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Branche kompakt | Dänemark | Chemische Industrie

Die Pharmaindustrie bleibt wichtigste Teilbranche

Für Chemieunternehmen könnte es sich lohnen, den dänischen Markt im Auge zu behalten. Neben der pharmazeutischen Industrie bieten auch weitere Teilbranchen hervorragende Chancen.

Von Judith Illerhaus | Stockholm

Markttrends

Die dänische Chemieindustrie hat sich in den zehn Jahren von 2012 bis 2022 stabil entwickelt, mit einem Umsatz, der sich im Jahr 2022 beinahe verdoppelt hat auf zuletzt knapp 50 Milliarden Euro, so das nationale Statistikamt Dans Statistik. Allein von 2021 auf 2022 betrug das Umsatzwachstum knapp 30 Prozent. 

Anteil der pharmazeutischen Industrie ist immens

Dieses Wachstum lässt sich aber nicht auf alle Sparten übertragen. Besonders deutlich wird dies bei Betrachtung des Produktionsindex. Während sich für Januar 2022 bis Oktober 2023 in den meisten Subbranchen der Kategorie nach NACE-20, Herstellung von chemischen Erzeugnissen, ein Abwärtstrend einstellte, konnte die pharmazeutische Industrie ihren Produktionsindex laut Dansk Statistik in dieser Zeitspanne beinahe verdoppeln. 

Vor allem die Erfolge des Pharmaunternehmens Novo Nordisk in Übersee haben die Bilanz Dänemarks aufpoliert aufpoliert. Aber auch viele andere Akteure der Life-Sciences-Branche tragen dazu bei, dass die Pharmaindustrie in jüngster Zeit zum wichtigsten Abnehmer chemischer Produkte geworden ist.

Das große Potenzial erkennt auch die Regierung und plant für 2024 die Veröffentlichung einer neue Life-Science-Strategie. Als Fokusbereiche hat der dänische Life-Science-Rat bereits auf einen hohen Innovationsgrad von Arzneimitteln und die klinische Forschung, die es zu fördern gilt, verwiesen. Außerdem soll das Potenzial, das die Zusammenarbeit mit privatwirtschaftlichen Unternehmen birgt, unter anderem durch bessere Rahmenbedingungen gefördert werden.

Akteuren der technischen Chemie bieten sich viele Chancen

Das Land stellt derzeit die Weichen für den Aufbau einer gesamtheitlichen Carbon Capture and Storage (CCS)-Industrie. Auch Deutschland hat spätestens mit der am 27. November 2023 unterzeichneten Aalborg Declaration das Commitment zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit offiziell bestätigt. Im Herbst 2023 fand bereits die erste Ausschreibung für die Onshore-CO²-Speicherung im Rahmen des CO2RYLUS-Projekts statt. Laut dänischer Energieagentur soll es im Juni 2024 eine neue Ausschreibungsrunde zur Förderung von CCS-Projekten geben. Ein Anwärterprojekt ist der Ausbau des Amager-Heizkraftwerks. Zudem wurde von gleicher Stelle bereits im Dezember 2023 die Antragsrunde für die Genehmigung von Forschungslizenzen zu Onshore-CCS eröffnet. Interessierte Unternehmen konnten sich noch im Januar bewerben. 

Auch mit Blick auf die Power-to-X (PtX)-Branche, die sich mit der Umwandlung von grünem Strom in gasförmige Energieträger oder andere Derivate beschäftigt, gibt es regierungsseitige Bestrebungen, diese zu unterstützen. Es gibt aktuell einige erfolgreiche Ansiedlungen, auch mit deutscher Beteiligung. Aus einer ersten Ausschreibungsrunde der dänischen Energieagentur für PtX-Förderung sind bereits fünf Projekte hervorgegangen.

 

Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in Dänemark
Akteur/ProjektFördersumme (in Mio. Euro) *⁾ProjektstandElektrolysekapazität (in Megawatt)
European Energy: E-Kraftstoff-Fabrik, Padborg (Kommune Aabenraa)

122,24

Planungsstadium150 
Everfuel; Hy24 (HyproDenmark): Produktionsanlage für grünen Wasserstoff, Fredericia (Projekt HySynergy)

28,46 (Nach dem Ausscheiden des Gewinnerprojekts Plug Power Idomlund Denmark wurden die damit frei werdenden Fördermittel dem Projekt HySynergy zugeteilt)

Voraussichtlicher Betriebsstart Phase 1 im Q1 2024

Erste Phase: 20

Zweite Phase (bis 2025): 300

Dritte Phase (bis 2030): 1.000

European Energy: Ausbau E-Methanolfabrik, Kassø (Kommune Aabenraa)

