Wirtschaftsumfeld | Indonesien | Investitionsklima
Im regionalen Wettbewerb ist das Investitionsklima mangelhaft
Indonesien verzeichnet zwar dank der boomenden Erzverarbeitung ausländische Investitionen in Rekordhöhe. Andere Industrien werden mit Importverboten zur Ansiedlung genötigt.
10.05.2024
Von Frank Malerius | Jakarta
Nach Indonesien zieht es ausländische Unternehmen aus unterschiedlichen Motiven. Für die verarbeitende Industrie sind Arbeitskräfte günstig. Mancherorts auf Java liegt der monatliche Mindestlohn bei umgerechnet nur 130 US$. Wer seine Produkte nur verkauft, sieht in Indonesien einen riesigen Zukunftsmarkt. Denn die Wirtschaft wächst jährlich um 5 Prozent, die Bevölkerung per anno um fast 3 Millionen potenzielle Konsumenten. Der Bedarf an hochwertiger Technologie wächst, weil Indonesien selbst kaum Voraussetzungen hat, sie selbst herzustellen.
Trotzdem ist das Engagement ausländischer Firmen in Indonesien vergleichsweise gering, insbesondere bei der verarbeitenden Industrie. Denn Indonesien liegt weitgehend abseits globaler Lieferketten. Die indonesische Außenhandelsquote (Anteil der Im- und Exporte im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung) ist mit gerade einmal 34 Prozent die mit Abstand geringste aller großen ASEAN-Volkswirtschaften. Bei den regionalen Konkurrenten Thailand, Malaysia und Vietnam liegt sie um das Drei- bis Vierfache höher. Dort hat sich durch bessere Investitionsbedingungen mehr Industrie angesiedelt.
Indonesien hingegen hat seine Industriepolitik lange vernachlässigt. Massive Bürokratie, Rechtsunsicherheit, ein strenges Arbeitsrecht, Korruption und ein Mangel an Fachkräften sorgten dafür, dass sich ausländische Unternehmen in anderen ASEAN-Ländern niederließen. Der dennoch erreichte wirtschaftliche Aufstieg geht weitgehend auf den Rohstoffreichtum zurück.
Nickelboom als Blaupause für andere Branchen
Die eigenen Defizite als Investitionsstandort sind mittlerweile erkannt und werden politisch angegangen. Die Reform des Investitionsrechts und des Arbeitsrechts von 2021 waren ein Schritt in die richtige Richtung. Bisher sind aber nur wenige Erfolge sichtbar. So sind kaum Unternehmen bekannt, die etwa aus China nach Indonesien übergesiedelt sind. Denn die wichtigen Lieferketten und Branchencluster liegen dort oder anderswo.
Daher versucht die indonesische Politik ausländische Investitionen zunehmend über Importverbote anzuziehen. Blaupause ist der durch das Erzausfuhrverbot ausgelöste Nickelboom, der zu einem Rekord bei den Auslandsinvestitionen geführt hat. Er gilt als große Industriepolitische Erfolgsgeschichte, die Hunderttausende Arbeitsplätze geschaffen hat und soll im Rahmen der sogenannten Downstreaming-Roadmap auch auf Rohstoffbereiche angewendet werden, etwa auf Bauxit.
Aber auch in der klassischen verarbeitenden Industrie sollen Restriktionen Unternehmen zum Aufbau einer Produktion im Land nötigen. Prominentes Beispiel ist der Ausschluss von importierten Medizintechnikgeräten aus der öffentlichen Beschaffung, die in einer wie auch immer gearteten Qualität in Indonesien hergestellt werden. Die entsprechende Verordnung wurde ohne Vorankündigung verabschiedet. Ausländische Marktteilnehmer verfolgten ihre Verkündung fassungslos auf YouTube.
Investitionsförderung: Wer im Land produziert, erhält Anreize
Die Liberalisierung des Investitionsrechts bietet ausländischen Unternehmen trotzdem einige Vorteile. So wurden die meisten Industriebranchen für ihre Mehrheitseigentümerschaft geöffnet. Grundsätzlich wurde ihre Position gegenüber den einheimischen Partnerunternehmen – die für eine Markterschließung unerlässlich sind – gestärkt. Ausländische Marktteilnehmer können darüber hinaus nun das Vertriebsgeschäft stärker in die eigene Hand nehmen, als das zuvor der Fall war.
Die Reform des ausgesprochen strengen Arbeitsrechts ist vor allem für produzierende Unternehmen eine Erleichterung. Die jährlich verordneten starken Mindestlohnsteigerungen wurden teilweise gezügelt, Abfindungszahlungen verringert und Entlassungen erleichtert.
Generell bekommen Investoren, die eine eigene Produktion starten und Arbeitsplätze schaffen, mehr Zugang zu Anreizen, als Unternehmen, die nur ihre Produkte im Land verkaufen wollen. Das gilt insbesondere für die Ansiedlung in Industrieparks oder den etwa 20 Sonderwirtschaftszonen (von denen aber nur die Hälfte industriell ausgerichtet sind). Zu den Vergünstigungen gehören vor allem Steuererleichterungen, aber auch vereinfachter Landerwerb oder erleichterte Visaregelungen für ausländische Fachkräfte. Für das Prestigeprojekt der neuen Hauptstadt Nusantara in der Provinz Ostkalimantan, für das dringend ausländisches Engagement gesucht wird, gibt es weitere Investitionsanreize.
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