beliebter

Große Reiseveranstalter hatten das Land trotz steigender Nachfrage lange Zeit nicht im Programm. Mittlerweile bieten aber auch diese Pauschalreisen nach Albanien an. Auch die Herausforderung fehlender Low-Cost-Carrier ist Vergangenheit und Flüge in die Hauptstadt Tirana werden zu günstigen Preisen angeboten.

Die Infrastruktur hat große Schwierigkeiten bei dieser Nachfrage mitzuhalten. In den Küstenorten wurde teilweise ein unkontrollierter Bauboom entfacht. Die entsprechende Infrastruktur kann schon lange nicht mehr mithalten. Internationale Geberbanken wie die Weltbank oder die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung unterstützen Albanien bei der Entwicklung der Infrastruktur.

Synergien bleiben häufig noch ungenutzt

Nach wie vor gibt es noch viel ungenutztes Potenzial, da sich der Küstentourismus vor allem auf den Badetourismus beschränkt. Angebote, die Brücken zu Kultur, Wandern, Tauchen oder Kulinarik schlagen, fehlen oder sind überschaubar. Dies gilt auch für ankommende Boote und Jachten. Hier müssen sowohl die Infrastruktur als auch das Dienstleistungsportfolio ausgebaut werden, so die Studie "Realizing the Blue Economy Potential in Albania“ der Weltbank.

Demnach gibt es nur rund 350 Anlegeplätze für Jachten. Rund doppelt so viele sollten es mindestens sein. Die begleitende Infrastruktur wie Werkstätten, Transportverbindungen oder Unterhaltungsprogramm fehlt. Hier werden sich neue Möglichkeiten für die Privatwirtschaft ergeben.

Serbiens alte Bäder suchen neuen Glanz

Noch ist Serbien als Ziel für Heil- und Thermalquellen nur wenig bekannt. Derzeit wird das Potenzial der rund 50 Spa-Zentren und über 500 Mineralquellen nicht ausgeschöpft. Dabei hatten bereits die Römer Thermalbäder in Serbien genutzt. Diese Tradition wurde später in Jugoslawien fortgesetzt. So war der Kurort Vrnjačka Banja eines der beliebtesten Urlaubsziele im Vielvölkerstaat. Nun wollen die Gemeinden und Städte diese Möglichkeiten wieder nutzen und so ein saisonunabhängiges Standbein schaffen. Eine Studie der Stiftung Most Europa für die ständige Konferenz der Städte und Gemeinden in Serbien stellt Empfehlungen für die Entwicklung des Bereichs zusammen. Die Autoren empfehlen ein klares Branding für Spa- und Gesundheitstourismus, aber auch die Qualifizierung des Personals sowie die Instandsetzung der bereits bestehenden Infrastruktur. "Obwohl nur eine Nische, hat der Bereich Spa vielversprechendes Potenzial für Serbiens Tourismusbranche - gerade aufgrund der Vielzahl natürlicher Mineralquellen. Um dieses Potenzial zu entfalten, benötigt Serbien eine gezielte und ambitionierte Strategie. Ein Weg zu neuen Angeboten könnten auch öffentlich-private Projekte sein,“ sagt Sophia Kluge, Leiterin der Stiftung und Co-Autorin.

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