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Wirtschaftsumfeld | Finnland | Öffentliche Finanzen, Staatshaushalt

Regierung setzt den Rotstift an

Finnland muss sparen. Dazu hat die Europäische Kommission aufgerufen. Die Regierung hat nun neue Sparmaßnahmen vorgestellt. Für Unternehmen gibt es auch positive Nachrichten.

Von Niklas Becker | Helsinki

Finnlands Regierung hat ein neues Sparpaket für den Staatshaushalt vorgestellt. Zwischen 2025 und 2028 sollen damit insgesamt 3 Milliarden Euro eingespart beziehungsweise mehr erwirtschaftet werden. Etwa die Hälfte der vorgestellten Maßnahmen sind Ausgabenkürzungen (1,6 Milliarden Euro) und die andere Hälfte Steuererhöhungen (1,4 Milliarden Euro). So ist unter anderem eine Erhöhung der allgemeinen Mehrwertsteuer von derzeit 24 auf 25,5 Prozent vorgesehen. Innerhalb der EU hat nur Ungarn einen höheren Satz. 

Die Mehrwertsteuererhöhung werden Experten zufolge vor allem die Verbraucher tragen. Die Kaufkraft der Konsumenten dürfte aber trotzdem steigen. Preis- und Zinssteigerungen haben dem finnischen Privatkonsum in den letzten Jahren stark zugesetzt. Nun steigen die Reallöhne wieder. "Jetzt beginnt sich die Lage bereits zu entspannen, und die Kaufkraft der Verbraucher steigt bereits", sagt Henna Mikkonen, Head of Macro Analysis bei der finnischen Bank Säästöpankki, gegenüber der Wirtschaftszeitung Kauppalehti. Der Expertin zufolge sei die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes zwar eine negative Entscheidung für die Verbraucher, aber sie wird nicht den gesamten erwarteten Kaufkraftzuwachs aufheben.

Stärkerer Fokus auf Forschung und Entwicklung

Von den Einsparungen sind auch die Unternehmen in Finnland betroffen. Wie die Regierung berichtet, werden unter anderem die regionalen Finanzhilfen für den Transportsektor gekürzt. Der staatlichen Wirtschaftsförderungsgesellschaft Business Finland werden weniger Mittel zur Verfügung stehen, um Firmen zu fördern. 

Von diesen Kürzungen sollen allerdings keine Zuschüsse für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten (F&E-Tätigkeiten) betroffen sein. Ganz im Gegenteil: Denn für F&E-Zuschüsse wird Business Finland zwischen 2025 und 2028 zusätzliche Mittel erhalten. 

Steuervorteile für große Investitionen 

Im Rahmen der Sparmaßnahmen hat die Regierung zudem ein Konjunkturpaket für die finnische Wirtschaft vorgestellt. Dadurch sollen die Genehmigungsverfahren für Investitionen verbessert und die heimischen F&E-Ausgaben angekurbelt werden. Für Nord- und Ostfinnland werden noch 2024 spezielle Konjunkturprogramme aufgesetzt. 

Finnlands Regierung will zudem Großinvestitionen fördern, die den Übergang zu einer emissionsärmeren Wirtschaft unterstützen. Als Beispiele hierfür nennt sie Investitionen in Batterie- und Wasserstoffprojekte oder auch die Herstellung von Stahl ohne fossile Brennstoffe. Firmen können für Investitionsprojekte Steuern zurückerstattet bekommen. Details des Fördermechanismus sollen zeitnah ausgearbeitet werden. 

Gesundheitssektor erhält weniger Mittel

Einsparungen sollen in der Sozial- und Gesundheitsfürsorge vorgenommen werden. So ist beispielsweise geplant, die Versorgungsgarantie in der primären Gesundheitsversorgung von derzeit 14 Tagen auf drei Monate zu verlängern. Patienten haben einen Anspruch darauf, innerhalb dieser Zeit einen Arzttermin zu bekommen. Darüber hinaus ist die Schließung der 24-Stunden-Bereitschaft einiger Krankenhäuser vorgesehen. 

Den Rotstift setzt die Regierung auch bei der Bildung an. Insbesondere für die Ausbildung von Erwachsenen, die bereits einen Abschluss haben, sollen Mittel gekürzt werden. Darüber hinaus werden die Renten höher besteuert. Rund die Hälfte der finnischen Rentenempfänger ist von dieser Maßnahme betroffen. 

Weitere Sparmaßnahmen könnten folgen

Bereits das 2023 vorgestellte Regierungsprogramm sah Einsparungen in Höhe von 6 Milliarden Euro bis 2027 vor. Finnlands Staatsfinanzen haben sich laut Regierung jedoch verschlechtert, weshalb die zusätzlichen Einsparungen in Höhe von 3 Milliarden Euro nötig seien. Ob in Zukunft weitere Einsparungen folgen könnten, steht noch nicht fest. 

Die neuen Einsparungen reichen laut Juha Majanen, Staatssekretär im Finanzministerium, möglicherweise nicht für die gesamte Legislaturperiode bis 2027 aus, berichtet die Tageszeitung Helsingin Sanomat. Grundsätzlich sollen die vorgestellten Maßnahmen ab 2025 umgesetzt werden. Presseberichten zufolge könnte die Mehrwertsteuer jedoch bereits zum 1. September 2024 erhöht werden.  

Bruttoverschuldung deutlich gestiegen

Grund für die umfangreichen Sparmaßnahmen ist ein merklicher Zuwachs der finnischen Staatsverschuldung. In der Vergangenheit haben unter anderem die Europäische Kommission und der Internationale Währungsfonds (IWF) das nordische Land aufgefordert, den Haushalt merklich zu konsolidieren. Laut IWF sei dies notwendig, um zukünftig einen finanziellen Spielraum für altersbedingte Ausgaben der Gesellschaft zu haben.  

Finnlands Bruttoverschuldung belief sich Ende 2023 auf 75,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Zuwachs um 2,3 Prozent. Wie Zahlen von Eurostat zeigen, war das der höchste Zuwachs aller EU-Staaten. Im Durchschnitt sank die Verschuldung der 27 EU-Mitgliedsstaaten um 1,7 Prozent. Trotz der Sparmaßnahmen erwartet das finnische Finanzministerium auch für die kommenden Jahre einen Zuwachs der Bruttoverschuldung. 2028 soll sie bei rund 84 Prozent liegen. Ohne die zusätzlichen Sparmaßnahmen von 3 Milliarden Euro würde sie laut der Behörde bis 2028 auf 90 Prozent ansteigen. 

 

Sparmaßnahmen bremsen Wachstum

Die von der Regierung vorgestellten Maßnahmen werden sich laut dem finnischen Finanzministerium negativ auf das BIP des Landes auswirken. Das berichtet die Behörde in ihrer neuesten Prognose, die sie Ende April 2024 vorgestellt hat. Demnach wird die Wirtschaftsleistung 2025 und 2026 aufgrund der Sparmaßnahmen jeweils um 0,5 Prozentpunkte weniger wachsen. Für 2025 prognostiziert das Finanzministerium nun einen Zuwachs des BIP um 1,6 und für 2026 um 1,5 Prozent. Für 2024 erwarten die Experten eine Nullrunde. 

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