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Klimaschutz-AtlasKlimagesetze: Neue Gesetze in der Pipeline
Dringend erwartet werden die angekündigten Gesetze zu Wasserstoffwirtschaft und Elektromobilität. Doch nicht alle erlassenen Gesetze treten in Kraft. Oft hapert auch die Umsetzung.
04.09.2023
Von Stefanie Schmitt, Carl Moses | Santiago de Chile, Buenos Aires
In Argentinien beschäftigt sich eine Reihe von Gesetzen mit den Themen Klima und Umwelt. Die Palette reicht von Umweltbildung allgemein über branchenspezifische Gesetze (einschließlich zu Kraftstoffen und Energieerzeugung) bis zum Schutz von Natur und Lebensräumen im weitesten Sinne. In Hinblick auf den Klimawandel trat im Dezember 2019 das Gesetz Nr. 27.520 über Mindestvorgaben für die Anpassung an und die Eindämmung des globalen Klimawandels in Kraft, welches wiederum die Grundlage bildete für den "Nationalen Plan zur Anpassung und Eindämmung des Klimawandels bis 2030" vom November 2022.
Umweltbildung soll nachhaltige Entwicklung stärken
Das im November 2020 verabschiedete Gesetz Nr. 27.592 soll gewährleisten, dass Personen, die in öffentlichen Ämtern arbeiten, eine umfassende Ausbildung im Bereich der Umwelt mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung und mit besonderem Schwerpunkt auf dem Klimawandel erhalten.
Das Gesetz 27.621 über eine integrale Umweltbildung macht Vorgaben zur Umsetzung auf Provinzebene entsprechend der jeweiligen soziokulturellen und ökologischen Besonderheiten. Das Bildungsministerium erstellt Unterrichtsmaterialien zu Themen wie Klimawandel, Abfall- und Kreislaufwirtschaft, Naturschutzgebiete, Schutz vor Waldbränden, Biodiversität, Flächennutzungsplanung und Wasserressourcen.
Abgesehen vom ausstehenden Gesetz zur Wasserstoffwirtschaft ist auch das Gesetz zum Schutz von Feuchtgebieten bereits seit Jahren im Gespräch. Derzeit gibt es mehrere Entwürfe, die Mindestanforderungen für den Schutz und die sinnvolle Nutzung von Feuchtgebieten festlegen. Sie sollen deren Missbrauch verhindern und die Wahrscheinlichkeit verringern, dass es in Dürreperioden zu Waldbränden kommt.
Branchenspezifische Gesetze für erneuerbare Energie, Wasserstoff und E-Mobilität
Argentinien hatte bereits 2005 ein Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energieträger verabschiedet, die darin niedergeschriebenen ehrgeizigen Ziele in der Praxis jedoch nicht umgesetzt. Gemäß dem 2019 neu formulierten Gesetz über erneuerbare Energieträger (Gesetz 27.191) soll der Anteil Erneuerbarer (ohne große Wasserkraft) an der Stromversorgung bis 2025 auf 20 Prozent steigen; um dies zu erreichen, werden diverse Steuervorteile gewährt. Im Jahr 2022 steuerte die Windkraft fast 10 Prozent zur landesweiten Stromproduktion bei; der Anteil der Solarenergie lag bei 2 Prozent, der von Biogas und Biomasse bei insgesamt knapp 1 Prozent.
Im Jahr 2022 gingen acht größere Projekte mit einer gesamten installierten Leistung von 47,5 Megawatt ans Netz. Das ist wenig für ein Land wie Argentinien. Doch Firmenvertreter beklagen vor allem unkalkulierbar lang dauernde und von Provinz zu Provinz unterschiedliche Genehmigungsverfahren.
Auch ein erstes Gesetz zu Wasserstoff hatte das Parlament von Buenos Aires bereits 2006 verabschiedet. Allerdings wurden die notwendigen Durchführungsbestimmungen nicht formuliert. Jetzt ist ein neues Gesetz zur Förderung der Wasserstoffwirtschaft in Vorbereitung. Eigentlich hätte es bereits 2022 kommen sollen. Ob im Wahljahr 2023 noch positiv über dies Thema beschieden wird, ist offen. Branchenvertreter wünschen sich das Gesetz zwar baldmöglichst, sehen aber, dass vor den Wahlen andere Themen Priorität haben.
Ebenso geplant ist ein Gesetz zur Förderung der Elektromobilität. Es soll die gesamte Wertschöpfungskette vom Lithium bis zu Batterien und Elektroautos abbilden. Wenn der aktuelle Gesetzentwurf angenommen wird, dann dürften nach einem Bericht der Tageszeitung La Nación ab 2041 in Argentinien keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden. Zudem verpflichtete sich der Staat zu Quoten im öffentlichen Nahverkehr. Außerdem sieht der Entwurf die Einführung von grünen Gutscheinen vor für Rabatte auf Fahrzeuge und Ladegeräte. Elektrofahrzeuge werden von der Einkommensteuer befreit.
