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Wirtschaftsausblick | China

Wirtschaft kommt nicht in Gang

Chinesische Konsumenten bleiben sparsam, der Immobiliensektor befindet sich weiter in der Krise. Gleichzeitig wachsen die Überkapazitäten in der Wirtschaft.

Von Corinne Abele | Shanghai

Top-Thema: Überkapazitäten durch Subventionen und fehlende Nachfrage

Durch staatliche Subventionen sind in vielen Branchen in China Überkapazitäten entstanden, sichtbar werden sie nun durch die fehlende Nachfrage im Land. So drängen aufgrund der anhaltenden Immobilienkrise billige, chinesische Stahlprodukte auf den Weltmarkt. Auch die mit Subventionen herangezogene Elektroautoindustrie reagiert auf die schwächer als erwarteten Absatzentwicklungen in China mit der Suche nach neuen Absatzmärkten vor allem in Europa und Südostasien. Dadurch wächst Chinas Präsenz und damit auch die Konkurrenz zu deutschen Unternehmen in den zunehmend fragmentierten Weltmärkten, etwa in Südostasien, Südamerika und Afrika. 

Die westliche Welt versucht sich mit Anti-Dumping-Zöllen zu schützen. Die USA haben bereits empfindliche, wenngleich symbolische hohe Strafzölle auf chinesische Produkte wie Elektroautos verhängt. Auch die EU hat vorläufige Zusatzzölle auf chinesische E-Autos von bis zu 38 Prozent ab Juli 2024 angekündigt. Der Import von Solarmodulen ist bereits mit Strafzöllen belegt. 

Doch hinter Chinas Billigpreisen steckt auch inzwischen gewonnene Wettbewerbsfähigkeit. Im chinesischen Automarkt beispielsweise sinkt der Marktanteil ausländischer Marken - und dies vor allem, weil heimische Automodelle bei chinesischen Konsumenten als attraktiver gelten. 

Wirtschaftsentwicklung: Messbarer, aber kaum spürbarer Aufwärtstrend 

Zumindest auf dem Papier ist Chinas Wirtschaft im 1. Quartal 2024 mit einem realen Zuwachs um 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stärker als erwartet gewachsen. Die Produktion steigt wieder, doch der Konsum hinkt hinterher. Deflationäre Tendenzen sind die Folge. Die Lagerhaltung geht nach oben. Zwar ist der Außenhandel im bisherigen Jahresverlauf bis April 2024 um 2,2 Prozent gewachsen, doch die Bedeutung der EU, Japans und zu einem leicht geringeren Grad der USA nimmt ab. Dabei zeichnet sich eine vertiefte wirtschaftliche Integration Chinas mit der ASEAN, Lateinamerika (allen voran Brasilien) und Russland ab. 

In der Wirtschaft ist der Aufwärtstrend bisher kaum spürbar. Zwar sieht der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) in China in seiner Geschäftsumfrage vom April 2024 eine leichte Verbesserung, bleibt aber insgesamt pessimistisch. Das derzeit eher schwache Wirtschaftswachstum weist nicht auf eine vorübergehende Wachstumsdelle hin, sondern auf eine systemische Schwäche. 

Krise im Immobiliensektor dauert an

Der Immobiliensektor trägt rund ein Viertel zur Wirtschaftsleistung Chinas bei. Trotz verschiedener Maßnahmen auf nationaler wie regionaler Ebene sowie Anweisungen an den Bankensektor, wichtige Branchenunternehmen zu stützen, kehrt keine Ruhe ein. Die Preise für Neubauwohnungen tendieren nur leicht nach oben. Wohnungskäufer und Wohnungsbesitzer warten mit Haus(ver-)käufen eher ab; letztere versuchen angesichts schwieriger Wirtschaftsaussichten ebenfalls ihren Schuldenstand zu verringern. All dies drückt auf den privaten Konsum. Dabei wächst auch der staatliche Konsum nur gering – denn nicht zuletzt aufgrund der Immobilienkrise und infolge der Coronakrise sind die staatlichen Kassen vielerorts leer. Vor allem bei Lokalregierungen und (Staats-)Unternehmen ist die Verschuldung hoch.

Die Regierung hat auf dem Volkskongress im März 2024 einige Maßnahmen verkündet, um die Wirtschaft anzukurbeln und eine weitere Marktöffnung in Aussicht gestellt. So sollen langfristig laufende Regierungsanleihen in Höhe von 1 Billion Renminbi Yuan (RMB; rund 138 Milliarden US-Dollar) ausgegeben werden. Dies dürfte zu erhöhten Investitionen in infrastrukturnahen Bereichen führen, in denen häufig staatlich kontrollierte Unternehmen agieren. Ausländische Direktinvestitionen gingen im 1. Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp über 26 Prozent (gemessen in RMB) zurück.

Chinas Wirtschaftswachstum nimmt ab

Für das Gesamtjahr 2024 rechnet die Weltbank mit einem realen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 4,5 Prozent und für 2025 von 4,3 Prozent. Die verstärkte Fragmentierung des Welthandels sowie steigende Schulden dürften das Wachstum bremsen. Hinzu kommt die demografische Entwicklung: Bis 2035 sollen laut Weltbank bereits über 30 Prozent der Bevölkerung Chinas älter als 60 Jahre sein. 

Deutsche Perspektive: Wettbewerbsfähig bleiben

In China wettbewerbsfähig bleiben und gleichzeitig das Risiko des Landes im globalen Portfolio begrenzen – dieses Dilemma treibt deutsche Unternehmen um. Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit vor Ort zu erhalten, ist auch der Hauptgrund, warum deutsche Unternehmen vor Ort weiter investieren wollen, so die AHK-Geschäftsklimaumfrage 2023/24. Investiert wird zunehmend in Forschung und Entwicklung sowie Lokalisierung. Tatsächlich realisierte Direktinvestitionen aus Deutschland stiegen im 1. Quartal 2024 laut chinesischem Wirtschaftsministerium um 48 Prozent, während das bilaterale Handelsvolumen bis April 2024 gemäß chinesischem Zoll (in US-Dollar) um 8,2 Prozent zurückging. 

Die visafreie Einreise für einen maximalen Aufenthalt von 15 Tagen für touristische und geschäftliche Zwecke für deutsche Reisende wurde um ein Jahr bis Ende November 2025 verlängert. Aufgrund der Annäherung Chinas an Russland seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine, des wachsenden Konfliktpotenzials in der Taiwanstraße sowie der Entschlossenheit der USA, das Technologiepotenzial Chinas mit Strafzöllen und Sanktionslisten zu bekämpfen, wachsen jedoch die mit einer Geschäftstätigkeit in und mit China verbundenen Risiken. Deutsche Unternehmen versuchen daher zunehmend, das Gewicht Chinas in ihren Lieferketten und Absatzmärkten zu begrenzen.

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