Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Nordafrika | Wasserwirtschaft

Nordafrika stemmt sich mit Investitionen gegen die Wasserkrise

Der Investitionsbedarf in den Ländern Nordafrikas steigt dramatisch. Marokko und Ägypten setzen aktuell die größten Projektvolumina um. 

Von Friedrich Henle | Berlin

Die Länder Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten leiden unter Wasserstress. Und die Lage dürfte sich in den nächsten Jahren noch verschärfen. Nach Daten des "World Resources Institute" werden die fünf südlichen Mittelmeeranrainer im Jahr 2030 mehr als 80 Prozent ihrer natürlichen, erneuerbaren Wasserressourcen verbrauchen. Sie befinden sich damit alle auf der Liste der 30 Länder weltweit, die am stärksten unter Wasserstress leiden. Die Region Nordafrika und Nahost (MENA) wurde von den Vereinten Nationen bereits als Klima-"Hotspot" bezeichnet. Mehrere Modelle zeigen, dass sich das Gebiet doppelt so schnell erwärmt wie der Rest der Welt.

Gleichzeitig nimmt der Wasserbedarf in allen Ländern Nordafrikas stark zu. Die Bevölkerungszunahme ist einer der Hauptgründe. Zudem verlangt die Landwirtschaft die teilweise auch für den Export produziert bei höheren Temperaturen und Dürren nach immer mehr künstlicher Bewässerung. Schon jetzt ist der Sektor der mit Abstand größte Wasserverbraucher. An der Spitze stehen Ägypten und Marokko, in denen die Landwirtschaft für mehr als 80 Prozent der Wasserentnahmen verantwortlich ist.

Maßnahmen gegen Wassermangel werden immer wichtiger

Was tun die einzelnen Länder gegen die Wasserkrise? Es ist ein Bündel an Maßnahmen, unter denen die Meerwasserentsalzung zukünftig als eines der wichtigsten Mittel herausragt. Auf dem Plan stehen aktuell auch der Ausbau der Transportinfrastruktur, unter anderem um für einen Wasserausgleich zwischen verschiedenen Landesteilen zu sorgen. Potenzial besteht zudem bei der Nutzung von gereinigtem Abwasser für die Landwirtschaft. Die Sanierung der teils maroden Leitungssysteme könnte ebenfalls für Entlastung sorgen.

Marokko investiert in Transport, Speicherung und Entsalzung

In Marokko sollen bis zum Jahr 2030 rund 50 Prozent der Trinkwasserversorgung über die Meerwasserentsalzung gesichert werden. Um den zunehmenden Wassermangel anzugehen, baut die Regierung auch das Netz von Verbindungskanälen und Rohrleitungen zwischen dem relativ niederschlagsreichen Norden und dem regenarmen Süden aus.

Deutsche Unternehmen und Zulieferer sind im Königreich vor allem im Bereich der Abwasserreinigung aktiv. Der deutsche Pumpenhersteller Wilo sieht in Marokko zunehmende Geschäftschancen und errichtet deshalb vor Ort ein Montagewerk.

Algerien setzt vor allem auf die Meerwasserentsalzung

Fünf große Anlagen zur Meerwasserentsalzung mit einer Kapazität von jeweils 300.000 Kubikmetern pro Tag befinden sich gerade im Bau. Nach Abschluss der Arbeiten gegen Jahresende 2024 steigt der Anteil an der Trinkwasserversorgung von aktuell etwa 20 Prozent auf dann 40 Prozent. Mit weiteren Projekten soll dieser Wert bis zum Jahr 2030 auf 60 Prozent steigen.

Ausländische Unternehmen sind als Generalunternehmen oder Technologielieferanten an mehreren Stellen in der algerischen Wasserbranche aktiv. Diese müssen sich allerdings darauf einstellen, dass die algerische Politik die lokale Wertschöpfung voranbringen will. Sie bevorzugt daher lokal ansässige Unternehmen beziehungsweise Ansiedlungen ausländischer Unternehmen.

Internationale Finanzierung von Wasserprojekten in Tunesien 

In Tunesien stehen die Beteiligungschancen immer dann gut, wenn Projekte im Wassersektor von internationalen Geberinstitutionen, wie zum Beispiel der deutschen KfW Bankengruppe, finanziert werden. Und das ist sehr häufig der Fall. Bei der Lieferung von Wassertechnik herrscht allerdings große Konkurrenz durch Anbieter aus Italien, Frankreich und China.

Die nationale Wasserstrategie Tunesiens beinhaltet neben der Meerwasserentsalzung auch den Aus- und Neubau von Staudämmen sowie den Transfer zwischen Wasserreservoirs. Ein weiteres großes Betätigungsfeld ist die Abwasserentsorgung.

In Ägypten steht die Wiederverwertung von Nilwasser auf der Agenda

Der Ausbau der Wasserinfrastruktur in Ägypten erfordert ebenfalls Investitionen in Milliardenhöhe. Im bevölkerungsreichsten Land Nordafrikas ist die Trinkwasserversorgung bisher hauptsächlich vom Nil abhängig. Um neue Wasserquellen zu erschließen, investiert Ägypten große Summen in die Wiederverwendung von Abwasser, insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich. Dem Ausbau der Meerwasserentsalzung wird ebenso großes Gewicht zugemessen.

Für deutsche Unternehmen ist Ägypten der wichtigste Zielmarkt für Wassertechnik in Nordafrika. Gut die Hälfte der entsprechenden Ausfuhren in die Region geht in das Land am Nil. Einblicke in die Geschäftschancen vor Ort geben beispielsweise Anna Lena Blanke, Geschäftsführerin der TIA Technologien zur Industrie-Abwasser-Behandlung GmbH, und Dr. Peter Riad, Branchenexperte für Wasserwirtschaft in Ägypten, in einem Experteninterview.

Europa liefert immer noch die Hälfte der benötigten Wassertechnik

Doch der Vorsprung schwindet. Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten kaufen immer mehr Pumpen, Filter, Ventile und andere Ausrüstungsgegenstände für den Wasserbereich bei nicht-europäischen Unternehmen. Insbesondere chinesische Unternehmen haben stark zugelegt. Auch Anbieter aus der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten haben Marktanteile erobert. Der jährliche Importwert für Wassertechnik in Nordafrika schwankte im Zeitraum von 2018 bis 2022 zwischen 2,3 Milliarden und 2,5 Milliarden US-Dollar.

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.