Special EU Rohstoffsicherung
Critical Raw Materials Act: 170 Projektanträge eingereicht
Die Europäische Kommission hat in der ersten Antragsrunde 170 Bewerbungen für strategische Rohstoffprojekte erhalten - fast die Hälfte davon für den Abbau von Rohstoffen.
28.08.2024
Von Edda Wolf | Bonn
Bei der Europäischen Kommission in Brüssel sind 170 Bewerbungen um den Status als "strategisches Projekt" im Rahmen der EU-Verordnung über kritische Rohstoffe eingegangen. Die erste Bewerbungsrunde endete am 22. August 2024. Diese große Resonanz unterstreicht das Engagement des privaten Sektors, die europäische Versorgung mit strategischen Rohstoffen zu stärken.
Die Projektanträge drehen sich um viele der im Critical Raw Materials Act (CRMA) gelisteten strategischen Rohstoffe, darunter Lithium, Nickel, Kobalt und Graphit für Batterien sowie Seltenerdelemente für Permanentmagnete. Die Bewerbungen decken alle Stufen der Wertschöpfungskette ab:
Wertschöpfungsstufe | Gewinnung | Verarbeitung | Recycling | Ersatzmaterialien |
---|---|---|---|---|
Anzahl Projekte | 77 | 58 | 30 | 5 |
Die EU-Verordnung über kritische Rohstoffe (CRMA) trat am 23. Mai 2024 in Kraft. Durch die Stärkung von heimischem Abbau, Verarbeitung, Recycling und Entwicklung von Ersatzmaterialien will die EU ihre Importabhängigkeit verringern. Strategische Projekte profitieren von beschleunigten Genehmigungsverfahren: maximal 27 Monate für Bergbauprojekte, 15 Monate für Verarbeitungs- und Recyclingprojekte.
Über 120 Bewerbungen aus EU-Ländern
Während mit 121 die meisten Bewerbungen aus der EU stammen, wurden 49 von außerhalb der EU eingereicht. Alle eingegangenen Anträge werden auf Vollständigkeit geprüft und anschließend von externen, unabhängigen Experten bewertet. Auf der Grundlage dieser Bewertungen wird die EU-Kommission den Entwurf einer Liste der ausgewählten strategischen Projekte erstellen, die vom Europäischen Komitee für kritische Rohstoffe (CRM Board) mit den EU-Ländern erörtert werden soll. Eine erste Liste der als strategisch eingestuften Projekte will die EU-Kommission im Dezember 2024 veröffentlichen.
Die nächste Antragsrunde für strategische Projekte ist für das 1. Quartal 2025 vorgesehen.
Schwedische Unternehmen melden Projekte für seltene Erden an
Welche Unternehmen sich mit ihren Projekten für die aktuelle Runde beworben haben, wurde von der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU der EU nicht mitgeteilt. Nach eigenen Aussagen gehören dazu Leading Edge Materials mit dem Seltenerdprojekt Norra Kärr in Schweden und das staatliche schwedische Bergbauunternehmen Luossavaara-Kiirunavaara Aktiebolag (LKAB) mit drei Projekten.
Bei Norra Kärr handelt es sich um eine Eudialyt-Lagerstätte. Dieses Mineral weist einen hohen Anteil der schweren Seltenerdelemente Dysprosium und Terbium auf, die für die Herstellung von Permanentmagneten für Elektromotoren und Windturbinen benötigt werden. Allerdings ist die Konzentration der Rohstoffe in Eudialyten vergleichsweise gering und die Gewinnung komplex und weiterhin Gegenstand von Forschungsvorhaben.
Bei den drei Projekten von LKAB im Norden Schwedens handelt es sich um:
- die Gewinnung kritischer Mineralien in der bestehenden Eisenerzmine in Gällivare inklusive Bau einer neuen Aufbereitungsanlage für Apatit,
- die Seltenerdlagerstätte Per Geijer bei Kiruna,
- den Industriestandort in der Küstenstadt Luleå.
In Luleå soll zunächst Apatit aus Gällivare verarbeitet und unter anderem seltene Erden und Phosphor abgetrennt werden. LKAB will Seltenerdmetalloxide sowie Phosphorsäure zur Herstellung von Mineraldünger und Gips produzieren. Dies soll durch die Nutzung von Materialströmen aus der Eisenerzproduktion in Gällivare erreicht werden, die bislang als Abfall betrachtet wurden.
Der strategische Plan sieht eine spätere Ausweitung der Produktion durch den zukünftigen Abbau der Lagerstätte Per Geijer in Kiruna vor, sagt Jan Moström, Präsident und CEO von LKAB. Ende 2023 beliefen sich die Mineralressourcen an Seltenerdoxiden in dieser Lagerstätte auf etwa 1,7 Millionen Tonnen. Das macht Per Geijer zu einer der größten Lagerstätten für Seltenerdmetalle in Europa.
Bis 2030 will LKAB die Produktion von Seltenerdoxiden auf einem wachsenden Weltmarkt, der heute von China dominiert wird, aufnehmen. Die Lagerstätten von LKAB enthalten alle 17 Seltenerdmetalle, von denen Neodym, Praseodym, Samarium, Cer (leichte seltene Erden), Dysprosium, Terbium und Gadolinium (schwere seltene Erden) in der EU als kritische Rohstoffe eingestuft werden.
Die Minen von LKAB sind im Wesentlichen Eisenerzminen, in denen Seltenerdmetalle ein Nebenstrom sind. Das trifft auch auf die neue Lagerstätte bei Kiruna zu, die nach heutigem Stand 20 bis 30 Jahre Bergbau vor Ort sichert.
Die Entdeckung des Seltenerdvorkommens Per Geijer in der Nähe von Kiruna sorgte Anfang 2023 für Schlagzeilen, da es als das größte Europas eingestuft wurde. Dieser Titel wurde der Lagerstätte inzwischen von Fen im benachbarten Norwegen streitig gemacht. Beide Lagerstätten befinden sich in der Explorationsphase.
LKAB ist ein international agierender Bergbaukonzern mit Sitz in Luleå, das sich zu 100 Prozent im Besitz des schwedischen Staates befindet. Das Unternehmen betreibt unter anderem das weltgrößte Eisenerzbergwerk in Kiruna und bietet nachhaltiges Eisenerz, Mineralien und Spezialprodukte an. Das Unternehmen hat sich dazu verpflichtet, bis 2045 kohlenstofffreie Prozesse und Produkte zu entwickeln. Im Jahr 2023 erzielte die LKAB-Gruppe einen Umsatz von rund 43 Milliarden Schwedischen Kronen (etwa 3,8 Milliarden Euro) und beschäftigte fast 5.200 Mitarbeitende in zwölf Ländern.