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Branche kompakt | Kolumbien | Landwirtschaft

Kolumbiens Landwirtschaft lässt Potenzial noch ungenutzt

Kolumbiens Landwirtschaft gilt als Konjunkturtreiber, ist aber noch ineffizient. Nachhaltigkeit und Softwarelösungen dürften an Relevanz gewinnen.

Von Janosch Siepen | Bogotá

Markttrends

Die kolumbianische Landwirtschaft wird nach Prognosen des britischen Informationsdienstleisters Economist Intelligence Unit (EIU) im Jahr 2024 um 2,4 Prozent wachsen. Die anhaltend hohen Zinsen und das Wetterphänomen El Niño bremsen die Dynamik, so Germán Fernández, Bayer-Sprecher für die Andenregion und Zentralamerika. Mittelfristig soll das jährliche Wachstum bei rund 3 Prozent liegen. 

Potenzial noch wenig ausgeschöpft

Viel Regen, ein tropisches Klima und Höhenlagen tragen zum landwirtschaftlichen Potenzial Kolumbiens bei. Dennoch ist der kolumbianische Agrarsektor nach Angaben der lateinamerikanischen Entwicklungsbank CAF deutlich weniger produktiv als die Landwirtschaft in Ländern mit ähnlichen Boden- und Klimabedingungen in der Region. Daten der Weltbank zufolge liegt Kolumbien mit einer Ackerfläche von 1,8 Prozent des Territoriums auf den hinteren Plätzen in Lateinamerika. Geringe ausländische Investitionen, große ungenutzte Flächen, mangelhafte Infrastruktur und noch kaum verbreitete Technologie stehen der Entwicklung im Wege. 

Staatliche Pläne sollen Landwirtschaft modernisieren

Doch das dürfte sich ändern. Im Jahr 2024 sorgt der Staatshaushalt für knapp 70 Prozent mehr Mittel für die Landwirtschaft. Der nationale Entwicklungsplan sieht bis 2026 deutlich mehr Nachhaltigkeit sowie Technologie und Digitalisierung in der kolumbianischen Landwirtschaft vor. Das Agrarministerium kündigte an, Finanzhilfen auszuweiten. Unter anderem will es einen höheren Zuschuss für eine Sonderkreditlinie gewähren und den Höchstbetrag des Programms zur ländlichen Kapitalisierung steigern. Der Staat möchte zusätzlich im Rahmen einer Agrarreform ungenutzte Landflächen kaufen und an Landwirte verteilen.  

Unterdessen macht innovative Technik die Branche allmählich digitaler, optimiert den Düngemitteleinsatz und verbessert die Anbaudichte. Laut Branchenkennern hat der Klimawandel in Kolumbien entscheidende Auswirkungen auf die Landwirtschaft im Land. Regen- und Trockenphasen seien schwieriger vorherzusehen und können die Produktion maßgeblich beeinträchtigen. Langfristig werden dadurch neue, intelligente Technologien wichtiger: Boden- und Wettersensoren, Satellitenfotografie sowie Drohnen helfen dabei, Anbaugebiete zu überwachen, Ernteschäden festzustellen und Prognosen zu erstellen. Auch Be- und Entwässerungsinfrastruktur und klimaresiliente Anbaumethoden dürften an Bedeutung gewinnen. 

Nachhaltigkeit und Softwarelösungen werden relevanter 

Kolumbien nutzt in der Region am meisten Düngemittel. Laut Weltbank waren es 2021 je Hektar Ackerland 615 Kilogramm Düngemittel, weitaus mehr als etwa in Brasilien (370 Kilogramm). Zwar erfordert das subtropische Klima mit ganzjährigem Schädlingsbefall konventionellen Pflanzenschutz. Doch der Trend hin zu nachhaltigen Praktiken und Agrarlieferketten könnte mittelfristig Lösungen nötig machen, die Pflanzenschutz biologischer und umweltverträglicher machen. 

Um produktiver zu werden, werden zudem Softwarelösungen für Landwirte an Bedeutung gewinnen. Denn teure Landmaschinen finden in Kolumbien nur begrenzt Absatz, da es sich für Kleinbauern aufgrund ihres geringen Landbesitzes und ihres begrenzten Kapitals nicht lohnt, in solche Maschinen zu investieren. Hinzu kommen die oft steilen Hänge, auf denen herkömmliche Traktoren nicht eingesetzt werden können.

