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Griechenland sagt hohen Wasserverlusten den Kampf an
In Griechenland wird Wasser verschwendet. Die veraltete Infrastruktur muss modernisiert oder ersetzt werden. Dafür stehen rund 500 Millionen Euro aus dem EU-Aufbaufonds bereit.
02.11.2023
Von Michaela Balis | Athen
Griechenland weist mit 946,5 Kubikmetern pro Kopf eine der höchsten Wasserentnahmeraten in der OECD auf. Das ist mehr als doppelt so viel wie im europäischen Durchschnitt. Schuld daran ist die ineffiziente Wassernutzung in der Landwirtschaft, auf die 80 Prozent der Bruttowasserentnahme entfällt, sowie zahlreiche Lecks in den Verteilungssystemen.
Durchschnittlich geht rund ein Drittel des Wassers in den Leitungen verloren. In einigen Gegenden betragen die Wasserverluste laut Wasserversorgern sogar zwei Drittel. Das liegt an veralteten Wasserwerken, -leitungen und Pumpstationen. Griechenlandweit sind die meisten Leitungen zwischen 40 und 50 Jahre alt. Die brüchigen Rohre sind zudem häufig noch aus Asbest. Das macht die Modernisierung umso dringlicher. Hinzu kommt, dass die Überschwemmungen in Thessalien im Herbst 2023 einen großen Teil des dortigen Trinkwasser-, Abwasser und Bewässerungsnetzes zerstört haben.
Deutsche Technologie hilft dabei, Wasser einzusparen
"Es gibt Hochtechnologielösungen für die Wasserindustrie wie das SCADA-System. Dieses ermöglicht es, Pumpstationen zu überwachen, zu steuern und ihre Daten zu erfassen. In Kombination mit intelligenten Systemen für die Leckortung wird damit ein effizienter technischer Betrieb ermöglicht", sagt Agis Papadopoulos, Vorstandsvorsitzender von der Wasser- und Abwassergesellschaft von Thessaloniki EYATH und Vorstandsmitglied der AHK Griechenland. "Eine Modernisierung ist dringend angeraten", fügt er hinzu und weist auf die Chancen für eine Zusammenarbeit mit deutschen Technologie- und Ausrüstungslieferanten hin.
Der deutsche Konzern Siemens nimmt im Land eine führende Rolle bei der Modernisierung der Wasserinfrastruktur ein und arbeitet bereits mit EYATH sowie der Wassergesellschaft von Larissa zusammen. "Wir bieten unseren Kunden ein breites Spektrum an nachhaltigen und effizienten Lösungen für die Wasserindustrie an", teilt Spyros Lakkas, Vertical Sales Manager Digital Industries bei der Siemens AG, auf Nachfrage von Germany Trade & Invest mit. Der Schwerpunkt liege bei der Digitalisierung, der Automatisierung und der Elektrifizierung.
Milliardenschwere Trinkwasserprojekte in Planung
Die kommunalen Wasser- und Abwassergesellschaften planen griechenlandweit bis 2027 etwa 2.127 regionale Trinkwasserprojekte mit einem Gesamtbudget in Höhe von 5,87 Milliarden Euro. Das geht aus dem Nationalen Operationellen Wasserplan vom März 2022 hervor. Diese Projekte sollen aus dem EU-Aufbaufonds, aus dem EU-Partnerschaftsvertrag 2021-2027 sowie aus nationalen Finanzmitteln kofinanziert werden. Träger dieser Projekte sind die Wasserversorgungsgesellschaften, die Regionen als Vertragspartner der Wassergesellschaften sowie die zuständigen Stellen des Ministeriums für Infrastruktur und Transporte.
Im griechischen Plan des EU-Aufbaufonds sind insgesamt Trinkwasser-, Abwasser- und Bewässerungsprojekte in Höhe von 500 Millionen Euro vorgesehen. Die Ausschreibungen hierzu werden auf der Website des EU-Aufbaufonds veröffentlicht. Träger der Vorhaben sind das Ministerium für Umwelt und Energie, das Ministerium für Agrarentwicklung und das Ministerium für Infrastruktur und Transporte. Einige Projekte werden als öffentlich-private Partnerschaft umgesetzt.
Für die Trinkwasserversorgungsinfrastruktur und -verwaltung sind im griechischen Plan des EU-Aufbaufonds nationale Projekte im Umfang von 200 Millionen Euro vorgesehen. Ziel ist es, die Trinkwasserqualität zu verbessern und Wasser einzusparen. Konkret soll investiert werden in:
- "smarte" Telemetrie-, Fernbedienungs- und Prüfsysteme unter anderem für Pumpstationen und Wasseraufbereitungsanlagen,
- Systeme für die Leckortung,
- Energieeffizienz und -autonomie,
- Wasserentsalzungsanlagen.
