Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Kanada | Investitionsförderung

Kanada führt die ersten grünen Steuergutschriften ein

Die Regelungen für die üppigen neuen Steueranreize sind komplex. Mangels Local-content-Bestimmungen dürften deutsche Exporteure jedenfalls gute Zulieferchancen haben.

Von Heiko Steinacher | Toronto

Um bis zum Jahr 2050 ihr Nettonullziel zu erreichen, hat die kanadische Regierung eine ehrgeizige Strategie entwickelt. Ein wesentlicher Pfeiler sind sechs rückzahlbare Steuergutschriften (Investment Tax Credits; ITCs) für Investitionen in eine saubere Wirtschaft. Die bundesstaatliche Förderung in Form dieser grünen Steuergutschriften (Clean Economy ITCs) summiert sich bis 2034 auf 67 Milliarden US-Dollar (US$).

Im Gegensatz zu Abzügen, die die Bemessungsgrundlage reduzieren, verringern Gutschriften vom Fiskus den zu zahlenden Steuerbetrag. Sie sind in dem Fall rückerstattungsfähig, wenn die Gutschrift höher ist als die gesamte Steuerschuld.

Vier dieser sechs ITCs sind seit dem 21. Juni 2024 in Kraft:

  • Clean Technology ITC
  • Carbon Capture, Utilization and Storage (CCUS) ITC
  • Clean Technology Manufacturing (CTM) ITC
  • Clean Hydrogen ITC

Seitdem können Unternehmen, die sich dafür qualifizieren, den Clean Technology ITC und den CCUS ITC beantragen. Im Herbst 2024 soll dies auch für die beiden anderen bereits verabschiedeten ITCs möglich sein.

ITCs als Beschleuniger der Energiewende

Die grünen ITCs werden wichtig für Kanadas Energiewende: So könnte zum Beispiel der CTM ITC die Produktion, Verarbeitung und das Recycling kritischer Mineralien ankurbeln. Bemerkbar machen dürften sich die Steueranreize vor allem bei Greenfield-Projekten, für die eine größere Menge neuer Ausrüstungen anzuschaffen ist. Der CCUS ITC wiederum ist für die Schwerindustrie von entscheidender Bedeutung, um Investitionsentscheidungen zu treffen. Jonathan Wilkinson, Minister für Energie und natürliche Ressourcen, erwartet, dass in den nächsten zehn Jahren in Kanada bis zu 25 Projekte zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) anlaufen werden.

Im Gegensatz zum amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) enthalten die Regeln für Kanadas grüne ITCs keine Local-content-Bedingungen. Während die USA zum Beispiel beim Kauf von Solarenergie-Hardware bei großem heimischen Wertschöpfungsanteil eine höhere Steuergutschrift gewähren als bei einem kleinen, sieht Kanada von solch protektionistischen Maßnahmen ab. Deutschen Exporteuren grüner Technologien dürften sich dadurch gute Marktchancen eröffnen.

Die Regeln sind jedoch komplex. Ob und welche Ausgaben sich für grüne ITCs qualifizieren, dürfte weitgehend zu einer technisch-wissenschaftlichen Einschätzung der gestellten Anträge werden. Die kanadische Steuerbehörde (Canada Revenue Agency; CRA) hat eine Webseite mit Hinweisen zu den ITCs eingerichtet, einschließlich Kontaktinformationen zu den zuständigen CRA-Büros, die Anfragen bearbeiten. Darüber hinaus veröffentlicht das kanadische Ressourcenministerium (Natural Resources Canada; NRCan) Leitlinien für die Einstufung der Förderungswürdigkeit von Projekten und Ausrüstungen.

Infrastrukturbank investiert in Großvorhaben

Ein weiterer wichtiger Pfeiler der Nettonullstrategie sind Finanzmittel von mehr als 20 Milliarden US$, die von der kanadischen Infrastrukturbank (Canada Infrastructure Bank; CIB) für große Projekte für sauberen Strom und umweltfreundliches Wachstum bereitgestellt werden. Die Regierung hatte die Bank 2017 ins Leben gerufen, unter anderem zur Erreichung der Klimaschutzziele. Zudem sollten öffentliche Investitionen gefördert werden, die zu langfristigem Wachstum beitragen. Zu den Schwerpunkten der Förderbank gehören saubere Energie und grüne Infrastruktur. Für saubere Energie listet das Geldhaus 14 projektbezogene Partnerschaften auf, für grüne Infrastruktur insgesamt 26.

