Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Ostafrika | Nahrungsmittel-, Verpackungsmaschinen

Interview: Ostafrikas Markt für Backstraßen ist ein hartes Brot

Wie unterschiedlich afrikanische Märkte ticken, merkt ein Ausrüster von Großbäckereien: Kenia läuft, in Äthiopien geht nicht viel. Nun wird in den Afrika-Vertrieb investiert. 

Von Ulrich Binkert | Bonn

In Afrika wird immer mehr Brot gegessen. Damit steigt auch der Bedarf an Maschinen für Bäckereien. Eine einfache Rechnung, die so aber nicht ganz stimmt. Wie komplex der Markt ist, erklärt Rabi Williams, Verkaufsleiter beim führenden Technikanbieter Werner & Pfleiderer Haton (WP Bakery Group).

Herr Williams, in welchem afrikanischen Markt läuft es besonders gut bei Ihnen?

In Kenia. Dort haben wir bei Backstraßen einen Marktanteil von bestimmt 80 Prozent. Wir sind dort seit den 1980er Jahren im Markt und es laufen noch Maschinen, die aus dieser Zeit stammen. Potenzielle Kunden unter den Großbäckereien, unserer Zielgruppe, sehen diese Qualität und kommen zu uns. Im Schnitt verkaufen wir in Kenia alle zwei Jahre eine Großanlage, die 6.000 Brote in der Stunde backen kann.

Welche weiteren Gründe sehen Sie für den Erfolg in Kenia?

Die Kaufkraft ist dort größer als in den Nachbarländern, ebenso der Brotkonsum. Zudem ist der formale Handel recht stark. Die Leute kaufen ihr Brot also oft im Supermarkt oder auch am Kiosk. Gefragt ist dort, wie in Südafrika, abgepackte und diverse, aber standardisierte Ware, wie sie unsere Maschinen produzieren.

Kenia bringt Umsatz

Die Effizienz Ihrer Anlagen spielt auch eine Rolle?

Das ist immer der Hauptgrund, warum die Kunden zu uns kommen. Unsere leistungsfähigen Anlagen lohnen sich bei hohen Ausbringungsmengen. In einer großen, handwerklichen Bäckerei in Kenia mögen aktuell 500 Mitarbeiter täglich 50.000 Brote produzieren. Sie arbeiten dann mit Teigknetmaschinen und einfachen Öfen. Eine automatisierte Backstraße von uns für vielleicht 7 Millionen Euro hingegen schafft 130.000 Brote. Mit 60 Mitarbeitern.

In Äthiopien leben doppelt so viele Menschen wie in Kenia, wie läuft es dort?

Das ist bislang kein Markt für uns. Der Hauptgrund ist der Devisenmangel – potenzielle Kunden kommen nicht an Dollar. Wir erhalten aus Äthiopien auch keine relevanten Anfragen, und es gibt kaum Informationen zu kommenden Projekten. 

In Äthiopien verkauft sich Effizienz noch schlecht

Aber auch in Äthiopien sind in den letzten Jahren große Brotfabriken entstanden.

Sicher, die Produktion ist dort aber noch gering. Unsere Argumente lassen sich besser solchen Firmen vermitteln, die bereits eine Weile mit einfacheren Maschinen produzieren und gesehen haben, dass sie damit langfristig Geld verlieren. In Äthiopien ist dieses Umfeld noch nicht da. 

Gibt es neben dem Preis weitere Gründe, die Ihr Geschäft erschweren?

Es gibt in Äthiopien kaum Supermärkte und damit weniger Nachfrage nach verpacktem Brot. Kultur und Lebensformen spielen ebenfalls eine große Rolle. In Senegal kauft man das Baguette von kleinen Bäckereien an der Straße und isst es oft auch gleich. Die Ägypter sind zwar große Brotesser, lieben aber Fladenbrot/Pitabrot, das anders gebacken wird. Ob der Staat den Preis für Mehl steuert, spielt auch mit rein in unser Geschäft. 

Wie sieht es in anderen Ländern Ostafrikas aus?

In Tansania läuft die Wirtschaft ganz gut. Man isst dort aber weniger Brot als in Kenia und mehr das Maisgericht Ugali. Wohl auch deshalb sind uns kaum Investitionsabsichten für Brotfabriken bekannt. Ein großer tansanischer Konzern wie Bakhresa, der auch Mehl herstellt, würde sicherlich in dieses Geschäft einsteigen. 

Brot stammt doch meist aus kleinen Bäckereien, oder?

Ja, auch in Tansania. Aber auch dort gibt es Firmen, die expandieren wollen und dann mehr in Technik investieren. Normalerweise kaufen die nicht gleich eine Industrie-Backstraße, sondern handwerkliche Maschinen. Solche Technik können wir aber auch anbieten: Teigteiler etwa zum Formen kleiner Stücke oder Stikkenöfen, in die man Verbände mit dem Teigling zum Backen übereinander einschieben kann. 

Trend zu Großbäckereien hilft auch in Sambia

Gibt es einen Trend zur Konsolidierung, dass sich also größere Betriebe bilden? 

Ja, zum Beispiel in Sambia. Nach Südafrika und Kenia ist dieses Land ein Fokus für uns, auch wenn der Brotverbrauch dort noch niedrig ist. Ein Teil der Bäcker in Sambia sind Griechen in zweiter oder dritter Generation, die auch ein offenes Ohr für unser Konzept haben. Auch Supermärkte sind in dem Land bereits recht verbreitet. Simbabwe kann ein weiterer wichtiger Markt werden, ebenso Angola und Mosambik. In Ostafrika schauen wir verstärkt auf Uganda. Dort gibt es fünf mittlere bis große Bäckereien, alle in der Hauptstadt Kampala. Eine davon ist schon Kundin von uns.

Sehen Sie Afrika als Markt der Zukunft?

Ja. In zehn, zwanzig Jahren wird man dort viel mehr Brot essen als heute. Früher haben unsere Verkäufer für den Nahen Osten Afrika noch mitbetreut. Das ist jetzt anders. Wir müssen in Afrika schon jetzt mit den Bäckereien sprechen, die in fünf Jahren vielleicht unsere Anlagen kaufen. 

Neuer Vertriebler für den Zukunftsmarkt Afrika

Was machen Sie dafür konkret?

Vor gut einem Jahr stellte ich einen eigenen Verkäufer nur für Afrika ein. Er betreut alle Länder außer Kenia und Südafrika. Eine eigene Vertretung haben wir nur in Südafrika, ansonsten betreuen wir den Kontinent direkt von Europa aus. Der Kollege ist Niederländer mit mosambikanischen Wurzeln. Er sprich neben Niederländisch also auch Portugiesisch und außerdem Englisch, Spanisch und Französisch. Vor allem aber stimmt seine Einstellung.

Welche Einstellung braucht es denn?

Sein Job ist Knochenarbeit. Die Bäckereien bilden keine organisierte Branche. Wir treffen mögliche Kunden schon auch auf Messen. Letzte Woche etwa auf der AgroPack in Nigeria, da hatten wir einen Stand im German Pavilion. Sehr viele Kontakte identifiziert mein Kollege aber im Internet, die er dann auch per Telefon zu kontaktieren versucht. 

Was muss der Kollege sonst noch können?

Viel zuhören. Er versucht zu verstehen, wie die Bäckereien, die Kunden der Zukunft, ticken und was sie brauchen. Gerade in Afrika machen wir sehr viel Marktforschung in eigener Sache.

 

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.