Projekt | Investition (in Mio. Euro) | Stand | Träger |
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Verarbeitung und Reinigung der städtischen Abwässer und Modernisierung der Anlagen (griechenlandweit) | 297,6 | Fertigstellung bis Ende 2025 | Ministerium für Umwelt und Energie |
Bewässerungsprojekt: Wassertransport und -verteilung vom Nestos Fluss in die Ebene von Xanthi | 170 | ÖPP-Projekt, Fertigstellung bis Ende 2025, Interessenbekundung: Aktor-Intrakat gemeinsam mit Saur, Thalis-Avax-Goliopoulos, Mytilineos-Mesogeios gemeinsam mit Ermon, Gek Terna (Stand: August 2023) | Ministerium für Agrarentwicklung und Lebensmittel |
Modernisierung des Bewässerungsnetzes Tavropos | 159,6 | ÖPP-Projekt, Fertigstellung bis Ende 2025, Interessenbekundung: Gek Terna-Ch. Konstantinidis, Mytilineos-Intrakat-Mesogeios und Avax-Aktor (Stand: Mai 2023) | Ministerium für Agrarentwicklung und Lebensmittel |
Staudamm Minagiotiko und Bewässerungsnetz | 141,8 | ÖPP-Projekt, Fertigstellung bis Ende 2025, Interessenbekundung: Gek Terna-Ch. Konstantinidis, Mytilineos-Intrakat-Mesogeios und Avax-Aktor | Ministerium für Agrarentwicklung und Lebensmittel |
Trinkwasserprojekte in den Bezirken Preveza, Arta und Leukas | 140 | Fertigstellung bis Ende 2025, Auftragnehmer: Terna (Stand April 2023) | Ministerium für Infrastruktur und Transporte |
Bewässerungsnetze Ypereia, Bezirk Larissa-Orfanon, Bezirk Karditsa | 132,9 | ÖPP-Projekt, Beginn: Ende 2023, Fertigstellung bis Ende 2025; Interessenbekundung: Gek Terna, Aktor-Intrakat, Mytilineos-Mesogeios und Avax-Goliopoulos-Thalis (Stand Juli 2023) | Ministerium für Agrarentwicklung und Lebensmittel |
Bewässerungsnetz Almopaiou | 115 | ÖPP-Projekt, Fertigstellung bis Ende 2025, Interessenbekundung: Aktor-Intrakat gemeinsam mit Saur, Thalis-Avax-Goliopoulos, Mytilineos-Mesogeios gemeinsam mit Ermon, Gek Terna (Stand: August 2023) | Ministerium für Agrarentwicklung und Lebensmittel |
Projekt Trinkwassereinsparung: Wasserversorgungsanlagen, Telemetrie für die Leckortung, Anschaffung von digitalen Wasserzählern, Wasserentsalzungsanlagen (griechenlandweit) | 101,6 | Fertigstellung bis Ende 2025 | Ministerium für Umwelt und Energie |
Bau Staudamm in Tsiknia/Lesbos, Bau Wasseraufbereitungsanlage und der nötigen Wassernetze | 82,6 | Fertigstellung bis Ende 2025; vorläufiger Auftragnehmer: Aktor (Stand April 2023) | Ministerium für Infrastruktur und Transporte |
Noch reicht das Wasser
Griechenland verfügt über große Süßwasserressourcen. Der sogenannte Wasserstress, also die Entnahme der erneuerbaren Wasservorräte, ist in Griechenland gering und liegt bei 13,3 Prozent, so die letzten verfügbaren Zahlen von Eurostat aus dem Jahr 2019. Sorge um Wasserknappheit besteht, wenn die Marke die 20 Prozent erreicht. Dennoch wird das Wassernetz besonders im Sommer aufgrund des Tourismus unter Druck gesetzt.
Betroffen sind Südkreta, der südliche Peloponnes und die Inseln der Ägäis und des Saronischen Golfes. Letztere müssen zwischenzeitlich per Schiff mit Trinkwasser beliefert werden. Auch in einigen abgelegenen Regionen gibt es Probleme mit der Trinkwasserzufuhr und -versorgung. Dort müssen die Wasserquellen ausgebaut oder neue Quellen erschlossen werden.
Rund 60 Prozent des Süßwassers stammt aus Grundwasserreserven. Durch die hohen Bewässerungsmengen in der Landwirtschaft sowie durch die Nähe der Grundwasserspeicher zum Meer besteht die Gefahr der Grundwasserversalzung. In Griechenland gibt es rund 130 Wasserentsalzungsanlagen.
Haushalte stehen für 16 Prozent des Wasserverbrauchs
Für die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung sind rund 130 kommunale Gesellschaften zuständig, die 156 Gemeinden in ganz Griechenland abdecken. Die beiden größten sind die Wasser- und Abwassergesellschaft von Attika (EYDAP) und von Thessaloniki (EYATH).
Auf die öffentliche Wasserversorgung für die Haushalte entfallen in Griechenland rund 16 Prozent der Bruttowasserentnahme. Gemäß den Angaben von 78 Wasser- und Abwassergesellschaften, die 93 Prozent der Bevölkerung versorgen, liegt der durchschnittliche Preis für das Wasser (Wasser und Abwasserdienste) bei 1,46 Euro pro Kubikmeter. Der durchschnittliche Wasserverbrauch pro Person liegt bei 180 Liter pro Tag.
Wasserproblematik bekommt höheren Stellenwert
Zuständig für die Verwaltung der Wasservorkommen ist ab Ende 2023 die griechische Energieregulierungsbehörde, die mit dem Gesetz 5037/2023 in die Regulierungsbehörde für Abfall, Energie und Wasser umgestaltet wird. Damit bekommt das Thema Wasser einen höheren Stellenwert. Die Richtlinien der Politik für das Wasser bestimmt das Umwelt- und Energieministerium.