Die großen Solarausschreibungen wurden als EPC-Modell ausgeschrieben. Lokale Zulieferungen sind verpflichtend.
Algerien hat sich wie viele andere Länder ambitionierte Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien gesetzt. Bis 2035 sollen 15 Gigawatt Leistung aus regenerativen Energieträgern stammen. Aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung - 80 Prozent des Landes sind von der Sahara bedeckt - und der gesunkenen Kosten für Solarmodule liegt der Schwerpunkt dabei eindeutig auf der Solarenergie. Es sind aber außerdem Projekte in der Windkraft, der Biomasse, der Geothermie und Kraft-Wärme-Kopplung geplant.
Experten schätzen das wirkliche Tempo als langsamer ein. So geht die Economist Intelligence Unit davon aus, dass bis 2033 lediglich 5,5 Gigawatt an Solarkapazitäten im Stromnetz installiert sein werden.
Erneuerbare sollen mehr Gasexporte ermöglichen
Die staatliche Regulierungskommission (Commission de Regulation de l'Electricité et du Gaz) legt per Verordnung die Strompreise fest. Dabei variieren die Kosten je nach Verbrauch, es gibt insgesamt vier Kategorien.
Der algerische Staat subventioniert die Strompreise - die Produktionskosten liegen über den Preisen. Auch deshalb ist es für Algerien attraktiver, das produzierte Gas im Export zu verkaufen, als es für die Produktion von Strom für den Inlandsverbrauch zu nutzen. Erneuerbare Energien sollen den steigenden Strombedarf im Land decken.
Die Preise für Haushalte pro Kilowattstunde lagen im September 2023 dem Internetportal Global Petrol Prices zufolge bei umgerechnet 3,37 Eurocent. Zum Vergleich: Weltweit zahlten Verbraucher im Durchschnitt 14 Eurocent pro Kilowattstunde.
Sonelgaz ist staatlicher Monopolist bei der Energieversorgung
Die staatliche Energieversorgung wird von Sonelgaz und seinen Tochtergesellschaften dominiert, die ein Monopol bei der Strom- und Gasversorgung haben. Für den Ausbau der erneuerbaren Energien ist vor allem das Energieministerium zuständig. Das erst 2020 gegründete Ministerium für die Energiewende und Erneuerbare Energien wurde im September 2022 im Rahmen einer Kabinettsumbildung aufgelöst. In den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Umwelt und erneuerbare Energien (MEER) fallen die kleinen Erneuerbaren-Energien-Projekte.
Das CEREFE (Commissariat aux Energies Renouvelables et à l'Efficacité Energetique) ist eine staatliche Institution im Zuständigkeitsbereich des Premierministers. Sie wurde 2019 gegründet und ist dafür zuständig, die staatlichen Programme im Bereich der erneuerbaren Energien zu evaluieren und leistet bei der Umsetzung von Projekten technische Beratung.
Die neue staatliche Stelle SHAEMS (Société Algérienne des Energies Renouvelable) entstand 2021 als Tochterunternehmen von Sonelgaz und Sonatrach und sollte mit der Umsetzung der Programme zum Ausbau der Erneuerbaren betraut sein. Allerdings spielt SHAEMS derzeit keine Rolle mehr und wurde von Sonelgaz übernommen. Die beiden großen Ausschreibungen im Bereich der Solarenergie laufen nun ausschließlich über Sonelgaz.
Die Ausschreibungen im Energiebereich werden im Ausschreibungsblatt des Energiesektors BAOSEM veröffentlicht. BAOSEM ist eine Tochtergesellschaft der Konzerne Sonatrach und Sonelgaz und wurde am 17. November 2002 gegründet.
