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Wirtschaftsausblick | Algerien

Algeriens Konjunktur profitiert von hoher Gasnachfrage

Mit den Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft federt die Regierung gestiegene Lebenshaltungskosten ab. Die private Nachfrage sorgt wieder für Wachstumsimpulse.

Von Friedrich Henle | Berlin

Top-Thema: Sozialleistungen und Subventionen steigen

Öl und Gas dominieren die algerische Wirtschaft. Eine starke Nachfrage nach Energierohstoffen, vor allem aus Europa, bescheren dem nordafrikanischen Land weiterhin eine gute konjunkturelle Ausgangslage. In den Rohstoffsektor fließen vermehrt ausländische Direktinvestitionen. Davon profitiert auch der Staatshaushalt. Etliche Infrastrukturprojekte, die während der Coronapandemie gestoppt wurden, hat die Regierung nun wieder angeschoben.

Der Löwenanteil der zusätzlichen Einnahmen fließt jedoch nicht in Investitionen, sondern in Sozialleistungen, Subventionen auf Grundnahrungsmittel und höhere Gehaltsausgaben für Staatsbedienstete. Diese Tendenz dürfte in den kommenden Monaten auch deshalb anhalten, da für den 7. September 2024 Präsidentschaftswahlen angekündigt worden sind. Eine erneute Kandidatur des amtierenden Staatspräsidenten Abdelmadjid Tebboune gilt als sicher.

Wirtschaftsentwicklung: Noch nicht vom Gaspreis entkoppelt

Das algerische Wirtschaftsmodell stößt immer dann an seine Grenzen, wenn die Weltmarktpreise für Energierohstoffe sinken. Denn die angestrebte Diversifizierung der Wirtschaft kommt nur langsam voran. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll 2024 nach Schätzungen der Economist Intelligence Unit (EIU) aber um real 3,7 Prozent zunehmen. Die algerische Regierung geht von einem BIP-Wachstum von 4,2 Prozent aus. Wachstumstreiber sind das florierende Geschäft mit Öl und Gas, staatlich finanzierte Investitionsprojekte sowie der Anstieg des privaten Konsums.

Mittelfristig bietet sich ein höheres Wachstumspotenzial, falls die Regierung weitere Schritte zur Marktöffnung und Reformen umsetzt. Das betrifft zum einen den Öl- und Gassektor, in den traditionell die meisten Investitionen fließen. Der Bergbau stößt ebenfalls auf verstärktes Interesse von Investoren.

Zudem könnte sich im Energiesektor eine neue Wertschöpfungskette mit erneuerbaren Energien bis hin zur Produktion von grünem Wasserstoff etablieren. Die räumlichen und klimatischen Bedingungen dafür sind in Algerien sehr gut. Zuletzt hat der staatliche Strom- und Gasversorger Sonelgaz Solarkraftkapazitäten über 3 Gigawatt in Auftrag gegeben. Weitere Branchen mit großem Potenzial sind die Nahrungsmittel- sowie die Automobilindustrie.

Investitionen: Internationales Interesse am Energiesektor nimmt zu

Die Bemühungen Europas zur Diversifizierung von Gaslieferungen machen Algerien zu einem noch wichtigeren Partner für den Energiebereich. Zudem scheint sich eine günstigere Gesetzgebung für den Upstream-Bereich seit dem Jahr 2020 auszuzahlen. Die Abgabenlast für Investoren wurde gesenkt und die Möglichkeiten der Vetragsgestaltung erweitert. Der staatliche Öl- und Gaskonzern Sonatrach schloss in der Folge etliche neue Explorationsabkommen mit internationalen Energiekonzernen. Im Zeitraum 2024 bis 2028 will Sonatrach zudem 50 Milliarden US-Dollar für neue Investitionen ausgeben. 

In den vergangenen Jahren hatten Unternehmen die Investitionsbedingungen in Algerien als herausfordernd beschrieben. Ein im Juli 2022 veröffentlichtes neues Investitionsgesetz soll Abhilfe schaffen unter anderem durch vereinfachte Antragsprozesse für Genehmigungen und Fördermittel. Die neu ins Leben gerufene Investitionsförderagentur AAPI (Agence Algérienne de Promotion de l'Investissement) meldet für den Zeitraum November 2022 bis Mitte Mai 2024 rund 7.000 neue Investitionsvorhaben, darunter 123 mit ausländischer Beteiligung.

Konsum: Positive Impulse durch niedrigere Inflation und Subventionen 

Eine hohe Inflationsrate, insbesondere bei Lebensmitteln, schmälerte in den letzten Jahren die Kaufkraft der algerischen Bevölkerung. Der Preisanstieg verlangsamte sich zuletzt aber etwas. Die EIU sagt für das Jahr 2024 eine durchschnittliche Rate von 6 Prozent voraus. Im Jahr 2023 hatte die Inflation noch bei 9,3 Prozent gelegen.

Mit kräftigen Lohnsteigerungen im öffentlichen Sektor, Rentenerhöhungen und weiteren Sozialprogrammen will die Regierung für Entlastung sorgen. Vorgesehen ist auch eine Erhöhung der Subventionen für Grundnahrungsmittel und Kraftstoffe. Staatsunternehmen stellen vermehrt neues Personal ein. Im Ergebnis soll der private Konsum im Jahr 2024 laut EIU um 3,8 Prozent steigen.

Außenhandel: Trotz positiver Bilanz bleiben Risiken

Algerien ist 2023 mit einem Anteil von 19 Prozent der zweitwichtigste Lieferant (nach Norwegen) von Pipelinegas für die EU geworden. Hohe Weltmarktpreise haben in den letzten beiden Jahren aus algerischer Sicht für einen deutlichen Handelsüberschuss gesorgt. Das Risiko bleibt, dass niedrigere Öl- und Gaspreise mittelfristig wieder zu einem Defizit führen. Die Bemühungen zur Diversifizierung zeigen zwar langsam Ergebnisse, aber auf niedrigem Niveau.

Auf der anderen Seite importiert das Land in großem Umfang Investitions- und Verbrauchsgüter. Unternehmensvertreter berichten von mitunter bürokratischen Importverfahren und kurzfristig verhängten Importverboten für bestimmte Güter.

Deutsche Perspektive: Ausbau der Zusammenarbeit im Energiebereich

Deutschlands Lieferungen nach Algerien überschritten im Jahr 2023 wieder die Schwelle von 2 Milliarden Euro. Und die Tendenz ist weiter positiv: In den Monaten Januar bis März 2024 stiegen die deutschen Exporte um 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Besonders stark entwickelten sich die Lieferungen von Kraftfahrzeugen und Kfz-Teilen (plus 106 Prozent). Hier zeigen die erleichterten Importbedingungen durch die algerischen Behörden Wirkung.

Algerien exportiert in erster Linie Erdöl sowie Erdölerzeugnisse nach Deutschland. Im Februar 2024 unterzeichnete der Gashändler VNG mit Sonatrach einen Liefervertrag. Nach VNG-Angaben ist es das erste Mal, dass ein deutsches Unternehmen Pipelinegas aus Algerien beziehen wird. Langfristig soll grüner - mit erneuerbaren Energien erzeugter - Wasserstoff ebenfalls eine Rolle spielen. Im Rahmen der Deutsch-Algerischen Energiepartnerschaft wird das Thema verstärkt behandelt.

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