Wirtschaftsumfeld | China | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Lohnkosten
Die Lohnspirale in China dreht sich immer langsamer nach oben. Dennoch bereiten die mittlerweile hohen Lohnkosten deutschen Unternehmen Kopfzerbrechen.
09.11.2023
Von Robert Herzner | Hongkong
Löhne und Gehälter
Zweistellige Lohnerhöhung erfolgen seit der Pandemie nicht mehr. Mit Lohnsteigerungen von 6,7 Prozent im Jahr 2022 und voraussichtlich 6 Prozent im Jahr 2023 steigen die Gehälter deutlich stärker an als die Konsumentenpreise und das Bruttoinlandsprodukt, die Prognosen liegen bei 2,2 beziehungsweise 5,2 Prozent. Zum Abflachen des chinesischen Wirtschaftswachstums kommt die stark alternde Gesellschaft, China verbleibt in der mittleren Einkommensfalle. Die Belastung durch den demografischen Wandel ist unterschiedlich stark ausgeprägt und betrifft die im Strukturwandel befindlichen nordöstlichen Provinzen stärker.
2020 | 2021 | 2022 | 20231) | |
---|---|---|---|---|
nominal (in Renminbi Yuan) | 8.115 | 8.903 | 9.502 | 10.072 |
nominal (in US-Dollar) | 1.177 | 1.380 | 1.413 | 1.498 |
nominale Veränderung (in Prozent)2) | 7,6 | 9,7 | 6,7 | 6,0 |
Landesweit erhöhten sich die durchschnittlichen Bruttomonatslöhne nach Angaben des nationalen Statistikamtes NBS (National Bureau of Statistics) 2022 gegenüber dem Vorjahr um nominal 6,7 Prozent und inflationsbereinigt um 4,7 Prozent. Damit stieg der durchschnittliche Monatslohn auf umgerechnet 1.413 US-Dollar (US$).
Deutsche Firmen erwarten für 2024 ein Plus bei den Lohn- und Lohnnebenkosten von nominal 4,5 Prozent. So lautet das Ergebnis des im August 2023 veröffentlichten Labor Market & Salary Report 2023/24 der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) China in Kooperation mit der Personalvermittlungsagentur Direct HR. Für 2023 rechnen die Befragten mit 4,8 Prozent und für 2024 mit 4,5 Prozent.
Die erwarteten Lohnzuwachsraten von 2022 bis 2024 setzen den Abwärtstrend fort, der bereits vor der Pandemie zu beobachten war. Ausnahmen sind die nördlichen Regionen Tianjin und Shenyang, wo Gehaltssteigerung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erwartet werden.
in RMB | Veränderung 2022/21 | in US$*) | |
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Landesdurchschnitt | 9.502 | 6,7 | 1.413 |
Hauptstadt (Beijing) | 17.929 | 10,5 | 2.667 |
Hochlohnregion (Beispiel Tianjin) | 10.794 | 4,9 | 1.606 |
Niedriglohnregion (Beispiel Liaoning) | 7.714 | 7,6 | 1.148 |
In der Informationstechnologie, Finanzwirtschaft, im Bergbau und in der Industrie stiegen die Löhne 2022 wie auch im Vorjahr überdurchschnittlich. Für 2024 erwarten deutsche Firmenvertreter die höchsten Anstiege im Beratungs- und Anwaltsgeschäft, in der Elektroniksparte sowie in der Medizintechnik. Die Automobilindustrie ist die einzige Sparte, die 2023 mit einem höheren Lohnplus als 2022 rechnet – so die Umfrageergebnisse des Labor Market & Salary Report 2023/24.