So wird zum Beispiel der Wasserstofftankstellenbetreiber HTEC rund 243 Millionen US$ von der CIB erhalten, um eine nachhaltige Kraftstofflieferkette in den Provinzen British Columbia und Alberta aufzubauen. HTEC will 20 Wasserstofftankstellen errichten und sie von drei neuen Produktionsanlagen in Burnaby, Nanaimo und Prince George aus beliefern.

Kanadas grüne ITCs im Überblick
BezeichnungHöhe (in Prozent der Kapitalkosten)BeginnAnmerkungenBeispiele für förderfähige Technologien
Clean Technology Manufacturing ITC (CTM ITC)bis zu 3021. Juni 2024für Ausgaben vor 2035 für Maschinen und Anlagen entweder zur Herstellung bzw. Verarbeitung wichtiger sauberer Technologien oder zur Gewinnung, Verarbeitung bzw. zum Recycling wichtiger kritischer Mineralien (Lithium, Kobalt, Nickel, Kupfer, seltene Erden und Grafit)saubere Stromerzeugungsanlagen wie Windturbinen und Solarpaneele, stationäre elektrische Energiespeicher, kohlenstoffarme Heizsysteme wie Erd- und Luftwärmepumpen sowie emissionsfreie Fahrzeuge
Carbon Capture, Utilization, and Storage ITC (CCUS ITC)bis zu 6021. Juni 2024für Ausgaben vor 2041 für ein breites Spektrum an CCUS-Anwendungen und -Projekten in verschiedenen IndustriezweigenSysteme für die Abscheidung von Kohlendioxid, den Transport von Kohlenstoff sowie für die CO2-Speicherung und -Nutzung 
Clean Technology ITC bis zu 3021. Juni 2024für Ausgaben vor 2035 für Anlagen zur Erzeugung verschiedener Arten sauberer Energie 

Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Sonnen-, Wind- und Wasserkraft, nachhaltige Batterien, Pumpspeicherwerke, thermische Solar- und Heizungsanlagen, Luft- und Erdwärmepumpen, emissionsfreie Straßenfahrzeuge sowie zugehörige Lade- und Betankungseinrichtungen,

kleine modulare Kernreaktoren

Clean Hydrogen ITCbis zu 4021. Juni 2024für saubere Wasserstoffprojekte vor 2035, abhängig von der CO2-Intensität der Wasserstoffproduktion (weniger Emissionen als 0,75 kg CO2 pro kg Wasserstoff: 40 Prozent; 0,75 bis 2 kg: 25 Prozent; über 2 bis 4 kg: 15 Prozent); zusätzlich gibt es eine 15-prozentige Steuervergünstigung für die Umwandlung von sauberem Wasserstoff in Ammoniak für den Transport

Elektrolyseure und zugehörige Ausrüstungen, Wasseraufbereitungsanlagen, Ausrüstungen zur  Wasserstoffverdichtung und -speicherung;

Anlagen, die zur Erzeugung von Wasserstoff durch Erdgasreformierung verwendet werden 

Clean Electricity ITC15 (bei Erfüllung der Anforderungen an Ausbildungen und gezahlte Löhne)noch nicht verabschiedet (Gesetzentwurf wird noch im Jahresverlauf 2024 erwartet)für Ausgaben vor 2035 für eine Reihe von Anlagen zur Erzeugung verschiedener Arten sauberer Energie – es gibt erhebliche Überschneidungen zwischen den förderfähigen Maßnahmen im Rahmen des Clean Technology ITC und des Clean Electricity ITC, eine Förderung ist jeweils nur durch eine dieser Steuergutschriften möglich

CO2-freie Stromerzeugungsanlagen,

Anlagen zur Erzeugung von Strom (oder Wärme und Strom) aus Kernspaltung, einschließlich großer kerntechnischer Anlagen (ohne Kapazitätsbeschränkungen oder andere Anforderungen, die beim Clean Technology ITC erfüllt sein müssen),

Anlagen zur Erzeugung von Strom (oder Wärme und Strom) aus Geothermie; unter bestimmten Bedingungen auch erdgasbefeuerte Stromerzeugungsanlagen

EV Supply Chain ITC10 (2033 und 2034: 5)noch nicht verabschiedet (angekündigt im kanadischen Bundeshaushalt 2024)für Ausgaben vor 2035 für Gebäude, die in drei Segmenten der Lieferkette genutzt werden: (i) Montage von Elektrofahrzeugen, (ii) Produktion von Elektrofahrzeugbatterien und (iii) Produktion von kathodenaktivem Material – der EV Supply Chain ITC soll den CTM ITC ergänzenGebäude für die Produktion von Kathodenmaterial oder die Montage von Elektrofahrzeugen
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.