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Halal und koscher: Globales Schwergewicht mit kleinem Binnenmarkt

Brasilien ist einer der größten Exporteure für Halal-Lebensmittel weltweit. Der eigene Markt spielt sowohl für Halal- als auch für koschere Lebensmittel eine untergeordnete Rolle.

Von Johannes Dimas | Rio de Janeiro

Der Markt für Halal- und koschere Lebensmittel bietet der Agrargroßmacht Brasilien viele Chancen. Die globale Nachfrage in beiden Produktkategorien steigt. Zudem lassen sich für entsprechende Nahrungsmittel regelmäßig höhere Preise durchsetzen. Dies trifft insbesondere auf tierische Produkte zu. Wichtige Voraussetzung ist dabei die entsprechende Halal- oder koschere Zertifizierung. Brasiliens Agrobusiness hat sich darauf eingestellt.

Brasilien ist wichtiger Lieferant von Halal-Lebensmitteln

Brasilien ist noch vor Indien und den USA der größte Lieferant von Lebensmitteln der Mitgliedsstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIZ). Gemäß dem Bericht State of the Global Islamic Economy 2022 von DinarStandard beliefen sich die brasilianischen Nahrungsmittelexporte in diese Länder 2020 auf 16,5 Milliarden US-Dollar (US$). Wichtige Zielländer sind Iran, Saudi-Arabien und Ägypten.

Das weltweite Marktvolumen für Halal-Lebensmittel betrug 2021 geschätzt 1,27 Billionen US$. Bis 2025 prognostiziert DinarStandard einen Anstieg auf 1,67 Billionen US$. Neben Halal-Lebensmitteln, auf die 2020 rund 72 Prozent der gesamten Halal-Importe der OIZ-Länder entfielen, bieten auch die Bereiche Pharma, Kosmetik, Mode, Reisen, Medien und Erholung einen bedeutenden Absatzmarkt für halalzertifizierte Produkte. Diese Segmente sind kleinteiliger und für Brasilien weniger relevant. Experten sehen aber Ausbaupotenzial. Weltweit gaben die 1,9 Milliarden muslimischen Verbraucher 2021 in allen genannten Sektoren geschätzt 2 Billionen US$ aus.

Die vier größten Lebensmittellieferanten der Mitgliedsländer der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIZ; Exporte in Milliarden US-Dollar)

Land

2019

2020

Brasilien

16,2

16,5

Indien

14,4

15,4

USA

13,8

13,2

Russland

11,9

12,7

Quelle: DinarStandard mit Unterstützung durch Dubai Economy and Tourism (DET), 2022

Nach Angaben von Fambras, einem Betreiber von Halal-Zertifizierern, hängen in Brasilien landesweit geschätzt 1,5 Millionen Arbeitsplätze direkt oder indirekt mit dem Halal-Sektor zusammen. Dies sagte Fambras-Vizepräsident Ali Hussein El Zoghbi Ende 2021 in einem Interview mit dem Portal Salaam Gateway. Die eigene Mitarbeiterzahl beziffert er auf rund 1.500 Beschäftigte.

Im Fleisch- und Geflügelsektor dominieren große Produzenten wie BRF und JBS die brasilianische Halal-Produktion. Laut Fambras summierten sich die Exporte von Halal-Fleisch und -Geflügel 2020 auf rund 4,7 Milliarden US$. Brasilien exportierte ein Drittel seiner Hühnerfleischproduktion, wovon die Hälfte halal war. Beim Rindfleisch gingen circa 20 Prozent in muslimische Länder.

Der brasilianische Binnenmarkt für Halal-Produkte ist vergleichsweise unbedeutend. Muslime machen laut der letzten Volkszählung des brasilianischen Statistikamts IGBE aus dem Jahr 2010 nur 0,02 Prozent der gesamten Bevölkerung aus. Die meisten der rund 35.000 Muslime leben im Bundesstaat São Paulo (14.778) und im angrenzenden Paraná (8.706).

Brasilianische Unternehmen produzieren vor Ort

Brasilianische Unternehmen investieren auch im Ausland in die Halal-Produktion. So engagiert sich der brasilianische Gigant BRF unter anderem in der Türkei, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Deutsche Lieferanten von Lebensmitteltechnologie finden somit nicht nur in Brasilien Anknüpfungspunkte zur brasilianischen Industrie.

Vertrauen durch Digitalisierung

Die Digitalisierung eröffnet neue Wege zur Rückverfolgung und Validierung von Halal-Produkten. Experten diskutierten dieses Thema auf dem Global Halal Brazil Business Forum im Dezember 2021 in São Paulo. Mit dem Einsatz von Blockchain-Technologien kann der Zertifizierungsprozess sicher und zentral dokumentiert werden. QR-Codes am Produkt erleichtern die digitale Rückverfolgung.

Auf dem Forum war die Führungsriege der großen brasilianischen Fleisch- und Geflügelproduzenten BRF, JBS-Seara und Marfrig vertreten. Sie betonten, dass sie in die Nachhaltigkeit und Rückverfolgbarkeit ihrer Produkte investieren. So will Marfrig in den nächsten fünf Jahren umgerechnet knapp 93 Millionen US$ in eine nachhaltigere Produktion investieren. Die damit angestrebte Integration der Produktionskette, eine erhöhte Transparenz der Prozesse und die bessere Rückverfolgbarkeit der Produkte entspricht wichtigen Anforderungen an Halal-Lebensmittel. Die Überschneidungen zwischen Nachhaltigkeit und Halal bieten den Unternehmen Potenzial für Synergien.

Kleiner Binnenmarkt für koschere Produkte

Brasilien beherbergt nach Argentinien die zweitgrößte jüdische Gemeinde in Südamerika. Der brasilianische Markt für koschere Produkte ist dennoch überschaubar. Die laut der letzten Volkszählung von 2010 landesweit rund 107.000 Juden machen nur 0,06 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Sie leben vorwiegend im Südosten und Süden Brasiliens. Wichtigstes Zentrum ist der Staat São Paulo mit 51.050 Juden, gefolgt von Rio de Janeiro (24.451) und Rio Grande do Sul (7.805).

Als potentielle Konsumenten von koscheren Lebensmitteln kommen aber weitere Bevölkerungsgruppen in Betracht: Etwa die Siebenten-Tags-Adventisten. Der Kirche gehörten nach eigenen Angaben Ende 2021 rund 1,7 Millionen Menschen in Brasilien an. Sofern sie nicht gänzlich auf Fleisch verzichten, ist koscheres Fleisch grundsätzlich als "rein" anerkannt.

Keine Spitzenposition bei koscheren Exporten

Der globale Markt für koschere Lebensmittel ist kleiner als der für Halal-Lebensmittel. Ein Bericht von Research and Markets aus dem Jahr 2021 schätzt den Weltmarkt 2020 auf 27,3 Milliarden US$. Neben Israel sind die USA und Kanada wichtige Märkte.

Brasilien ist ein bedeutender Exporteur von tierischen Produkten nach Israel. Die Exporte betrugen 2019 laut dem Informationsdienst WITS der Weltbank 126,3 Millionen US$. Damit belegt Brasilien Platz sechs - hinter den südamerikanischen Konkurrenten Argentinien (1.) und Paraguay (4.).

Kontaktadressen

Bezeichnung

Anmerkungen

Arabisch-brasilianische Handelskammer

Mit einer Übersicht über Halal-Zertifizierer in Brasilien

FAMBRAS HALAL Certification LTDA.

Brasilianischer Halal-Zertifizierer

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