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Branche kompakt | China | Chemische Industrie

Nachhaltigkeit in der Chemieindustrie

Etwa 13 Prozent der CO2-Emissionen Chinas stammen aus der Chemieindustrie. Erste Projekte setzen auf Dekarbonisierung; auch die Nachfrage nach grünen Produkten steigt. 

Von Corinne Abele | Shanghai

China verfolgt ehrgeizige Klimaziele: Vor 2030 will das Land die CO2-Emissionsspitze erreichen, bis 2060 Klimaneutralität. Dies erhöht den Druck auf die petrochemische und chemische Industrie, die Dekarbonisierung voranzutreiben. Für den "grünen" Umbau der gesamten Chemiebranche sind über Jahre hinweg gewaltige Investitionen notwendig. Staatliche Unterstützung dürften vor allem große Chemiekonzerne, sowohl staatliche als auch private, erhalten. Einige kleine Chemiefirmen werden die Produktion einstellen müssen. 

ETS vorläufig ohne Chemiebranche 

Im März 2024 verkündete die chinesische Regierung eine "unmittelbar bevorstehende" Einbeziehung der Aluminiumbranche in das nationale Emissionshandelssystem (ETS - Emission Trading System). Es besteht seit Juli 2021, deckt bislang aber nur den Energiesektor ab. Gemäß einer Ankündigung des Umweltministeriums im September 2024 sollen bis zum Jahresende noch die Eisen- und Stahlindustrie sowie die Zementbranche einbezogen werden. Ebenfalls kündigte Chinas Umweltministerium im Juli 2024 eine Verknappung der vergebenen CO2-Emissionsrechte für das nationale ETS an. Der Zeitplan zur Integration der petrochemischen und chemischen Industrie ins ETS steht noch nicht konkret fest. 

Dabei bestehen für Importeure in der EU bei Einfuhr von mineralischen oder chemischen Düngemitteln, Salpetersäure, Ammoniak sowie Wasserstoff im Rahmen des grenzüberschreitenden Ausgleichsmechanismus für CO2-Emissionen (CBAM) bereits Berichtspflichten. Zum 1. Oktober 2024 müssen in den CBAM-Quartalsberichten reale, mit der Herstellung der konkreten Ware verbundene CO2-Emissionen angegeben werden. Derartige Zahlen sind bislang kaum zu erhalten. Inwieweit CBAM-Berichtspflichten auch die Dekarbonisierung von Chemiesparten in China vorantreiben werden, bleibt abzuwarten. Ende Juni 2024 verkündete das chinesische Umweltministerium, künftig ein Carbon Footpring Management System einzuführen. Demnach sind rund 200 Standards geplant, vermutlich auch für einige Grundchemikalien.

Umweltschutz zum Zweck

Chinas Umsetzungsplan für Innovation und Entwicklung der Feinchemie 2024 bis 2027 betont die "grüne" Entwicklung der Feinchemiesparte. Unter anderem soll die Forschung in Bereichen wie Bio-Katalyse, Ersatz toxischer und stark VOC-haltiger Roh-und Hilfsstoffe, Recyclingtechnologien für unschädliche Pestizid-Nebenprodukte sowie Polyurethanabfälle und zur Oxidation von Salz- und Schwefelsäureabfällen beschleunigt werden. 

Es entstehen erste Pilotprojekte. So unterzeichnete im Juni 2024 BASF mit China BlueChemical eine Absichtserklärung für ein gemeinsames Green & C1 Advanced Chemical Technology Laboratory zur Entwicklung kohlenstoffarmer Technologien für die chemische Industrie. Dabei geht es um CO2-to-Syngas-Technologien (CO2TS), unter anderem um Anwendungen von grünem Methanol und Ammoniak sowie die Synthese von "grünen" Olefinen. 

Nicht zuletzt um die inländische Maschinennachfrage anzukurbeln, treibt die Regierung durch verschiedene Anreize den Ersatz veralteter Maschinen und Anlagen voran – auch in der Chemieindustrie. Laut Hongkong Trade Development Center gilt dies unter anderem für Lagertanks mit einem Fassungsvermögen von über 3.000 Kubikmeter von unter Druck verflüssigten Kohlenwasserstoffen sowie für hochgiftige Flüssigkeiten.

China exportiert "grüne" Technologien

Chinas neue Exportschlager sind Solarzellen und -module, Batterien für die Elektromobilität und Energiespeicherung oder Elektroautos. Die Hersteller benötigen dafür Ausgangsstoffe wie Silizium und Halbleiterchemie für Solarpaneele, hochbelastbare neue Materialien wie kohlefaserverstärkte Verbundwerkstoffe für Rotorblätter der Windkraftindustrie und Leichtbau im Elektrofahrzeug und recycelbare Kunststoffe. Noch sind die entsprechenden Wertschöpfungsketten im Inland nicht komplett, und Betriebe sind teilweise auf Importe angewiesen. Gleichzeitig werden Exporte zunehmend durch Strafzölle sowie Maßnahmen der USA im Kampf um Technologievorherrschaft erschwert.

China dürfte bereits Ende 2024 sein ursprünglich bis 2030 geplantes Ausbauziel von 1200 Gigawatt Solar- und Windkraftleistung erreichen.

Solarausbau gewaltig 

Auch 2024 dürfte China wie 2023 einen neuen Rekord bei der Installation von Solar- und Windkraftanlagen erreichen. Werden die geplanten Projekte realisiert, könnte China bereits Ende 2024 sein ursprünglich bis 2030 geplantes Ausbauziel von 1200 Gigawatt Solar- und Windkraftleistung erreichen. Damit überstiege die installierte Leistung an Solar- und Windkraftanlagen erstmals die Leistung der Kohlekraftwerke des Landes. 

Trotz dieser Erfolgszahlen steht die Branche unter großem Druck: Aufgrund von Überkapazitäten sind die Preise rapide gefallen und der Exportdruck gestiegen. Doch wie auch bei Elektroautos wird die weitere Expansion zunehmend durch Anti-Dumping-Strafzölle anderer Länder gebremst. Auch für den Export von Lithiumbatterien wird es schwieriger. So fördern beispielsweise die USA unter dem US Inflation Reduction Act (IRA) den Kauf von Elektrofahrzeugen nur, wenn sie keine Batterien, Batteriekomponenten oder kritische Mineralien aus China, Russland, Iran oder Nordkorea enthalten. 

Wasserstoffausbau geht voran

Der mittelfristige Entwicklungsplan bis 2035 und die Richtlinien zur Standardisierung von Gewinnung und Einsatz von Wasserstoff sehen den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft in China vor. Nach 100 Projekten zur Herstellung grünen Wasserstoffs im Jahr 2023 berichtet die Internetplattform Mysteel.net für das 1. Quartal 2024 bereits von 84 Projekten mit einem geplanten Investitionsvolumen von rund 83 Milliarden US-Dollar. Davon sollen allerdings erst zehn Projekte tatsächlich im Bau oder in Betrieb sein  – in einigen Regionen scheint das notwendige Förderbudget zu fehlen. Hauptabnehmer des perspektivisch "grünen" Wasserstoffs ist die chemische Industrie vor allem zur Ammonium- und Methanolherstellung. Die Herstellung von grünem Methanol wird besonders durch höhere Nachfrage aus der Schifffahrt getrieben. 

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