10,99

Baustart Mai 2023; Fertigstellung 2024

10

 

Electrochaea; Biocat Roslev: E-Methan-Fabrik, Rybjerg (Kommune Skive)

9, 57

Geplante Inbetriebnahme 202610
European Energy: Produktionsanlage für grünen Wasserstoff, Esbjerg

5,90

Geplante Inbetriebnahme 20239
* Umrechnung nach dem Durchschnittskurs der Europäischen Zentralbank für das Jahr 2023: 1 Euro = 7,4509 dkr.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Nichtsdestotrotz hat eine von Rambøll durchgeführte Analyse Ende 2023 ergeben, dass die PtX-Branche unsicher in die Zukunft blickt. Grund sei eine aus Sicht der Industrie verfehlte CCS-Strategie der Regierung, die ihre Förderung ausschließlich auf die Abscheidung und Speicherung beschränkt hat. Der Wegfall des Nutzenaspekts im Rahmen der staatlichen Förderung stellt ein Problem für allein drei der fünf Gewinner der ersten PtX-Förderrunde dar, die mit ihren Vorhaben auf die Produktion von e-Kraftststoffen abzielen. Entsprechend gewinnen laut Umfrage andere Standorte wie die USA wieder mehr Gewicht, wenn es darum geht, Investitionen in die Herstellung grüner Kraftstoffe zu tätigen. Unter den befragten, zum Teil internationalen Unternehmen und Einrichtungen finden sich Namen wie Ørsted, European Energy, Siemens Energy oder das Centre for Zero Carbon Shipping. 

Branchenstruktur und Rahmenbedingungen

Die im Jahr 2022 beschlossene nationale Chemiestrategie gilt noch bis 2025 und folgt den zentralen europäischen Vorgaben. Danach arbeitet die dänische Chemie auf eine giftfreie Umwelt hin, die die biologische Vielfalt schützt und auf Nachhaltigkeit setzt. Bis 2025 sollen sichere und nachhaltige Chemikalien definiert sein und Verbrauchsgüter frei von den schädlichsten Bestandteilen hergestellt werden. Der deutsche Großkonzern BASF reagiert auf die steigende Nachfrage aus Nordeuropa nach biologischen Pflanzenschutzmitteln und plant dazu eine neue Fermentierungsanlage in Ludwigshafen.

Anreize für Unternehmen stammen auch von der EU

Noch exportiert Dänemark etwa 70 Prozent seines Kunststoffabfalls. Anfang 2024 soll nun in Esbjerg die erste Plastiksortieranlage Dänemarks in Betrieb genommen werden. Die Technik stammt vom deutschen Anlagenbauer Eggersmann. Damit wird die Abfallwirtschaft und somit das chemische Recycling in Dänemark angekurbelt. Dänemark ist also gut gerüstet, um der für 2024 anvisierten EU-Verpackungsverordnung zu entsprechen. Zudem ist die Technologie bereits vorhanden: Die erste Anlage fürs chemische Recycling wird durch die norwegische Quantafuel in Skive betrieben und wurde maßgeblich durch Remondis und BASF unterstützt. Der deutsche Großkonzern erhält derzeit sämtliche Produkte, die hier mittels Pyrolyseverfahren hergestellt werden. 

Darüber hinaus gibt es weitere Pläne: In der Kommune Vordingborg soll eine 26.000 Quadratmeter große Anlage für chemisches Recycling platziert werden. Zwei weitere Projekte widmen sich der Entwicklung von Kraftstoffen durch Pyrolyse und sehen den Bau von fünf Produktionsanlagen allein in Dänemark vor. Die Umsetzung soll bis 2026 laufen und dürfte auch für deutsche Zulieferer von Interesse sein.

Auch privatwirtschaftliche Förderinstrumente tragen zur Exzellenzbildung bei. Im Nischenbereich der Proteinchemie steht Dänemark beispielsweise gut dar, dank des Förderprogramms des Novo Nordisk Foundation Center for Protein Research der Universität Kopenhagen. Das Institut ist weltweit führend auf dem Gebiet der Proteomik, der groß angelegten Untersuchung der Struktur und Funktion von Proteinen.

Deutschland bleibt wichtigster Handelspartner für chemische Erzeugnisse

Der Import chemischer Erzeugnisse deutscher Herkunft entwickelt sich weiterhin positiv. Dennoch wurde 2023 ein leichter Einbruch verzeichnet: In den ersten zehn Monaten 2023 wurden insgesamt chemische Erzeugnisse im Wert von 2,6 Milliarden Euro aus Deutschland importiert. Dies entspricht etwa 200 Millionen Euro weniger als im Vorjahreszeitraum.

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