Wirtschaftsausblick | Griechenland
Griechenlands Konjunktur übertrifft den EU-Durchschnitt
Investitionen beleben dank der EU-Fördermittel das griechische Wirtschaftswachstum. Deutschland bleibt zweitwichtigster Handelspartner.
17.12.2024
Von Michaela Balis | Athen
Top Thema: Energieprojekte bieten Absatzchancen
Griechenland will grünen Wasserstoff produzieren. Zu den Vorreitern gehören die griechischen Energiekonzerne Motor Oil und PPC, die Anfang des Jahres 2023 das Joint Venture Hellenic Hydrogen gründeten, um Wasserstoffprojekte vor Ort zu realisieren. Das erste geplante Projekt North -1 soll bis zu 200 Megawatt Wasserstoff erzeugen. Deutsche Maschinenlieferanten könnten die Ausrüstung für die Anlage liefern.
Auch der Ausbau des Erdgasnetzes sowie der Bau des Wasserstoffnetzes bieten Möglichkeiten für deutsche Hersteller. Außerdem baut das griechische Stromversorgungsunternehmen Admie die Kapazität des griechischen Stromnetzes vorrangig in Richtung der Nachbarländer im Norden des Landes aus. Anfang 2025 entscheidet Admie, inwieweit das Unterseekabel von Zypern nach Griechenland, der Great Sea Interconnector, gebaut wird. Weitere internationale Interkonnektoren sind geplant. Deutschland ist mit Abstand der wichtigste Lieferant von Maschinen zur Energieerzeugung. In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 stiegen sie um 120 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Wirtschaftsentwicklung: Förderung treibt Wirtschaft weiter an
Mit einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent im Jahr 2025 hat Griechenland weiterhin den Vorsprung im EU-Vergleich (1,5 Prozent). Die EU-Fördermittel bleiben die treibende Kraft der Wirtschaft, die Investitionen mobilisieren. Die Bruttoanlageinvestitionen sollen im Jahr 2025 um etwa 9 Prozent zulegen, erwartet die EU-Kommission in ihrer Herbstprognose.
Preise steigen langsamer
Für das Jahr 2025 rechnet die EU-Kommission mit einer Inflationsrate in Höhe von 2,4 Prozent, gegenüber 3 Prozent im Vorjahr. Im Oktober 2024 stiegen die Preise um durchschnittlich 3,1 Prozent im Vorjahresvergleich, berechnet das griechische Statistikamt Elstat. Dieser Anstieg liegt über dem EU-Durchschnitt (2,3 Prozent). Insbesondere legten die Preise für Kleidungsartikel (5 Prozent) und für Mieten, Strom und Heizung zu (3 Prozent).
Die Kaufkraft der Griechen liegt bei 67 Prozent des EU-Durchschnitts, meldet Eurostat. Um den privaten Verbrauch zu stärken, hob die griechische Regierung im April 2024 den Bruttomindestlohn um 6,4 Prozent auf 830 Euro monatlich an.
KMU profitieren von den Fördermitteln
Griechenland stehen bis Ende 2026 insgesamt 36 Milliarden Euro aus dem EU-Aufbaufonds zur Verfügung. Davon beantragte das Land bereits rund 60 Prozent der Fördermittel für 800 öffentliche und private Projekte. Bis Ende Oktober 2024 erreichte die Wirtschaft allerdings nur rund 12 Milliarden Euro in Form von Zuschüssen oder Krediten, berichtet das griechische Finanz- und Wirtschaftsministerium.
Von dieser Summe kommen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) rund 2 Milliarden Euro zugute: Ganze 185 Betriebe profitieren davon in Form von Krediten, um Tourismus- und Stromerzeugungsprojekte sowie Vorhaben im Handel und in der Verarbeitung voranzutreiben.
Deutschland ist zweitwichtigster Handelspartner
In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 war Italien wieder Griechenlands wichtigster Handelspartner. Deutschland wurde mit nur geringem Abstand Zweitplatzierter. An 3. Stelle folgt China.
Die Importe aus Deutschland legten im gleichen Zeitraum um rund 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Mit einem Anteil von rund 10,5 Prozent an den gesamten griechischen Importen bleibt Deutschland der bedeutendste Lieferant. Die wichtigsten Importprodukte aus Deutschland sind Kraftfahrzeuge, medizinische, pharmazeutische, chemische Produkte und Maschinen. Der zweitwichtigste Lieferant ist auch hier Italien.
In der Rangliste der wichtigsten Abnehmer griechischer Produkte nimmt Italien den 1. Platz ein. Es folgen Deutschland und Zypern. Die griechischen Lieferungen nach Deutschland stiegen in den ersten neun Monaten 2024 um ein halbes Prozent.
Kfz-Importe aus Deutschland sind leicht rückgängig
Die weltweiten griechischen Kfz-Importe zeigten in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 ein nur geringes Wachstum von rund 1 Prozent im Vorjahresvergleich. Das führt zu Kopfzerbrechen auf dem griechischen Automarkt. Dieser Basiseffekt ist auf hohe Wachstumsraten von rund 30 Prozent in den vergangenen Jahren zurückzuführen. Das hatte neben den steigenden Preisen eine geringere Nachfrage zur Folge.
Aus Deutschland importierte Griechenland etwa 4 Prozent weniger Autos. Rückgängig waren auch die französischen ( -5 Prozent), italienischen (-10) und spanischen Lieferungen (-35). Die Importe aus China stiegen hingegen um eindrucksvolle 140 Prozent. Deutschland bleibt wichtigster Lieferant mit einem Anteil von rund 27 Prozent.
Deutsche Perspektive: Griechenland goes digital
Mehr als ein Fünftel der Fördermittel aus dem EU-Aufbaufonds fließen in digitale Projekte. Diese reichen vom Ausbau der 5G-Infrastruktur bis hin zur Einführung digitaler Lösungen für KMU. Mehrere deutsche Softwareentwickler hat es seit 2019 ins Land gezogen.
„Die kontinuierliche Unterstützung seitens der Regierung und die talentierten Arbeitskräfte tragen entscheidend zu einem insgesamt sehr positiven Umfeld für die Entwicklung der Digitalisierung in Griechenland bei“, sagt Alex Papadimitriou, Managing Director von infoteam Hellas MIKE, der griechischen Tochter des deutschen Anbieters von Softwarelösungen infoteam Software AG. Die griechische Gesellschaft entwickelt maßgeschneiderte Lösungen für Unternehmen. Er verweist aber gleichzeitig auf die Herausforderungen: Dazu zählen die schleppende Einführung digitaler Technologien, unzureichende digitale Kompetenzen sowie ein fehlender Rechtsrahmen in einigen Wirtschaftszweigen.
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