Rechtsbericht | EU-Beitrittskandidaten | Mindestlohn
Mindestlohnbestimmungen in Georgien, Moldau und der Ukraine
Wie sieht es mit dem Mindestlohn in den drei EU-Beitrittsländern aus? Der folgende Beitrag gibt einen ersten Überblick über die Mindestlohnregelungen in diesen Ländern.
21.01.2025
Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn
Hinweis: Dieser Rechtsbericht wurde erstmals am 18. April 2024 veröffentlicht und zuletzt inhaltlich überprüft und - soweit dies erforderlich war - aktualisiert im Januar 2025.
Die Länder Georgien, Moldau und die Ukraine sind EU-Beitrittskandidaten. Im Jahr 2022 haben sie einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt. Am 8. November 2023 empfahl die EU-Kommission die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau sowie die Verleihung des Kandidatenstatus an Georgien im Dezember desselben Jahres.
Hinweis: Der EU-Beitrittsprozess Georgiens ist aufgrund von aktuellen Maßnahmen der georgischen Regierung, wie der Änderung des Wahlgesetzes im Frühjahr 2024, ins Stocken geraten.
Vor diesem Hintergrund stellt sich für Unternehmen vermehrt die Frage, wie eine Geschäftstätigkeit in diesen Ländern am besten begonnen werden kann. Dazu zählt auch die Frage, wie hoch der Mindestlohn im Vergleich ausfällt. Die Antwort ist nicht nur für die Berechnung der abzuführenden Steuern wichtig, sondern auch für die Bemessung anderer staatlicher Abgaben, beispielsweise Bußgelder, Lizenzen und Zöllen.
Georgien: Kein gesetzlicher Mindestlohn in der Privatwirtschaft
In der georgischen Privatwirtschaft gibt es faktisch derzeit noch keinen gesetzlichen Mindestlohn für Beschäftigte. Das wichtigste normative Gesetz, das die Arbeitsbeziehungen in Georgien regelt, ist das Arbeitsgesetzbuch. Das Arbeitsrecht definiert und regelt den Mindestlohn für Beschäftigte derzeit noch nicht. Die einzige Regelung, die sich auf den Mindestlohn für Beschäftigte in der Privatwirtschaft bezieht, ist das Präsidialdekret Nr. 251 vom 4. Juni 1999: Darin wird der Brutto-Monatsmindestlohn auf 20 Lari (ca. 7 Euro) festgesetzt. Im selben Dekret wird auch das Verfahren zur Indexierung des Mindestlohns festgelegt. In den vergangenen 20 Jahren wurde der Mindestlohn lediglich einmal auf 40 Lari (ca. 14 Euro) erhöht, um Bußgelder und andere Zahlungen für Verstöße zu berechnen.
Die georgische Regierung hat sich bislang gegen die Einführung eines Mindestlohnes ausgesprochen, da sie darin eine Einmischung in die freie Marktwirtschaft sieht. Bei der Berechnung von Löhnen wird daher von einem monatlichen Durchschnittslohn ausgegangen. Im dritten Quartal des Jahres 2024 belief sich der Durchschnittsmonatslohn bei Frauen auf 1.650 Lari (ca. 565 Euro) und bei Männern auf 2.451 Lari (ca. 839 Euro). Es sei darauf hingewiesen, dass die Höhe des Durchschnittslohns in hohem Maße von der jeweiligen Branche abhängt.
Moldau: Der Mindestlohn wird jährlich neu festgelegt
Für das Jahr 2025 wurde ein Monatsmindestlohn in Höhe von 5.500 Moldau-Leu (ca. 264 Euro) bei einem Arbeitsdurchschnitt von 169 Stunden im Monat durch die Regierung gebilligt und gilt seit dem 1. Januar 2025. Damit liegt der Mindestlohn immer noch unter den von der EU-Richtlinie 2022/2041 geforderten 50 Prozent des Durchschnittslohns. Die Regierung plant jedoch, die Richtlinie durch eine schrittweise Anhebung des Mindestlohns über mehrere Jahre umzusetzen.
Die Festlegung des Mindestlohns in Moldau erfolgt gemäß dem Gesetz Nr. 1432 über das Verfahren zur Festlegung und Überprüfung des Mindestlohns. Die Festlegung des Mindestlohns erfolgt jährlich durch das Ministerium für Arbeit und Soziales nach Konsultationen mit den Sozialpartnern, insbesondere den Gewerkschaften. Der festgelegte Mindestlohn wird der Regierung zur Annahme vorgelegt.
Dabei darf der gesetzliche Monatslohn eines Beschäftigten, der seine Arbeitsleistung vollständig erbracht hat, nicht unterschritten werden. Eine Kürzung des Mindestlohns durch Tarifvertrag oder individuellen Arbeitsvertrag ist nicht zulässig. Zudem wird der Mindestlohn auf einfache, nicht qualifizierte Tätigkeiten angewendet.
Hinweis: Der Mindestlohn bezieht sich lediglich auf arbeitsbezogene Leistungen und findet keine Berücksichtigung bei der Bemessung von staatlichen Abgaben wie Steuern, Zöllen, Bußgeldern und anderen Zahlungen.
Ukraine: Der Mindestlohn wird zur Berechnung von staatlichen Leistungen herangezogen
Das Gesetz über die Arbeitsvergütung (Закон про оплату праці) legt fest, dass der Lohn für eine vollständig erfüllte monatliche Arbeitsnorm nicht unter dem Mindestlohn liegen darf. Falls der beschäftigten Person ein niedrigerer monatlicher Lohn gezahlt wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine zusätzliche Zahlung bis zur Höhe des Mindestlohnes zu leisten, die zusammen mit dem Lohn ausgezahlt wird. Diese Regelung findet jedoch keine Anwendung auf Teilzeit-Arbeitsverhältnisse. Die Festlegung des Mindestlohns erfolgt jährlich durch die ukrainische Regierung im Rahmen des Haushaltsbudgets.
In 2025 greift der seit dem 1. April 2024 geltende Brutto-Mindestlohn in Höhe von 8.000 Hrywnja (ca. 190 Euro).
Zudem stellt der Mindestlohn für Unternehmen einen Indikator für die Höhe der abzuführenden Steuern dar. Dazu zählen die Einkommensteuer (18 Prozent), die Militärabgabe (5 Prozent) sowie die Sozialversicherungsbeiträge (22 Prozent).
Des Weiteren findet der Mindestlohn Anwendung bei der Berechnung staatlicher Dienstleistungen und Bußgelder, beispielsweise bei der Ausstellung von Lizenzen, Gerichtskosten, Bußgeldern bei Verstößen gegen das Arbeitsrecht oder bei der Nichtzahlung von Steuern oder der Bemessung von Grundsteuern.
Zum Thema:
- GTAI-Rechtsbericht Wirtschaftsrecht in Georgien
- GTAI-Publikation Recht kompakt Moldau
- GTAI-Publikation Recht kompakt Ukraine
- GTAI-Rechtsbericht Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der EU
- Erweiterungspaket 2023 der EU-Kommission
- Erweiterungspaket 2024 der EU-Kommission