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Brasilien auf dem Weg zu einer führenden Nation für Solarenergie
Der Fotovoltaiksektor wächst rasant. 2032 könnte Brasilien das Land mit der fünftgrößten PV-Leistung weltweit sein. Das bietet Chancen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
12.07.2024
Von Dennis Barbosa | São Paulo
Die Fotovoltaik (PV) in Brasilien boomt. Schon heute liegt das Land bei der installierten PV-Kapazität auf Platz 6 weltweit. Dies geht aus einem Bericht der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) vom März 2024 hervor. Die Beratungsgesellschaft Wood Mackenzie prognostiziert, dass Brasilien bis 2032 auf den fünften Platz vorrücken wird, nach China, den USA, Indien und Deutschland.
Solarenergie ist zweitwichtigste Stromquelle
Der Anteil der Solarenergie am brasilianischen Strommix beträgt aktuell 18,2 Prozent. Damit liegt sie auf Platz 2 nach der Wasserkraft. Die installierte Gesamtleistung beträgt 43 Gigawatt.
Die großen Solarprojekte konzentrieren sich hauptsächlich auf den Nordosten Brasiliens sowie auf die Bundesstaaten Minas Gerais und São Paulo. Dagegen ist die dezentrale Erzeugung im ganzen Land verbreitet.
Gros der installierten Leistung entfällt auf dezentrale PV-Anlagen
Der Großteil der installierten PV-Kapazität entfällt auf dezentrale Anlagen. Ihre Gesamtleistung beträgt 29,2 Gigawatt. Sie verteilt sich auf über 2,6 Millionen Systeme, die hauptsächlich in Wohnhäusern, städtischen Gewerbebetrieben und ländlichen Gebieten zu finden sind. PV-Anlagen sind die mit Abstand wichtigste dezentrale Stromquelle in Brasilien.
Großanlagen finden Abnehmer auf dem freien und regulierten Strommarkt
Die installierte Kapazität von PV-Großanlagen beträgt insgesamt 13,8 Gigawatt. In diese Kategorie ("zentrale Erzeugung") fallen Anlagen mit einer Leistung ab 5 Megawatt. Der Strom aus diesen Anlagen kann sowohl auf dem freien Markt (ACL) als auch auf dem regulierten Markt (ACR) gehandelt werden.
Der brasilianische Stromsektor ist teilweise privatisiert, mit privaten und staatlichen Akteuren, und größtenteils entflechtet. Das bedeutet, dass Erzeugung, Übertragung und Verteilung getrennt verwaltet werden. Auf dem regulierten Markt konkurrieren Erzeuger bei öffentlichen Auktionen um Langzeitlieferverträge, während auf dem freien Markt die Stromlieferverträge (PPA) zwischen Erzeugern und Verbrauchern über Vermittler abgeschlossen werden. Detaillierte Informationen über den Strommarkt sind auf der Webseite der CCEE verfügbar.
Investor | Projekte | Standort (Bundesstaat) | Kapazität (MWp) | Status |
---|---|---|---|---|
Solatio | verschiedene Projekte, Namen nicht veröffentlicht | Piauí | 4.000 | In Planung |
Atlas Renewable Energy | Luiz Carlos, Vista Alegre | Minas Gerais | 1.689 | Im Bau |
Elera Renováveis (Brookfield) | Janaúba | Minas Gerais | 1.200 | In Betrieb und im Ausbau |
Casa dos Ventos | Babilônia Sul, Babilônia Centro, Serra do Tigre, Rio do Vento unter anderen | Regionen Nordost, Südost und Mittelwest | 1.000 | In Planung |
Enel Green Power | Parque Solar São Gonçalo | Piauí | 864 | In Betrieb und im Ausbau |
Essentia Energia (Pátria Investimentos) | Sol do Sertão | Bahia | 474 | In Betrieb |
Gerdau und Newave Energia | Arinos | Minas Gerais | 420 | Im Bau |
Neoenergia (Iberdrola) | Complexo Solar Luzia | Paraíba | 149 | In Betrieb |
Equinor | Serra da Babilônia | Bahia | 140 | In Planung |
Delta Energia | 20 Kraftwerke | São Paulo, Rio de Janeiro, Mato Grosso do Sul, Distrito Federal | 86 | 8 fertig, 6 im Bau, 6 geplant |
Für Solarenergie prädestiniert
Brasilien verfügt über geografische und klimatische Bedingungen, die die Erzeugung von Solarenergie begünstigen, insbesondere die ganzjährig hohe Sonneneinstrahlung in weiten Teilen des Landes. Die durchschnittliche globale horizontale Einstrahlung im Land liegt laut der Mai-Ausgabe des Global Solar Atlas der Weltbank zwischen 4,15 und 6,12 Kilowattstunden pro Quadratmeter täglich, während Deutschland Werte zwischen 2,75 und 3,34 aufweist. Kalifornien liegt im Bereich von 4,17 bis 6,04.