Local Content spielt wichtige Rolle
Bewerber auf die großen Solarausschreibungen müssen sich verpflichten, einen bestimmten Anteil der eingesetzten Produkte und Dienstleistungen von algerischen Herstellern zu beziehen. Laut Boukhalfa Yaici vom Green Energy Cluster Algeria liegen bei den beiden großen Ausschreibungen die Anforderungen an den Local Content bei mindestens 35 Prozent.
Ausschreibungen laufen als EPC-Modell
Ursprünglich wurde das Projekt Solar 1000 im Dezember 2021 für unabhängige Stromerzeuger (IPP) ausgeschrieben. Dies hätte bedeutet, dass der Bauträger gleichzeitig auch als Betreiber fungiert hätte. Nach mehreren Verzögerungen wurde schließlich zu einem reinen Bauvertrag nach dem EPC-Modell (Engineering, Procurement, Construction) gewechselt. Dies bedeutet, dass nach einer gewissen Übergangsfrist der staatliche Stromversorger Sonelgaz die Anlagen betreibt.
Madjid Chikh erklärt die Umsetzung als EPC-Modell mit der fehlenden Erfahrung bei IPP-Projekten. Die Finanzierbarkeit und damit die Bankfähigkeit der Stromabnahmeverträge wäre zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben. Das CEREFE setze sich aber dafür ein, dass solche Modelle des privaten Betriebs mehr bedacht werden.
Nach Berechnungen der Economist Intelligence Unit liegen die Kosten durch die Vergabe als EPC-Projekt nun bei 2 Milliarden US-Dollar. Somit hängt eine Umsetzung von der Haushaltslage ab. Denn die Finanzierung der Projekte wird der algerische Staat alleine stemmen.
Die Ausschreibungen stehen allen Unternehmen offen - national wie international. Die 51/49-Regel, nach der ausländische Unternehmen immer einen lokalen Partner mit Mehrheitsanteilen an Projekten benötigt hatten, wurde bereits vor einigen Jahren für sogenannte nicht strategische Bereiche abgeschafft. Bei den Ausschreibungen erhält grundsätzlich das Unternehmen mit dem niedrigsten Angebot den Zuschlag. Von der Ausschreibung über 2.000 Megawatt zu der Ausschreibung über 1.000 Megawatt konnte ein Rückgang der Tarifkosten erreicht werden. Von durchschnittlich 7,3822 Dinar (rund 5,5 Eurocent) pro Kilowattstunde für das 2-Gigawatt-Projekt auf 6,0885 Dinar (rund 4,5 Eurocent) pro Kilowattstunde für Solar 1000. Damit liegen die Kosten aber noch deutlich über den Großprojekten der Golfstaaten.
Nach Vorstellungen vom CEREFE müsste der Rechtsrahmen angepasst werden, um neben der Nutzung von Erneuerbaren für den Eigenbedarf auch die Einspeisung in das Stromnetz zu ermöglichen. Dies ist derzeit noch nicht möglich. So wurden über ein Programm zur Ausstattung von Schulen mit PV-Anlagen bisher auf den Dächern von 1.200 Schulen Solaranlagen montiert - produziert wird aber nur für den Eigenbedarf. Ohne Speichermöglichkeit geht der an Wochenenden und in den Ferien produzierte Strom verloren. Madjid Chikh bleibt aber optimistisch, denn es werde derzeit an einem Rechtrahmen gearbeitet, um die produzierte Energie von Haushalten, Industrie und dem Dienstleistungssektor auch ins Netz einzuspeisen.
AHK Algerien ist erste Anlaufstelle für deutsche Unternehmen
Für deutsche Unternehmen bleibt Algerien ein herausfordernder Markt. Firmen, die einen Markteintritt im Land planen, sollten Kontakt zur deutsch-algerischen Industrie- und Handelskammer aufnehmen. Im Rahmen der Exportinitiative Energie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz finden immer wieder Informationsveranstaltungen oder Geschäftsreisen für deutsche Unternehmen mit einem Interesse am algerischen Markt statt.
Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.
Von Verena Matschoß
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Tunis