| Managerfunktion ab Abteilungsleiter | Fachkräfte und Techniker | Produktions- bzw. Einfacharbeiter |
---|---|---|---|
Insgesamt | 2.344 | 1.652 | 882 |
Bergbau | 2.662 | 1.831 | 1.268 |
Verarbeitendes Gewerbe | 2.186 | 1.549 | 876 |
Strom-, Gas-, Wärme- und Wasserversorgung | 2.873 | 1.934 | 1.512 |
Bauwirtschaft | 1.561 | 1.050 | 774 |
Groß- und Einzelhandel | 2.330 | 1.532 | 797 |
Transport-, Lager- und Postwesen | 2.676 | 1.976 | 1.116 |
Informationstechnologie und Software | 5.268 | 3.028 | 1.143 |
Immobiliensektor | 2.294 | 1.369 | 730 |
Leasing und kommerzielle Dienstleistungen | 3.504 | 1.821 | 853 |
Forschung und technische Dienstleistungen | 3.745 | 1.993 | 1.156 |
Wasserbau, Umwelt und Verwaltung öffentlicher Einrichtungen | 2.093 | 1.337 | 680 |
in RMB | in US$2) | |
---|---|---|
Geschäftsführerin einer größeren Niederlassung 3) | 10.647 | 1.584 |
Geschäftsführerin eines kleinen bis mittleren Unternehmens | 10.422 | 1.550 |
Vertriebsleiterin | 13.360 | 1.987 |
Ingenieurin | 7.566 | 1.125 |
Programmiererin | 12.599 | 1.874 |
Sekretärin mit Fremdsprachenkenntnissen | 9.413 | 1.400 |
Buchhalterin | 7.906 | 1.176 |
Kraftfahrerin | 4.461 | 664 |
| in RMB | in US$2) |
---|---|---|
Angelernter Arbeiter (Tätigkeiten, die in wenigen Tagen zu erlernen sind und für die keine spezielle Berufsausbildung notwendig ist)3) | 7.877 | 1.172 |
Mitarbeiter, der unter Aufsicht Tätigkeiten ausführt, für die eine mehrjährige Berufsausbildung erforderlich ist | 9.130 | 1.358 |
Ausgebildeter Mitarbeiter mit mehrjähriger, praktischer Berufserfahrung, der Aufgaben zuverlässig ohne Aufsicht durchführen und Fertigungsprozesse einrichten kann | 9.921 | 1.476 |
Mitarbeiter mit mehrjähriger Erfahrung und Leitungsbefugnis, der als Vorarbeiter die Arbeit von Produktionsbereichen verantwortet | 10.145 | 1.509 |
Am höchsten fallen die Löhne in den Megastädten Beijing, Shanghai und Shenzhen aus, wo das Lohnniveau deutlich über dem Landesmittel liegt. Die durchschnittlichen Gesamtgehaltskosten für einen Beschäftigten (Bruttomonatslohn plus Lohnnebenkosten und Boni) bei einem deutschen Unternehmen stiegen 2022 um 3,8 Prozent auf monatlich 4.151 US$ im Vergleich zum Vorjahr. Die Personalausgaben belaufen sich insgesamt auf 30,5 Prozent der gesamten Ausgaben deutscher Firmen.
China hat seit 2004 ein Mindestlohnsystem etabliert, der Mindestlohn wird regelmäßig angepasst. Im Jahr 2021 erhöhten ihn mindestens 20 Provinzen, seit der Pandemie hat sich der Anpassungsrhythmus verlangsamt. Der Höchstwert 2023 beträgt mit Shanghai umgerechnet 400 US$ pro Monat. Der Mindestlohn beinhaltet keine Überstundenvergütung, Zulagen und Sozialleistungen.