Gesetz | Umsetzung |
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Im Bereich Umweltbildung/-erziehung | |
27.592 | Das im Dezember 2020 veröffentlichte Gesetz soll eine umfassende Ausbildung im Umweltbereich für Personen in öffentlichen Ämtern gewährleisten. Dabei sollen diese Personen Umweltfragen in die Gestaltung, Planung und Umsetzung von Maßnahmen miteinbeziehen. |
27.621 | Das Gesetz vom Juni 2021 zielt auf eine ganzheitliche Umwelterziehung in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der nationalen Verfassung. Umwelterziehung ist zu fördern und in alle Bildungsbereiche zu integrieren. Durch den gemeinsamen Beschluss Nr. 6/2022 des Ministeriums für Umwelt und nachhaltige Entwicklung und des Bildungsministeriums wurde die Exekutivkoordination der Nationalen Strategie für integrale Umwelterziehung (CENEAI) geschaffen, durch die die ständige interministerielle, interjurisdiktionelle und intersektorale Koordination zur Erfüllung des Gesetzes 27.621 über integrale Umwelterziehung wirksam wird. |
Im Bereich Energie | |
26.123 | Das Gesetz vom August 2006 erklärte die technische Entwicklung, Produktion und Nutzung von Wasserstoffbrennstoff und anderen alternativen Energiequellen zum nationalen Interesse. Das Gesetz war 15 Jahre lang in Kraft, wurde aber nie geregelt. Seit 2021 ist es nicht mehr rechtskräftig. Derzeit werden in den Ausschüssen des Nationalkongresses zwei Gesetzentwürfe zur Förderung von Wasserstoff diskutiert. Gesetzentwürfe des Senats: 620/22 und 2171/22. |
27.640 | Mit dem Gesetz vom August 2021 wird der Rechtsrahmen für Biokraftstoffe geschaffen. Es deckt alle Tätigkeiten in den Bereichen Herstellung, Lagerung, Vermarktung und Beimischung von Biokraftstoffen ab. Die Gültigkeit des Gesetzes läuft bis zum 31. Dezember 2030 und kann nach Ablauf einmalig um weitere fünf Jahre verlängert werden. |
27.430 | Das Gesetz wurde im Dezember 2017 verabschiedet und ist im März 2018 in Kraft getreten. Es sieht die Änderung des Gesetzes 23.966 von 1991 vor, mit dem Steuern auf flüssige Brennstoffe und Kohlendioxid eingeführt werden. Der Steuerbetrag wird vierteljährlich durch einen allgemeinen Beschluss der Bundesverwaltung für öffentliche Einnahmen (AFIP) festgelegt und pro Kalenderquartal auf der Grundlage der Veränderungen des Verbraucherpreisindexes (IPC), der vom Nationalen Institut für Statistik und Volkszählungen bereitgestellt wird, aktualisiert. Die letzte Aktualisierung (April - Mai 2023) wurde durch den AFIP-Beschluss 4.257 veröffentlicht. Treibhausgasemissionen, die durch industrielle Prozesse, Viehzucht, Abfallentsorgung und Landnutzungsänderungen entstehen, sowie Biokraftstoffe sind von der Kohlenstoffsteuer ausgenommen. |
27.424 | Das im Dezember 2017 verabschiedete Gesetz zielt darauf ab, die Politik festzulegen und die rechtlichen und vertraglichen Bedingungen für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen durch Nutzer des Verteilernetzes für den Eigenverbrauch zu schaffen; es regelt die Einspeisung dieses dezentral erzeugten Stroms in das öffentliche Netz. |
27.191 | Das im Oktober 2015 verabschiedete Gesetz schafft ein nationales Förderprogramm für die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zur Stromerzeugung. Das Programm gilt bis 2025. Es enthält unter anderem nationale Ziele für erneuerbare Energieträger, und sieht die Einrichtung eines Fonds für die Finanzierung von Projekten für erneuerbare Energieträger vor. |
Bereich Umweltschutz | |
26.639 | Das Gesetz wurde im Oktober 2010 verabschiedet und legt ein Mindestbudget für den Schutz der Gletscher und der periglazialen Umwelt fest. Zentrales Ziel ist es, diese strategischen Wasserreserven zu erhalten. Ein Bergbauunternehmen reichte 2011 mit Unterstützung der Provinz San Juan eine Klage gegen die nationale Regierung ein. Es wollte nachweisen, dass das Gletschergesetz verfassungswidrig sei. Im Juni 2019 erklärte der Oberste Gerichtshof jedoch einstimmig, dass das Gletschergesetz verfassungsgemäß ist. |
27.520 | Das im Dezember 2019 verabschiedete Gesetz legt Mindestbudgets für den Umweltschutz fest, um Maßnahmen, Instrumente und Strategien zur Untersuchung der Auswirkungen des Klimawandels zu gewährleisten. Das Gesetz enthält jedoch keine genauen Regeln für die Umsetzung der Treibhausgasreduzierung. |
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