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Special | Brasilien | LkSG | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Verstoß gegen das Verbot von Zwangsarbeit und aller Formen der Sklaverei

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Brasilien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 u. 4 LkSG)

Kurzbeschreibung: Indikatoren für Zwangsarbeit sind das Einbehalten von Löhnen, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschäftigten, das Einbehalten von Ausweisdokumenten, die Schaffung unzumutbarer Arbeits- und Lebensverhältnisse durch Arbeit unter gefährlichen Bedingungen, unzumutbare Unterkünfte, exzessives Maß an Überstunden sowie die Anwendung von Drohungen und/oder Gewalt. Beispiele für Zwangsarbeit sind insbesondere Menschenhandel und Schuldknechtschaft. Das Verbot von Sklaverei umfasst sämtliche Formen von Herrschaftsausübung oder Unterdrückung im Umfeld der Arbeitsstätte, wie die extreme wirtschaftliche Ausbeutung und Erniedrigung.

Gesetzliche Grundlagen

Brasilien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und acht von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 29) und über die Abschaffung von Zwangsarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 105). Das ILO-Protokoll von 2014 zum Übereinkommen Nr. 29 über Zwangsarbeit hat Brasilien bislang nicht ratifiziert. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

Das Verbot der Sklaverei und Zwangsarbeit ist in Artikel 149 des brasilianischen Strafgesetzbuches festgelegt. Bei einem Verstoß sind Freiheitsstrafen von zwei bis acht Jahren sowie Straf- und Entschädigungszahlungen vorgesehen. Laut der Informationsplattform SmartLab des Arbeitsministeriums Ministério do Trabalho e Emprego (MTE) verabschiedeten weniger als 10 Prozent der insgesamt 5.570 Städte und Gemeinden politische Maßnahmen zur Bekämpfung von Zwangsarbeit. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich des Verbots von Zwangsarbeit und Sklaverei bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

Risiken

Brasilien wird im Global Slavery Index von 2023, der unter anderem die Verbreitung von Zwangsarbeit und Menschenhandel weltweit bewertet, in der Kategorie "Vulnerability to Modern Slavery" mit einem Wert von 47/100 Punkten eingestuft. Je höher der Wert, desto höher fällt das Risiko in Bezug auf Anfälligkeit für Zwangsarbeit aus. Das Land wird ähnlich eingeschätzt wie die regionalen Vergleichsländer Bolivien (47/100), Paraguay (47/100), Peru (47/100) und Ecuador (48/10) aber schlechter als Chile (22/100), Uruguay (27/100) und Argentinien (36/100). In Brasilien sind nach dem Index je 1.000 Personen fünf von Zwangsarbeit betroffen; 1,1 Millionen Menschen insgesamt. Zwangsarbeit ist in vielen Wirtschaftsbereichen zu finden. Die folgenden Sektoren weisen in Brasilien ein besonders hohes Risiko auf:

Vorfälle von Zwangsarbeit nach Wirtschaftsbereichen

Wirtschaftsbereich

Anteil (in Prozent)

Landwirtschaft

31,3

Viehwirtschaft

25,2

Bauwirtschaft

9,2

Holzwirtschaft

8,4

Kohle

6,9

Bergbau

4,6

Andere

14,5

Quelle: Arbeitsministerium Ministério do Trabalho e Emprego (MTE) 2017


Brasilien gehört zusammen mit Australien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Großbritannien und den USA zu den acht G20-Staaten, deren Vergaberecht Güter und Dienstleistungen von der öffentlichen Beschaffung ausschließt, wenn Zwangsarbeit eingesetzt worden ist.

Im Jahr 2022 ereigneten sich rund 40 Prozent der Ausbeutungsfälle im Bundesstaat Minas Gerais. Das gab die Arbeitsaufsichtsbehörde Secretaria de Inspeção do Trabalho (SIT) des Arbeitsministeriums Ministério do Trabalho e Emprego (MTE) bekannt. Die Abgeordneten des Staates debattieren verschärfte Strafmaßnahmen für die Agrarbetriebe wie den Wegfall von Steuervorteilen und von begünstigten Krediten. Aber auch auf föderaler Ebene entscheidet der Nationalkongress derzeit über verschiedene Gesetzesvorschläge, die härtere Strafen wie beispielsweise die Enteignung von Grundbesitz vorsehen. Im Jahr 2022 wurden 2.575 Menschen aus ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen befreit, davon 362 im Zuckerrohranbau, 273 in Hilfstätigkeiten in anderen agrarwirtschaftlichen Bereichen, 212 in Kohlemeilern, 171 im Knoblauchanbau, 168 im Kaffeeanbau, 126 im Apfelanbau, 115 in Steinbrüchen, 110 in der Rinderzucht, 108 im Sojaanbau, 102 in der Holzwirtschaft und 68 im Bau. Seit 2020 steigen die anonymen Anzeigen und die Fallzahlen, zeigt das Portal der Arbeitsaufsichtsbehörde Radar SIT. Im 1. Quartal 2023 wurden 918 Opfer von Arbeitsausbeutung registriert, die höchste Anzahl seit 15 Jahren. Die Arbeitgeber erhalten Geld- und Haftstrafen. 

Um mögliche Zwangsarbeitsrisiken in anderen Branchen Brasiliens zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Die Auslandshandelskammern in São Paulo, Rio de Janeiro und Porto Alegre (AHKn) bieten Informationen und Schulungen zum LkSG in portugiesischer Sprache an und unterstützen deutsche Unternehmen bei der Suche nach Partnern für Risikoanalysen und Audits. Die Daten der Arbeitgeber, denen Ausbeutung nachgewiesen wurde, werden für zwei Jahre auf der sogenannten "schmutzigen Liste" geführt. Die Lista Suja existiert seit 2004 und wird mindestens halbjährlich aktualisiert. Im Juli 2023 waren 287 Arbeitsgeber in der Liste erfasst.

Für die Identifizierung von Zwangsarbeit vor Ort steht die Eliminating and Preventing Forced Labour: Checkpoints app der ILO zur Verfügung. Für den Austausch von Unternehmen in Lieferketten zur Eliminierung von Zwangsarbeit bietet sich das Global Business Network on Forced Labour an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit und Sklaverei können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Zwangsarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren und Arbeitszeiten im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

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