Mit dem Übergang vom Verbrenner zum Elektromotor wächst die Nachfrage nach Kfz-Teilen. Die im EU-Vergleich günstigen Lohnkosten in Bulgarien erweisen sich als Vorteil.
Laut einer Umfrage des Dienstleisters für Investitionen Colliers plant etwa ein Zehntel der bulgarischen Zulieferer, in neue Produktionsanlagen zu investieren. Das Entwicklungspotenzial der Branche hängt vor allem von zwei Faktoren ab: der Bewältigung des Fachkräftemangels und daran, das Interesse internationaler Autohersteller an Bulgarien als Produktionsstandort zu wecken.
Bulgarien gehört zudem zu den größten Exporteuren von Kupferprodukten in der EU. Auf der Rangliste World Mining Data des österreichischen Ministeriums für Forst- und Landwirtschaft steht das Land auf Platz 20 der weltweit größten Kupferproduzenten.
Bulgarien konnte zuletzt Investitionen gewinnen von Kfz-Zulieferern, die im Zuge des Wandels der Branche neue Aufträge generieren. Dazu gehören die Unternehmen Etem Gestamp, Melexis und Bosch Engineering.
Bulgarien exportiert Autoteile vor allem nach Westeuropa
Der Umsatz von rund 270 Unternehmen der Branche mit rund 67.000 Beschäftigten lag im Jahr 2021 zwischen 1,9 und 2 Milliarden Euro und trug 11 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Die Branche wuchs in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt etwa um 16 Prozent.
Bulgarien exportiert Autoteile hauptsächlich nach Westeuropa und hat den Anteil von Kfz-Teilen am Gesamtexport innerhalb der vergangenen zehn Jahre von 1,2 Prozent auf 3,2 Prozent gesteigert. Dies zeigt, dass die Zulieferer nicht die größten Exporteure sind, sich aber mit ihren Lieferungen um fast das Dreifache gesteigert haben. Dabei ist die bulgarische Autoindustrie eng eingebunden in internationale Lieferketten. Mehr als 95 Prozent der Unternehmen sind mit ausländischem Kapital und Beteiligungen aktiv.
Sensoren für Airbags sind Exportschlager
Der Sektor entwickelt sich auf der Grundlage eines "Ökosystems" multinationaler und lokaler Unternehmen. Eine Reihe großer internationaler Unternehmen der Branche hat Bulgarien einem Bericht der Zeitung Investor zufolge als das beste Ziel für ihr Geschäft in Osteuropa angesehen, darunter SKF, Montupet, Palfinger, Festo, SE Bordnetze, Yazaki, Grammer, Witte und viele weitere. Viele bulgarische Unternehmen - ZMM Sliven, M + SHydraulic, Hydraulic Elements and Systems und andere - haben bereits erfolgreiche Partnerschaften in der Branche mit eigenen Entwicklungen oder durch kundenspezifische Produkte etabliert.
Ein Exportschlager von bulgarischen Unternehmen sind Sensoren für Airbags. Rund 80 Prozent der in europäischen Fahrzeugen verbauten Airbags erhalten ihre Sensoren aus heimischer Produktion. Kunden der bulgarischen Komponenten- und Teilelieferanten sind namhafte Hersteller wie Audi, Mercedes-Benz, BMW, Mini Cooper, Porsche, Bentley, Lamborghini, Ford, Nissan, Seat, Alfa Romeo, Volkswagen, Volvo, Renault, Mitsubishi, Skoda, Fiat und Tesla.
Bulgarien hat zudem eine lange Tradition der Herstellung von Aluminiumkästen für Motoren. Des Weiteren produzieren die meisten Zulieferer mit ausländischem Kapital Zahnräder, Buchsen, Federn, Radbaugruppen, Kabel, Klimaanlagen sowie Einspritzsysteme und Module. Die Herstellung von elektronischen Bauteilen und Automobilsoftware sind dabei die zukunftsträchtigsten Bereiche in Bulgarien. Stark vertreten ist ebenso die Produktion von Aluminiumteilen, Kabeln und Sitzen.
Zudem zählt das südosteuropäische Land zu den weltweit 30 größten Kupferproduzenten und hat somit das Potenzial, die Herstellung von Kabeln, Batterien und anderen für die Autoindustrie wichtigen Kupferwickelungen auszubauen. Der Autobauer Mercedes beispielsweise lässt bereits in Sofia die Software für die S-Klasse entwickeln.
Günstige Lohnkosten bleiben Standortvorteil
Der Wettbewerb für Automobilzulieferer nimmt zu, denn zunehmend entdecken europäische Autohersteller und Ausrüster die Vorteile des bulgarischen Marktes: europaweit vergleichsweise günstige Lohnkosten für arbeitsintensive Fertigung, gut ausgebildetes Personal sowie ein niedriger Steuersatz. Mittelfristig profitiert der Produktionsstandort Bulgarien von günstigen Lohnkosten, was Bulgarien zu einem potenziellen Nearshoring-Standort macht.
Allerdings kommen 43 Prozent der Beschäftigten in der Mechatronik- und Automotive-Branche aus Sofia und Plovdiv. Dort ist der Arbeitsmarkt unter Druck. In diesen Regionen steigen die Löhne schneller als die Arbeitsproduktivität, was zu einer Verzerrung des Marktes führt. Die Hersteller von Autoteilen und Zubehör für Kraftfahrzeuge machen 18 Prozent der Beschäftigung aus und tragen 16 Prozent zum Umsatz in der bulgarischen Industrie bei. Derzeit interessieren sich internationale Investoren für Standorte im Norden Bulgariens.
Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Zulieferer-Industrie in BulgarienVorhaben | Investitionssumme (in Mio. Euro) | Projektstand | Anmerkungen |
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Produktion von Aluminiumkomponenten | 60 | ab 2025 Eröffnung; 150 neue Arbeitsplätze | Etem Gestamp |
Ausbau der Herstellung von elektrischen Komponenten in Ruse | 25 | Schlösser für Pkw ab 2024 Eröffnung; 300 neue Arbeitsplätze | Witte Automotive |
Ausbau der Produktionsanlage in Plovdiv | 20 | geplante Eröffnung: Mitte 2023 | Lider - 96 |
Aufbau einer Montageanlage für OEM in Ruse | keine Angabe | geplante Eröffnung: 2023 | ATN |
Produktion von Heizungs- und Klimaanlagen für Autos in Ruse | keine Angabe | geplante Eröffnung: 2023 | Eberspächer |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Unternehmensangaben, Medienberichte (Stand: 20.03.2023)
Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Bulgarien (in Millionen Euro, Veränderung in Prozent, aus Deutschland in Millionen Euro) | 2022 | Veränderung 2021/2022 | aus Deutschland |
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SITC 778.3 Kfz-Elektrik | 67,1 | 33 | 15,6 |
SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc. | 58 | 35 | 19 |
SITC 773.13 Zündkabelsätze | 87,2 | 5 | 17,6 |
SITC 713.2 Motoren | 6,3 | 91 | 1,2 |
Summe | 212,6 | | 53,4 |
Quelle: Eurostat: EU-Trade since 1999 (Stand: 20.03.2023)
Von Dominik Vorhölter
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Sofia