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Rechtsbericht | Griechenland | Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Um den Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten, hat die Regierung neue Gesetze erlassen. 

Von Michaela Balis, Christina Iliadou (AHK Griechenland) | Athen

Die folgenden Angaben stellen eine Erstinformation zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Rechtspraxis dar. Germany Trade & Invest bietet keine weiterführende Rechtsberatung hinsichtlich der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen oder arbeitsrechtlicher Einzelfälle an.

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick
Vergütung: Freie Vereinbarung möglich; auch durch Einzel-, Kollektiv- und Unternehmenstarifverträge oder durch
Bestimmungen zum Mindestlohn in nationalen Tarifverträgen geregelt
Mindestlohn: beträgt 830 Euro seit 1.4.2024 für Angestellte; außer es gelten Branchentarifverträge
Arbeitsstunden pro Woche: 40 Stunden
Regelarbeitstage pro Woche: 5 Tage – können ggfs. auch 4 Tage oder 6 Tage sein. Der 6. Tag wird mit einem
40-prozentigen Zuschlag entlohnt.
Zulässige Überstunden: Bis zu 150 Stunden jährlich; die Überstunden werden mit einem 40-prozentigen Zuschlag
zum normalen Stundenlohn entlohnt. In bestimmten Fällen können Unternehmen eine Sondergenehmigung für über
150 Stunden jährlich erhalten. Diese Überstunden werden mit einem 60-prozentigen Zuschlag zum normalen
Stundenlohn entlohnt.
Bezahlte Feiertage: Alle gesetzlich vorgesehenen Feiertage
Bezahlte Urlaubstage: 20 bis maximal 30 Tage
Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt): In privaten Unternehmen wird zu Weihnachten ein 13. Gehalt sowie zu Ostern und im Sommer jeweils zusätzlich ein halbes Gehalt gezahlt.
Tage mit bezahltem Arbeitsausfall: Variabel, Pflege eines erkrankten Kindes und Familienmitglieds, Eheschließung, Todesfall in der Familie
Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: Arbeitgeber zahlt bis zu einem Monat. Danach zahlt der Sozialversicherungsträger bis zu 720 Tage, je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit. In den ersten drei Krankheitstagen kann der Arbeitgeber nur die Hälfte des Gehalts zahlen.
Probezeit: 6 Monate; bei fester Einstellung gilt der Beginn der Probezeit als Einstellungsdatum. Die Probezeit ist nicht verpflichtend. Sie muss zwischen beiden Parteien abgestimmt werden.
Quelle: Recherchen Germany Trade & Invest 2024; Recherche AHK Griechenland 2024

Rechtsgrundlagen

Das griechische Arbeitsrecht ist nicht in einem einzigen Gesetzeswerk kompakt niedergeschrieben. Relevant sind einige Vorschriften des Zivilrechts (insbesondere Art. 648 bis 680 des Griechischen Zivilgesetzbuches - GZGB), einschlägige arbeitsrechtliche Gesetze oder sonstige Spezialvorschriften, auch öffentlich-rechtlicher Natur.

In den letzten Jahren sind durch die Regelungen folgender Gesetze zahlreiche Änderungen hinzugekommen:

Das Gesetz 5053/2023 setzt unter anderem die EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in nationales Recht um und

  • ermöglicht neue Formen von Arbeitsverträgen, beispielsweise "Null-Stunden-Verträge" oder Verträge für die "Arbeit auf Abruf“,
  • ermöglicht die Beschäftigung bei zwei Arbeitgebern,
  • ermöglicht unter bestimmten Bedingungen eine Sechstagewoche für Arbeitnehmer mit einer Fünftagewoche und
  • hat die Ausbildung der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit zur Pflicht gemacht.

Vertragsabschluss

Arbeitgeber müssen bei der Einstellung ihrer Mitarbeitenden bestimmte Formalitäten beachten. Er ist verpflichtet:

  • den Arbeitsvertrag oder mindestens die Hauptbestandteile des Arbeitsvertrags dem Mitarbeitenden in Schrift- oder elektronischer Form binnen einer Woche beziehungsweise eines Monates vorzulegen,
  • das Arbeitsamt innerhalb von acht Tagen über ein neues Beschäftigungsverhältnis zu informieren,
  • den zuständigen Sozialversicherungsträger für Angestellte zu benachrichtigen.

Der Arbeitsvertrag muss mindestens folgende Bestandteile beinhalten:

  • Vertragsparteien
  • Arbeitsplatz
  • Sitz des Arbeitgebers
  • Stellenbeschreibung/Art der Tätigkeit
  • Beginn des Arbeitsverhältnisses und Dauer, falls befristet
  • Urlaubstage
  • Allgemeine Regelungen über die Abfindung im Falle der Kündigung
  • Versicherungsträger
  • Gehalt
  • Zeitliche Dauer der Tätigkeit, Tages- und Wochenarbeitszeit des Arbeitnehmers
  • Maßnahmen zur Weiterbildung
  • Tarifvertrag (sofern vorhanden)
  • Regelungen zur Telearbeit, gemäß Art. 5 Gesetz 3846/2010.