Ausgewählte Projekte des kolumbianischen Ministeriums für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung
Projekt (Akteur)

Investitionssumme (in Mio. US$)

Anmerkungen
Plan für den Agrarsektor gegen die mögliche Ankunft des El-Niño-Phänomens

143

Lieferung von dürreresistentem Saatgut, Installation von Wasserspeichersystemen, Verbesserung von Futterlagern und Impfkampagnen für Tiere
Anreiz für den Bau von Bewässerungs- und Entwässerungssystemen in landwirtschaftlichen Projekten im Rahmen des Programms zur ländlichen Kapitalisierung ICR

16

Finanzierungsunterstützung, damit Landwirte Ernten und Wasserversorgung verbessern können
Nationales Programm zur Erneuerung von Kaffeeplantagen im Rahmen des Programms zur ländlichen Kapitalisierung ICR

9

Finanzierungsunterstützung für Kaffeebauern zur Verbesserung von Produktion, Bewässerung, Bodenproduktivität, Infrastruktur und Maschinen
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

Branchenstruktur und Rahmenbedingungen

Kolumbiens Landwirtschaft hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen und macht inzwischen rund 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Der Agrarsektor gilt als Wachstumstreiber Kolumbiens. Seit 2010 hat sich die Wertschöpfung real um über 40 Prozent erhöht. Damit ist auch der Anteil der landwirtschaftlichen Erzeugnisse an den Exporten gewachsen. 

Das Land gehört weltweit zu den größten Exporteuren diverser Agrarprodukte. Am wichtigsten sind der Anbau von Bananen an der Karibikküste, die Herstellung von Palmöl im Norden und Osten des Landes sowie der Kaffeeanbau in der Andenregion. Auch Schnittblumen auf der Hochebene von Bogotá und Zuckerrohr im Cauca-Tal spielen eine wichtige Rolle. Künftig seien zusätzlich exotische Früchte ein Segment mit sehr großem Wachstumspotenzial, sagt Bayer-Sprecher Fernández. 

Kleinbauern machen den Großteil der Branche aus: 61 Prozent der Betriebe haben weniger als fünf Hektar. Kleine und mittlere Farmen dominieren vor allem den Kaffeesektor und die Milchproduktion. Wenige Großgrundbesitzer herrschen bei Zuckerrohr, Ölpalmen, Bananen und Viehzucht vor. 

Firmen aus Deutschland sorgen für Pflanzenschutz

Deutsche Unternehmen wie BASF liefern vor allem Agrochemikalien nach Kolumbien. Bayer betreibt bei Barranquilla seine zweitwichtigste Fabrik für Pflanzenschutzmittel in Lateinamerika und forscht im Bundesstaat Valle del Cauca zu Pflanzenschutz und Maissaatgut. "Bei Agrarchemikalien herrscht viel Wettbewerb und zunehmende Konkurrenz aus Indien und China", so Fernández. Bei Düngemitteln dagegen gibt es mit Yara aus Norwegen und Monómeros aus Venezuela nur wenige große Unternehmen sowie einige lokale Produzenten von Stickstoffdünger (Urea). Landmaschinen und Traktoren werden in Kolumbien überwiegend importiert. Dabei dominieren Brasilien, China und die USA.

 

Eckdaten zur Landwirtschaft in Kolumbien
Kennziffer

2022

Einwohner (Mio.)

51,7

Ackerfläche (in Mio. Hektar)

5,4

Anteil der Landwirtschaft an der Entstehung des BIP (in %)

8,3

Exporte Agrargüter (in Mrd. US-Dollar) *)

4

* umfasst Agrarsektor, Viehzucht, Jagd und Forstwirtschaft.Quelle: Statistikamt DANE 2023; Unidad de Planificación Rural Agropecuaria, Evaluación Agropecuarias Municipales 2022

Deutschen Firmen rät Fernández, sich mit Agrarverbänden im Land zusammenzutun, deren Sektorwissen zu nutzen und Synergien zu suchen. 

Was bei der Einfuhr zu beachten ist

Für die Überwachung von technischen Standards und Normen sind die Superintendencia de Industria y Comercio (SIC) und der Organismo Nacional de Acreditación de Colombia (ONAC) zuständig. Importprodukte aus Deutschland wie Landmaschinen müssen von einer kolumbianischen oder ausländischen Institution getestet werden, die von SIC oder ONAC anerkannt ist. Die Einfuhr von Düngemitteln, Insektiziden und veterinärmedizinischen Produkten erfordert eine Registrierung beim Instituto Colombiano Agropecuario (ICA).

 

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