Branchen | Italien | Landwirtschaft
Marktchancen
Regierung und EU-Fonds fördern Nachhaltigkeit, moderne Produktion und Agrarlogistik.
01.02.2023
Von Oliver Döhne | Mailand
EU-Agrarpolitik legt Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit
Als einer der größten Landwirtschaftsproduzenten Europas profitiert Italien auch stark von den diversen Förderprogrammen der Europäischen Union, darunter der besonders für Italien reichhaltig ausgefallene Aufbau- und Resilienzfazilität (Recovery Plan), aber auch die Fördermaßnahmen im Rahmen der kürzlich neu aufgelegten Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik.
Investitionsfeld | Ziele | Wert |
---|---|---|
Biomethan | 2,3 Mrd. cbm bis 2026, 300 Biogasbetriebene Traktoren | 1.623 |
Agrisolarparks | Solarzellen auf 4,3 Mio. qm Agrardächer, 0,43 GW | 1.500 |
Agrovoltaik | Solarzellen auf Agrarflächen, 1,04 GW | 1.099 |
Wassernetz | Intelligente Netze, digitale Zähler, Senkung der Wasserverluste | 900 |
Bewässerung | u.a. Einsatz digitaler Kontroll- und Messysteme, Abbildung des genauen Verbrauchs | 880 |
Logistik | Einsatz digitaler Instrumente, Zurückverfolgbarkeit, Lagerung | 800 |
Agrartourismus/Kultur | Instandsetzung historisch-landwirtschaftlicher Gebäude | 600 |
Mechanisierung/Innovation | Kaufanreize für 4.0 Agrartechnik, Precision Farming | 500 |
Ländlicher Sozialbau | Instandsetzung der Unterkünfte von Landarbeitern | 200 |
Green Communities | Integrierte Umwelt- und Energiekonzepte ländlicher Gemeinden | 135 |
Der Bedarf an Investitionen in der italienischen Landwirtschaft ist hoch. Allerdings haben viele der vorrangig kleinen Agrarbetriebe nur einen begrenzten Zugang zu Kapital. Dies könnte sich bei einer möglichst sinnvollen Verwendung der hohen Mittel aus Europa zumindest tendenziell ändern. Zentrales Förderinstrument für Innovation waren bislang die Steuergutschriften bei der Anschaffung moderner Landtechnik im Rahmen der Initiative "Transizione 4.0". Deren Fördersatz sank 2023 gegenüber dem Vorjahr allerdings auf 20 Prozent und damit auf die Hälfte. Im Haushalt 2023 legte die Regierung Meloni einen neuen Fonds für die Lebensmittelautarkie (Fondo per la sovranità alimentare) auf, der in den kommenden drei Jahren jeweils 25 Millionen Euro bereitstellt, um Produktionskosten einheimischer Produzenten zu senken und die Lieferketten, auch in Krisenfällen, zu stützen.
Neues Feld Agrarvoltaik
Auch wenn Italien selbst eine recht breit aufgestellte Zulieferindustrie für die Agrarwirtschaft besitzt, bestehen Chancen auch für deutsche Unternehmen. Mit Dynamik rechnen Branchenexperten unter anderem bei den Biogasanlagen, die in Zukunft eine größter Rolle in der Energieversorgung des Landes spielen sollen und künftig für mehr als nur Fahrzeugkraftstoff dienen soll. Auch der im Recovery Plan angestrebte starke Ausbau der Agrarvoltaik auf Ackerflächen und Gebäuden könnte Möglichkeiten bieten. Gegenüber Ismea gaben im 3. Quartal 2022 rund 30 Prozent der befragten Landwirte an, im kommenden Jahr in die Energieversorgung investieren zu wollen, davon 42 Prozent in erneuerbare Quellen. In Erwartung eines Förderdekrets, fehlt es derzeit noch an einer genauen Definition, was genau unter den Begriff Agrarvoltik fällt und wie diese die Agrarproduktion beeinflusst. Im Test sind verschiedene Technologien. Erste Anlagen hat das Unternehmen Rem Tec bei Mantua erstellt.
Landtechnik aus Deutschland
In der Landtechnik lagen Absatz, Produktion und Import jeweils unter dem Rekordjahr 2021, aber laut Branchenverband Ferderunacoma auf gutem Niveau, deutlich über den Jahren vor 2021. Der Bedarf ist laut Verband hoch, auch wenn die diversen globalen Unsicherheiten die Planungen der Betriebe beeinträchtigten. In den ersten neun Monaten 2022 importierte Italien Traktoren (SITC 722) im Wert von 548,8 Millionen Euro und weitere Landtechnik (SITC 721) für 937,3 Millionen Euro, wobei Deutschland in beiden Kategorien wichtigster Lieferant war.
Der Düngemittelimport (SITC 562) nahm selbst gegenüber 2021 in den ersten neun Monaten 2021 auf über 1,1 Milliarden Euro zu, was aber in erster Linie an den gestiegenen Preisen lag. Deutschland überholte hier aber Russland und war der drittwichtigste Lieferant nach Ägypten und Belgien. Bei Saatgut besteht großes Interesse an der Entwicklung von New Breeding Techniques (NbT), die in Italien unter dem Begriff Tecnologie di evoluzione assistita (TEA) laufen.
Großes Interesse an Agrikultur 4.0
Das Interesse an Digitalisierung ist in der italienischen Landwirtschaft hoch. Nach offiziellen Zahlen des Statistikamtes investierten in den vergangenen Jahren rund 10 Prozent aller Agrarbetriebe in relevante Innovationen, insbesondere in die Mechanisierung, Saat- und Anbausysteme sowie für die Landbearbeitung und Bewässerung. Sechs von zehn innovativen Betrieben haben mindestens eine 4.0-Anwendung im Einsatz, vier von zehn zwei Anwendungen. Das ergab die Studie Smart Agrifood des Politecnico Mailand, die den Branchenumsatz 2021 auf etwa 1,6 Milliarden Euro schätzt, 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Bereits 6 Prozent von Italiens landwirtschaftlich genutzter Fläche ist mit digitalen Instrumenten bestückt. Wichtigste Anwendungen sind verbundene Maschinen (rund 47 Prozent des Branchenumsatzes), Distanz-Kontroll- und Monitoring-Instrumente (35 Prozent) sowie Software (6 Prozent). Roboter und Drohnen sind bislang noch so gut wie gar nicht im Einsatz, stellen aber einen Meilenstein beim nächsten Schritt dar.
Zusätzlich zu den Mitteln aus Europa stellte die neue Regierung unter Giorgia Meloni in den Haushalt 2023 für die kommenden Jahre 225 Millionen Euro in einen Digitalisierungsfonds der Landwirtschaft (Fondo della digitalizzazione agricola) ein, der Anreize für einen effizientere Wassereinsatz, Roboter- und Sensoreinsatz sowie für weniger Pestizide setzt mittels digitaler Instrumente.