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Die Hauptverpflichtungen beider Vertragsparteien werden im Arbeitsvertrag festgehalten. Die Parteien müssen weitere Fürsorgepflichten beachten. Somit muss der Arbeitgeber den Gesundheitsschutz des Mitarbeiters am Arbeitsplatz gemäß Gesetz 3850/2010 gewährleisten. Der Arbeitnehmer wiederum muss laut dem gleichen Gesetz einen pfleglichen Umgang mit Materialien und Maschinen sicherstellen und den Sicherheitsbeauftragten oder den Betriebsarzt wenn vorgesehen informieren. 

Digitale Arbeitskarte soll Arbeitszeiten genau erfassen

Seit dem Jahr 2023 müssen Unternehmen schrittweise die digitale Arbeitskarte einführen. Zurzeit gilt sie für Touristik-, Gastronomie- und Sicherheitsunternehmen, große Supermärkte, Versicherungen und öffentliche Gesellschaften. Sie soll dazu dienen, die Schwarzarbeit und unrechtmäßige Überstunden zu stoppen. 

Arbeitgeber können Sechstagewoche einführen

Seit dem 1. Juli 2024 können Unternehmen, die eine Fünftagewoche anwenden und ihre Produktionsanlagen im Dauerbetrieb haben, ihre Mitarbeitenden sechs Tage pro Woche beschäftigen (Gesetz 5053/2023). Die Arbeitgeber müssen die Beschäftigung im Voraus im elektronischen Informationssystem Ergani angeben. Damit soll gewährleistet werden, dass die Mitarbeitenden innerhalb von vier Monaten nicht mehr als 48 Stunden pro Woche inklusive Überstunden beschäftigt werden (Gesetz 4808/2021). Am sechsten Tag darf nicht mehr als acht Stunden gearbeitet werden. Diese Stunden werden mit einem Zuschlag von 40 Prozent entlohnt. Überstunden sind an diesem Tag verboten.

Auch Betriebe, die nicht im Dauerbetrieb arbeiten, jedoch in der Lage sind von Montag bis Samstag 24 Stunden in Schichtarbeit zu funktionieren, dürfen in Ausnahmefällen ihre Mitarbeitenden sechs Tage pro Woche beschäftigen. Damit diese Regelung angewendet werden kann, muss eine unvorhergesehene hohe Arbeitsbelastung bestehen.

Vertragsbeendigung 

Arbeitsverhältnisse können durch:

  • eine Kündigung seitens des Arbeitgebers oder der Beschäftigten (Art. 669 f. GZGB),
  • einen Aufhebungsvertrag zwischen beiden, 
  • den Tod des Mitarbeitenden (Art. 675 GZGB) oder
  • den Zeitablauf eines befristeten Arbeitsverhältnisses (Art. 669 GZGB)

enden. 

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, innerhalb von vier Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Arbeitsamt (DYPA) über die Kündigung zu informieren. Das geht auch elektronisch über das Informationssystem ERGANI. 

Kündigungen müssen immer schriftlich erfolgen. Setzt der Mitarbeitende seine Arbeitsleistung nach Zeitablauf fort und duldet der Arbeitgeber dies, so gilt der Arbeitsvertrag gemäß Art. 671 GZGB konkludent als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Die Bedingungen der Kündigung hängen von der Art des Arbeitsverhältnisses ab.

Abfindungszahlungen sind üblich

Der Arbeitgeber kann ein befristetes Arbeitsverhältnis mit oder ohne Einhaltung einer ein- bis viermonatigen Frist, je nach Länge der Zugehörigkeit des Arbeitnehmers, kündigen. Der häufigste Fall ist die Kündigung ohne Einhaltung einer Frist. In diesem Fall wird den Beschäftigten eine Abfindung ausgezahlt. Seit dem 1. Juli 2019 müssen Abfindungszahlungen bargeldlos und netto an den Mitarbeitenden erfolgen. Arbeitnehmer, die weniger als zwölf Monate beschäftigt waren, haben keinen Anspruch auf Zahlung einer solchen Abfindung. 

Die Kündigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist gemäß Gesetz 4623/2019 ohne triftigen Grund möglich. Allerdings darf kein Rechtsmissbrauch vorliegen. Zur Kündigung eines befristeten Arbeitsvertrages muss gemäß Artikel 672 GZGB ein wichtiger und gerechtfertigter Grund vorliegen. Dies wird von den zuständigen Gerichten im Einzelfall geprüft.

Rechtspraxis

Im Interview gegenüber Germany Trade & Invest erklärt Rechtsanwältin Chysiis Poulakou, Gründerin der Anwaltskanzlei Ad Hoc Legal, wie in Griechenland die Rechtspraxis gelebt wird und welche Probleme es bei der Umsetzung der Gesetze gibt. 

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