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Georgien will Stromerzeugung bis 2033 verdoppeln
Das Südkaukasusland passt seine Stromgesetzgebung an EU-Richtlinien an. Am 1. Juli 2024 soll die Strombörse Genex starten.
15.12.2023
Von Uwe Strohbach, Katrin Kossorz | Tiflis, Bonn
Georgiens Pläne sind ehrgeizig, zumal der Ausbau der Branche lange Zeit stockte. Sie war sehr stark reguliert und die Energiegesetzgebung wenig ausgereift. Zudem bremsten unzureichende Absprachen mit potenziellen Investoren und offene Umweltfragen.
Massiver Ausbau der Stromerzeugung geplant
Bis 2033 soll es in Georgien technisch möglich werden, 9.458 Megawatt Strom zu produzieren, so der Entwicklungsplan der Regierung und der staatlichen Stromübertragungsgesellschaft JSC Georgian State Electrosystem (GSE). Das wäre fast eine Verdoppelung. Die aktuellen Kapazitäten zur Energieerzeugung belaufen sich auf 4.586 Megawatt.
Im Zieljahr 2033 will Georgien dann 33,7 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugen. Rund 14,2 Milliarden Kilowattstunden waren es noch im Jahr 2022. Strom wird in dem bergigen, wasserreichen Land im Südkaukasus hauptsächlich aus Wasserkraft produziert. Die gibt es reichlich, sodass, abgesehen von den Trockenmonaten, Georgien Energie sogar in seine Anrainerstaaten exportieren kann.
2020 | 2021 | 2022 | 2023 1) | |
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Stromerzeugung | 11.160 | 12.645 | 14.247 | 7.060 |
Wasserkraftwerke | 8.248 | 10.182 | 10.771 | 5.337 |
saisonale Wasserkraftwerke 2) | 4.169 | 4.864 | 5.113 | 3.040 |
Wärmekraftwerke (vorwiegend zur Stromversorgung im Winter) | 2.821 | 2.380 | 3.388 | 1.680 |
Windkraftwerk Kartli (21 MW) | 91 | 83 | 88 | 43 |
Nettoimporte (Bezugsländer: Armenien, Aserbaidschan, Russland, Türkei) | 1.456 | 1.615 | 562 | -156 |
Transit | 102 | 1.184 | 3.160 | 1.498 |
Verluste/Eigenverbrauch (Erzeugung), Übertragungsverluste | 238 | 237 | 642 | 146 |
Übertragungsverluste | 242 | 293 | 367 | 190 |
Nettoverbrauch | 12.136 | 13.730 | 14.167 | 6.568 |
Gesamtverbrauch | 12.616 | 14.260 | 14.809 | 6.904 |
Bis zum Jahr 2028 sollen Georgiens Energieexporte auf fast 10 Milliarden Kilowattstunden emporschnellen. Ein weiterer Anstieg um 3 Milliarden Kilowattstunden ist darüber hinaus in den fünf Folgejahren geplant.
Zuständig für die Erschließung neuer Energiekapazitäten und Suche potenzieller Investoren ist der Georgische Energieentwicklungsfonds, der dem Ministerium für Wirtschaft und Nachhaltige Entwicklung untersteht.
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Georgien harmonisiert Strommarkt weiter mit EU-Gesetzgebung
Das kleine Land im Südkaukasus mit etwa 3,7 Millionen Einwohnern leitete Schritte für die Liberalisierung und Deregulierung seines Strommarktes ein. Die Abschaffung der Anschlussgebühren an das Übertragungsnetz, die Aufhebung der Exportgenehmigungspflicht und weitreichende Mehrwertsteuerbefreiungen stärken den Sektor. So konnten viele Modernisierungs- und Ausbauprojekte auf den Weg gebracht werden.
Inzwischen hat Georgien seinen Strommarkt in vielen Bereichen an die EU-Energiegesetzgebung angepasst.
Dem voraus gegangen waren:
- Georgiens Beitritt zur Europäischen Energiegemeinschaft als vollwertiges Mitglied im Juli 2017,
- ein 2019 in Kraft getretenes neues Energiegesetz,
- die Resolution Nr. 403 vom 2. Juli 2020 zur Förderung Erneuerbarer; die Zahlung einer Marktprämie für erneuerbare Energieanlagen (Wasser-, Wind- und Solarenergie) mit einer installierten Leistung von mehr als 5 Megawatt,
- ein Nationaler Aktionsplan für Erneuerbare Energien und
- ein Konzept für den Strommarkt.
Georgien zielt auf einen Strommarkt, der auf Markt- und Wettbewerbsprinzipien basiert und an das EU-Regelwerk angepasst ist.
Nächste Etappen für den Übergang sind:
- die weitere schrittweise Öffnung des Strommarktes für verschiedene Verbrauchergruppen,
- marktkonforme Groß- und Einzelhandelspreise für Strom und
- die Implementierung der REMIT-Regelungen der EU (Verordnung über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandels) in die nationale Gesetzgebung.
Organisierter Strommarkt soll Anfang Juli 2024 starten
Aktuell werden die Strompreise noch staatlich geregelt. Die Vorbereitungen für einen organisierten Strommarkt sind aber getroffen: Am 1. Juli 2024 soll der Startschuss für die georgische Strombörse Genex erfolgen. Dort sollen tägliche Strom-Auktionen (Day-Ahead-Markt und Intraday-Markt) erfolgen und bilaterale Stromgeschäfte über einen außerbörslichen OTC-Handel abgewickelt werden.
Allerdings wurde die Einführung des organisierten Stromhandels schon mehrere Male verschoben. Georgien befürchtete, dass sich globale Strompreisunsicherheiten negativ auf den nationalen Markt auswirken könnten. Zudem verzögerten sich die Vorbereitungen.
Erste Ausschreibung für Ökostrom mit 26 Gewinnern
Anfang Juli 2023 gab die georgische Regierung die 26 Gewinner der ersten Auktion für Ökostromprojekte bekannt. Der Projektwert beträgt circa 2 Milliarden US-Dollar (US$). Die ausgeschriebene Gesamtkapazität in Höhe von 300 Megawatt wurde mit 78 Geboten über 900 Megawatt mehrfach überzeichnet. Die durchschnittlichen Bieterpreise erreichten 5 bis 6 Cent/Kilowattstunde. Weitere Ausschreibungen über insgesamt 1.200 Megawatt sind in naher Zukunft geplant.
Kennziffer | Projekte, insgesamt | Wasserkraft | Fotovoltaik | Windkraft |
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Anzahl der Projekte | 26 | 14 | 10 | 2 |
Gesamtkapazität (in MW) | 296 | 149 | 70 | 77 |
Maximaler Tarif (Cent/kWh) | 6,85 | 6,90 | 5,85 | 6,00 |
Minimaler Tarif (Cent/kWh) | 5,30 | 5,90 | 5,30 | 5,80 |
Anteil der Erneuerbaren am Strommix gehört zur Weltspitze
Die Entwicklung von Projekten für erneuerbare Energien in Georgien basiert auf dem Gesetz über öffentlich-private Partnerschaften (PPP) und der Resolution Nr. 515 der georgischen Regierung (Oktober 2018).
Georgiens Anteil erneuerbarer Energien an der Energieproduktion gehört heute zu den höchsten der Welt. Er erreicht aufgrund des großen Wasserkraftpotenzials mehr als drei Viertel. Fast die gesamte georgische Ökostromproduktion entfällt auf die Wasserkraft. Die verbleibende Stromerzeugung stammt aus Wärmekraftwerken und einem kleinem Windkraftwerk.