Provinz/Stadt | in Renminbi Yuan | in US-Dollar2) | Zuletzt festgesetzt am |
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Shanghai | 2.690 | 400 | 01.07.23 |
Beijing | 2.420 | 355 | 01.08.23 |
Shenzhen | 2.360 | 351 | 01.12.21 |
Guangdong | 1.620 bis 2.300 | 241 bis 342 | 01.12.21 |
Jiangsu | 1.840 bis 2.280 | 274 bis 339 | 01.08.21 |
Zhejiang | 1.840 bis 2.280 | 274 bis 339 | 01.08.21 |
Hebei | 1.800 bis 2.200 | 268 bis 327 | 1.1.23 |
Tianjin | 2.180 | 324 | 01.07.21 |
Chongqing | 2.000 bis 2.100 | 298 bis 312 | 01.04.22 |
Sichuan | 1.870 bis 2.100 | 278 bis 312 | 01.04.22 |
Shandong | 1.700 bis 2.100 | 253 bis 312 | 01.10.21 |
Fujian | 1.660 bis 2.030 | 247 bis 302 | 01.04.22 |
Hubei | 1.520 bis 2.010 | 226 bis 299 | 01.09.21 |
Innere Mongolei | 1.850 bis 1.980 | 275 bis 294 | 01.12.21 |
Liaoning | 1.420 bis 1.910 | 211 bis 294 | 01.11.21 |
Xinjiang | 1.540 bis 1.900 | 229 bis 283 | 01.04.21 |
Weitere Lohnbestandteile
Zum Bruttogrundgehalt kommen vergleichsweise hohe Lohnnebenkosten, vor allem Sozialabgaben. Daneben müssen Arbeitgeber Beiträge zur Wohnbaurücklage leisten. Weitere Zuwendungen sind üblich, etwa Zuschüsse zu privaten Kranken- und Lebensversicherungen, variable Boni, Leistungsprämien, Überstundenvergütung, Kinderzulagen oder Verpflegungs- und Fahrtkostenzuschüsse. Immer wichtiger werden zusätzlich Gesellschaftsanteile. Ferner werden Zulagen etwa zum Chinesischen Neujahrs- oder Mittherbstfest sowie ein 13. oder sogar 14. Monatsgehalt gewährt. Weitere Halteprämien zur Mitarbeiterbindung sind möglich.
Eine Sonderrolle nehmen Expatriates ein. Nur wenige werden noch "klassisch" nach China entsandt. Die meisten Führungskräfte aus dem Ausland sind über einen lokalen Vertrag beschäftigt. Für nicht-chinesische Mitarbeiter sind Zuschüsse wie Miete und Schulgeld steuerfrei, die Regelung gilt vorläufig bis zum 31. Dezember 2027. Dies beinhaltet die Steuerfreiheit von Zuwendungen und Zuschüssen wie Miete und Schulgeld. Sonderzahlung wie Boni können akkumuliert einmalig zu einem reduzierten Einkommenssteuersatz ausgezahlt werden.
Sozialversicherungsbeiträge
Das chinesische Sozialversicherungssystem ist komplex; die Höhe und Aufteilung der Beiträge zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer variiert nach Regionen erheblich. Grundlage ist das Social Insurance Law vom 1. Juli 2011. Dabei wird nach den fünf Komponenten Kranken-, Arbeitslosen-, Mutterschafts-, Arbeitsunfall- und Rentenversicherung unterschieden. Arbeitgeber nehmen in Anbetracht der komplexen Kalkulation der Sozialabgaben häufig Unterstützung professioneller Dienstleister wahr.
Arbeitgeber sind verpflichtet, Beiträge zur Wohnbaurücklage (Housing Fund) zu entrichten, die in China eine große Bedeutung besitzt. Das Geld können Arbeitnehmer verwenden, um Wohneigentum zu erwerben. Allein die Arbeitgeberanteile an den Sozialabgaben ohne Wohnbaurücklage betragen 2023 in Peking 26,5 bis 28,2 Prozent. Ein hilfreiches Tool zur Berechnung der Höhe der Lohnnebenkosten nach Regionen stellt der China Salary Tax Calculator dar.
Art der Versicherung | Arbeitgeberanteil |
Rentenversicherung | 16,0 |
Krankenversicherung2) | 9,8 |
Arbeitslosenversicherung | 0,5 |
Sonstige Versicherungen (Unfallversicherung) | 0,2 bis 1,9 |
Erläuterungen zu Beitragsbemessungsgrenzen | grundsätzlich 60 bzw. 300 Prozent des örtlichen durchschnittlichen Bruttolohns; jeweils als untere und obere Beitragsbemessungsgrenze |