Special | China | US-Zollpolitik
Handelskonflikt zwischen China und USA spitzt sich zu
Die Zollspirale dreht sich weiter, der Handelskonflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften eskaliert. Dies hat Folgen für deutsche Firmen.
11.04.2025
Von Corinne Abele | Shanghai
Während Trump anderen Ländern in der Hoffnung auf "Deals" und zur Entlastung der Aktienmärkte eine 90-tägige Verschnaufpause gewährt, ist ein Ende der Zollspirale zwischen den USA und China nicht in Sicht. Die Volksrepublik geht inzwischen jede weitere Erhöhung der US-amerikanischen Zusatzzölle eins zu eins mit. Zusätzlich ergänzt China diese Schritte durch eine Ausweitung der Exportkontrolle gegen die USA und erhöht die Zahl der vom direkten Handel mit China ausgeschlossenen US-Firmen ("Listenpolitik"). Germany Trade & Invest (GTAI) informiert auf seiner Sonderseite zur US-Handelspolitik fortlaufend über die neuesten Zollverordnungen und Gegenmaßnahmen.
Droht eine globale Rezession?
Die Auswirkungen der Zölle auf die chinesische Wirtschaft sind groß, denn viele Branchen sind nach wie vor vom Export abhängig. Schätzungen zufolge könnten Chinas Gesamtausfuhren um mehr als 4,5 Prozent einbrechen. Noch gravierender: Die Unsicherheit droht die ersten zaghaften Anzeichen einer konjunkturellen Erholung im Land abzuwürgen. Für Chinas Regierung, die die wirtschaftliche Erholung in diesem Jahr zum Hauptziel erklärt hat, wäre das fatal. Analysten rechnen daher mit weiteren Konjunkturspritzen zur Stärkung des Binnenkonsums.
Zwar sind die USA nach wie vor ein wichtiger Absatzmarkt für China, ihre Bedeutung hat aber abgenommen. Mit Hilfe staatlicher Programme wie Made in China 2025 (seit 2015) oder Dual Circulation (seit 2020) hat China seine Abhängigkeiten vom Ausland, insbesondere den USA, systematisch reduziert. Dennoch bleibt China in einigen Bereichen wie zum Beispiel Luftfahrttechnik auf die US-Zulieferungen angewiesen.
Für den globalen Handel und das weltweite Wirtschaftswachstum sind die Auswirkungen der Trumpschen Zollpolitik ebenfalls gravierend. In den chinesischen Containerhäfen, die zu den größten der Welt zählen, herrscht dieser Tage Chaos. Friktionen auf dem globalen Logistikmarkt, Fehlallokationen von Containern sind nicht mehr auszuschließen. Eine Rezession in den USA und ein geringeres globales Wirtschaftswachstum werden immer wahrscheinlicher.
Haupteinfuhrgüter aus den USA | Anteil an Chinas Gesamteinfuhr |
---|---|
Erdöl und Erdgas | 4,6 |
Maschinenbau (inkl. Reaktorteile) | 8,6 |
Elektronik (inkl. Halbleiter) | 3,1 |
Optische Instrumente | 17,1 |
Ölsaaten und Früchte (inkl. Sojabohnen) | 20,5 |
Kfz und -teile | 14,4 |
Kunststoffe | 13,2 |
Flugzeuge und -teile | 50,0 |
Arzneiwaren | 13,3 |
Organische Chemikalien | 10,5 |
Europäische Firmen setzen auf "In China für China"
Waren die Auswirkungen der anfänglich "moderaten" Zollerhöhungen beider Seiten für deutsche Unternehmen in China zunächst überschaubar, stellt sich die Situation inzwischen anders dar. So haben die hohen US-Zölle einen signifikanten Einfluss auf europäische und Unternehmen, die aus China in die USA exportieren, schreibt die Europäische Handelskammer in China in ihrer Pressemeldung am 11. April 2025. Und weiter: "Viele der Mitgliedsunternehmen der Kammer haben ihre Geschäftsstrategien bereits auf ein "in China for China"-Modell umgestellt oder sind gerade dabei, dies zu tun."
Die "In China für China"-Strategie mache Unternehmen weniger anfällig für externe Schocks“, bestätigt auch Maximilian Butek, Delegierter der deutschen Wirtschaft in Shanghai. "Dennoch ist klar, dass die anhaltenden Beschränkungen des freien Handels im Widerspruch zu den Interessen deutscher Unternehmen stehen." Bereits im Business Confidence Survey 2024/25 der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in China - durchgeführt noch während der Amtszeit von Präsident Biden im September/Oktober 2024 – gaben 31 Prozent der befragten Mitgliedsfirmen an, deutlich negativ von den US-China-Spannungen betroffen zu sein; weitere 47 Prozent sprachen von leicht negativen Einflüssen. Inzwischen hat der Konflikt unter der zweiten Präsidentschaft Trumps deutlich an Schärfe gewonnen.
China auf der Suche nach alternativen Märkten
Inzwischen liegen die USA als Abnehmer chinesischer Waren bereits hinter den ASEAN-Staaten und etwa gleichauf mit der EU. Allerdings werden chinesische Exporte über Drittländer wie Mexiko oder Vietnam umgeleitet, die nach Weiterverarbeitung in die USA exportiert werden. Dies dürfte nun deutlich schwieriger werden, da Trump auch für viele dieser Ausweichstandorte hohe Zölle erhoben hat, wie GTAI in seiner ASEAN-Analyse zeigt. Es sei denn, es kommt während der 90-tägigen Zollpause zu belastbaren Handelsdeals zwischen den Ländern und den USA. Das Vertrauen, dass die USA sich unter Trump an ausgehandelte Abkommen auch halten, sinkt jedoch.
China geht daher auf Handelspartner in Asien zu. So gab es im März 2025 ein Treffen der Außenminister Chinas, Japans und Koreas. Dort soll auch die erneute Aufnahme von Verhandlungen zu einer gemeinsamen Freihandelszone thematisiert worden sein. Ebenfalls fand wenig später der erste High-Level Economic Dialogue zwischen China und Japan seit sechs Jahren statt. Außerdem sucht China den Austausch mit den Staaten der ASEAN.
So oder so werden Chinas Exporteure verstärkt auf Europa als Absatzmarkt mit relativ wenig Handelsbarrieren und zahlungskräftiger Konsumentenschicht drängen. Sollten sie ihre Produkte jedoch aufgrund der durch den Zollkrieg noch deutlicher zutage tretenden Überkapazitäten in China zu weiter fallenden Preisen in den europäischen Markt drücken, ist mit neuen Gegenmaßnahmen der EU zu rechnen.
Vom Handelskonflikt zum Wirtschaftskrieg
Tatsächlich birgt die Zollspirale auf Waren das Risiko eines weit umfassenderen Wirtschaftskriegs zwischen den beiden Ländern mit bewusster Währungsabwertung, Investitionsverboten oder der Ausweitung auf Dienstleistungen, wo vor allem die USA einen deutlichen Überschuss mit China hält.
Ebenfalls ist China Hauptlieferland für eine Reihe strategischer Rohstoffe. Bereits jetzt hat es seine Exportkontrollen für beispielsweise Wolfram und weitere strategische Seltenerdmetalle erweitert. Ebenfalls wird die Liste der Firmen auf der chinesischen Exportkontrollliste immer länger; Stand 11. April 2025 umfasst sie bereits 71 US-amerikanische Unternehmen.
Bereits am 5. Februar 2025 hatte China bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die USA Klage eingereicht. Dies dürfte jedoch nur symbolischen Charakter haben; die Zeiten von WTO und Welthandel scheinen vorüber.
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