Zur Expansion der Solarenergie haben auch die von der brasilianischen Bundesregierung gewährten Subventionen für die Installation neuer Solarparks beigetragen. Im April 2024 unterzeichnete Präsident Luiz Inácio Lula da Silva eine vorläufige Maßnahme, die die Frist für die Umsetzung neuer subventionierter Wind- und Solarprojekte um 36 Monate verlängert.
Laut Daten der Nationalen Elektrizitätsbehörde (Aneel) beläuft sich der Bestand an geförderten Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien seit 2021 auf rund 145 Gigawatt. Davon sind 88 Gigawatt genehmigt, aber noch nicht im Bau. Die Subventionen erfolgen in Form von Rabatten auf die Gebühren für die Nutzung der Übertragungs- und Verteilungssysteme. Die Vergünstigungen sollen sicherstellen, dass die Projekte realisiert werden.
Die Maßnahme ist umstritten. Experten argumentieren, dass die Anreize in der Vergangenheit geschaffen wurden, um die Ausweitung der erneuerbaren Energien im Land zu fördern. Dies ist bereits geschehen. Außerdem tragen die Energieverbraucher die Kosten der Subventionen.
In Brasilien ist ein vielfältiger Solarsektor entstanden
Für deutsche Investoren bietet der wachsende Markt zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten. Firmen wie SMA Solar Technology und Krannich Solar sind bereits im Land aktiv. Im August 2023 schloss das deutsche Unternehmen BayWa r.e. die Übernahme von Ribeiro Solar ab, einem Familienunternehmen, das Fotovoltaiksysteme vertreibt und hauptsächlich im Süden Brasiliens tätig ist.
Auch eine ganze Reihe lokaler Hersteller hat sich in den vergangenen Jahren etabliert. Allein im Rahmen eines spezifischen Finanzierungsprogramms der nationalen Entwicklungsbank BNDES sind folgende Hersteller registriert:
- 148 Hersteller von Fotovoltaiksystemen (Kits),
- 15 von Wechselrichtern,
- 13 von Solartrackern,
- 8 von Solarmodulen,
- 5 von Batterien und
- 5 von String-Boxen
Dies weist auf die Bildung eines robusten und vielfältigen Sektors hin, von der Herstellung von Hauptkomponenten bis hin zu kompletten Systemen.
"Wir sehen ein großes Wachstumspotenzial für die kommenden Jahre. Mit der Einführung neuer Technologien wie der Energiespeicherung können wir mit dieser erneuerbaren Quelle auch Flexibilität gewinnen", sagt Takata von ABSolar in einem Interview mit GTAI.
Investitionsklima birgt Herausforderungen
Trotz der vielversprechenden Wachstumspotenziale steht der Solarsektor in Brasilien vor einigen Herausforderungen. Investoren sollten das anspruchsvolle Investitionsumfeld nicht unterschätzen. Bürokratische Hürden, ein Mangel an Fachkräften, ein komplexes Steuersystem und rigide Arbeitsgesetze können sowohl kostspielig als auch zeitaufwendig sein. Auch die Prozesse für die Erlangung notwendiger Lizenzen und der Anschluss an das Stromnetz gestalten sich oft langwierig und komplex.
Der Solarenergiemarkt in Brasilien ist darüber hinaus stark von Importen abhängig. Die Einnahmen werden in Real erzielt, während der Dollarkurs wegen der hohen Importabhängigkeit einen erheblichen Einfluss auf die Investitionskosten hat. Zudem beeinflussen Steuern und Importzölle die Investitionskosten erheblich. Ständige Änderungen in diesem Bereich erfordern kontinuierliche Aufmerksamkeit.