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Südostasien ist Japans wichtigster Wirtschaftspartner
Der Verband der japanischen Wirtschaftsorganisationen fordert auf, in Südostasiens Infrastrukturen zu investieren. Doch ohne staatliche Förderung läuft es nicht.
07.06.2022
Von Marcus Hernig | Bonn
Wie in anderen Ländern weltweit stellt sich auch in Südostasien die Frage nach alternativen Partnern zu China. Wie präsent Japan in den Staaten des Verbandes Südostasiatischer Staaten (ASEAN) ist, kann jeder leicht auf den Straßen von Bangkok oder Ho-Chi-Minh-City beobachten. Japans führende Automobilhersteller produzieren bereits seit Jahrzehnten in südostasiatischen Ländern von Thailand bis Kambodscha.
Qualitätsinfrastruktur nutzt eigenen Unternehmen
Japanische Unternehmen sind auf Drittmärkte angewiesen und im Infrastrukturbau sehr aktiv. Im Zuge der Initiative Partnership for Quality Infrastructure (PQI) wurden zwischen 2016 und 2020 insgesamt 110 Milliarden US-Dollar (US$) in Asien investiert. Finanziert wurden diese Projekte jeweils zur Hälfte von der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) und der Japanischen Bank für Internationale Zusammenarbeit (JBIC). Analog zu Chinas Belt and Road Initiative (BRI) etablierte Japan so internationale Standards auf Basis eigener Technologien. Die gezielt geförderten Infrastrukturen bieten japanischen Firmen in den kommenden Jahren eine gute Grundlage für mehr Investitionen in Südostasien. Das ist willkommen, denn diese setzen stark auf Produktionskapazitäten im Ausland. Daher unterstützt die Entwicklungshilfe und der Infrastrukturbau auch die Zukunft der japanischen Industrie.
Japanische Investoren favorisieren Singapur und Vietnam
Die meisten Investitionen in Südostasien fließen aktuell nach Singapur und Vietnam. Japanische Firmen haben ab 2021 wieder verstärkt in den beiden ASEAN-Staaten investiert. In Indonesien zeigen die Zuflüsse dagegen nach unten. Auch Thailand und die Philippinen sind bei Investoren aktuell nicht mehr so gefragt wie noch in früheren Jahren. Die japanische Außenwirtschaftsförderungsorganisation JETRO verzeichnete ein Gesamtvolumen von 26,8 Milliarden US$ an Direktinvestitionen in der Region. Damit wurde der Stand des Jahres 2019 von 32 Milliarden US$ fast wieder erreicht.
Fünf-Punkte-Programm fördert harte und weiche Konnektivität
Der wichtigste japanische Wirtschaftsverband (Nippon keidanren) mit 1.461 Mitgliedsunternehmen fordert daher auf, in ganz Südostasien verstärkt zu investieren. Die Entwicklungshilfe aus staatlichen Mitteln ist Anreiz und Grundlage dafür. Mit Instrumenten wie LEAP (Leading Asia's Private Infrastructure Fonds), finanziert von JICA und verwaltet von der ADB, werden Public-private-Partnerships und damit Verbindungen zwischen Entwicklungshilfegebern und privaten Unternehmen geschaffen. Südostasien ist dabei strategische Schwerpunktregion: Seit 2018 fördert die Tokyo-Strategie in den Mekong-Staaten Thailand, Myanmar, Vietnam, Laos und Kambodscha Infrastruktur-, Ausbildungsförderungs- und Klimaschutzprojekte.
Der japanische Wirtschaftsverband hat im Jahr 2021 ein Fünf-Punkte-Programm für den Aufbau harter und weicher Konnektivität in den südostasiatischen Ländern aufgelegt. Federführend sind hier Unternehmen und nicht die Politik.
- Konnektivität: Im Bereich harter Konnektivität ist der Ausbau von Verkehrsinfrastruktur und Industrieparks mit Investitionen japanischer Firmen geplant. Zudem soll sichere Infrastruktur gegen Cyberangriffe aufgebaut werden. Softe Konnektivität zielt auf die Verbesserung der Verwaltungsstrukturen in ASEAN und der Rahmenbedingungen für die Geschäftstätigkeit in den Ländern ab.
- Nachhaltiges Wachstum: Der japanische Wirtschaftsverband möchte gezielt japanische Technologie zur Umsetzung von Klimaneutralität und zur Vermeidung von Plastikmüll in den Meeren einsetzen. Erneuerbare Energien gehören genauso dazu wie Umweltwirtschaft. Recycling ist ein großer Zukunftsmarkt in Südostasien, auf dem sich auch deutsche Unternehmen bereits engagieren. Japanische Expertise soll zudem verstärkt beim Katastrophenschutz sowie bei Projekten in Medizin und Gesundheitsfürsorge eine Rolle spielen.
- Digitalisierung: Start-up-Förderung, Smart-City-Entwicklung, Ausbau kontaktloser Systeme nach Covid-19 und entsprechende Fachkräfteausbildung werden als zentrale Aufgaben benannt. Japanische Unternehmen wollen gemeinsam mit Partnern aus Südostasien in der Region internationale Standards verbreiten. Dies ist auch eine Antwort auf Chinas digitale Seidenstraße.
Darüber hinaus zielen Punkt vier und Punkt fünf auf Personalentwicklung und akademische Ausbildung sowie die Förderung von nachhaltigem Tourismus und regionalen Kulturen.
Neue Aktivitäten bei Transport, Digitalisierung und Klimaschutz
Japans aktuelle Infrastrukturprojekte der Bereiche Transport-, Digital- und Energiewirtschaft folgen den ersten drei Punkten des oben skizzierten Programms. Sie konzentrieren sich daher zuerst auf die qualitative Verbesserung der Transportinfrastruktur in den einzelnen Partnerländern.
So wurde der East-West-Korridor von Vietnam nach Myanmar oder die Nord-Süd-Autobahn durch Vietnam in ausgewählten Abschnitten ausgebaut. Von hoher Bedeutung sind urbane Projekte zum Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel: Die rote Linie der U-Bahn Bangkok gehört langfristig zu den Kernvorhaben der Japan-Thailand High Level Joint Commission. Die U-Bahn von Manila erhielt 2022 einen zweiten Entwicklungshilfekredit in Höhe von rund 2,3 Milliarden US$. Die erste Metrolinie in Ho-Chi-Minh-City, ebenfalls mit japanischer Unterstützung gebaut, nähert sich unterdessen der Fertigstellung.
Ab Juni 2022 will Tokyo eine mit 10 Milliarden US$ ausgestattete Public-private-Partnership-Initiative zur Energiewende in Südostasien starten. Diese will die Ansätze des LEAP-Instruments verstärken, um in Volkswirtschaften wie Indonesien, die auf Kohlekraft setzen, "nachhaltiges Wachstum" zu fördern.
Beratungsprojekte japanischer Expertinnen und Experten in den Bereichen Logistik, Hafen- und Zollmanagement, beim Aufbau neuer Sonderwirtschaftszonen oder der Smart City Bang Sue bei Bangkok gehörten zum Punkt Aufbau digitaler Infrastrukturen.