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Wirtschaftsausblick | Litauen

Privatkonsum treibt Wirtschaft an

Der litauischen Volkswirtschaft ist etwas in der EU Einmaliges gelungen: 14 Jahre in Folge ist sie nicht geschrumpft. Dank des Privatkonsums dürfte sie es auch in Zukunft tun.

Von Niklas Becker | Helsinki

Top-Thema: Neue Regierung stellt Programm vor

Litauen hat seit Mitte Dezember 2024 eine neue Regierung. Die Sozialdemokratische Partei (LSDP) gewann die Parlamentswahlen im Oktober 2024 und bildet mit der rechtspopulistischen Partei Nemuno Aušra und der Mitte-Links-Partei Demokratų sąjunga "Vardan Lietuvos" (DSVL) eine Koalition. Die Vaterlandsunion (TS-LKD) von Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė verlor deutlich an Zustimmung. 

Als einen Schwerpunkt ihres Regierungsprogramms listet die Koalition das "Wachstum der litauischen Wirtschaft". Unter anderem strebt sie eine Verbesserung der Bedingungen für große Investitionsprojekte sowie einen Abbau der administrativen Belastung für Unternehmen an. Sie will zudem eine Strategie zur Anwerbung hochqualifizierter ausländischer Fachkräfte und der Rückkehr litauischer Staatsbürger aus dem Ausland entwickeln sowie die "schleichende Privatisierung" des Gesundheits- und Bildungswesens eindämmen. 

Ein besonderes Augenmerk legt die Koalition auf das Thema Sicherheit und Verteidigung. Sie verpflichtet sich, hierfür mindestens 3,5 Prozent des litauischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) bereitzustellen sowie eine "reibungslose Stationierung der deutschen Brigade in Litauen bis 2027 zu gewährleisten". Die neue Regierung hat außerdem zugesagt, den geplanten Bau von zwei Offshore-Windparks fortzusetzen. Das Land hatte im November 2024 die Ausschreibung für den zweiten Windpark mit einer Leistung von 700 Megawatt veröffentlicht. Die Inbetriebnahme ist für 2030 vorgesehen. 

Wirtschaftsentwicklung: BIP soll 2025 um 3 Prozent wachsen

Litauens Wirtschaft stehen gute Zeiten bevor. Für 2025 und 2026 werden kräftige Zuwächse des BIP prognostiziert. Wie bereits 2024 basiert die positive Entwicklung vor allem auf dem Privatkonsum. Ein Rückgang der Inflation sowie ein weiterhin kräftiges Lohnwachstum stimulieren die Konsumausgaben der Haushalte. Bereits im Herbst 2024 lag ihre Kaufkraft wieder auf dem Niveau vor den deutlichen Preisanstiegen 2022 und 2023

Die guten Entwicklungen spiegeln sich auch in der Stimmung unter den litauischen Verbrauchern wider. Diese lag im Oktober 2024 auf dem höchsten Stand seit September 2007. Und: Die Mehrheit der Privatpersonen erwartet, dass sich ihre finanzielle Situation bis zum Jahresende 2025 weiter verbessert. 

Die positive wirtschaftliche Entwicklung Litauens ist kein kurzfristiges Phänomen. Seit 2010 wächst die Wirtschaft des baltischen Landes jedes Jahr real. Mit einer Ausnahme im Jahr 2020, in dem die Wirtschaft stagnierte. Ansonsten lag sie zwischen 2010 und 2023 in jedem Jahr im positiven Bereich, was einmalig in der EU ist. 

Schwache Auftragslage drückt die Stimmung bei Industriefirmen

Die Stimmung in Litauens Industrie hat sich in der 2. Jahreshälfte 2024 schrittweise aufgehellt. Der von der Europäischen Kommission veröffentlichte Vertrauensindikator des Sektors lag im November 2024 allerdings mit minus 4 Punkten weiterhin im negativen Bereich. Größtes Problem bleibt die Auftragslage: Im 4. Quartal 2024 gaben 58 Prozent der Industrieunternehmen an, dass eine niedrigere Nachfrage die eigene Produktion einschränkt. 

Die litauischen Industrieunternehmen blicken zum Jahresende 2024 jedoch wieder positiver in die Zukunft. Sie erwarten in den kommenden Monaten einen Zuwachs der eigenen Produktion. Nach Einschätzung der Europäischen Kommission werden die Investitionen in immaterielle Güter sowie den Verteidigungs- und Energiesektor ab 2025 wieder zunehmen. EU-Fördermittel - beispielsweise für das Schienenprojekt Rail Baltica - sollen diesen Trend unterstützen. 

Exporte unterstützen Wirtschaftswachstum

Litauens Exporte waren in den vergangenen Jahren eine treibende Kraft für die positive Wirtschaftsentwicklung. Auch die Dienstleistungsexporte - beispielsweise im Logistikbereich - haben ihren Teil dazu beigetragen. Sie sollen in Zukunft weiter wachsen. 

Nachdem Litauens Warenausfuhren 2021 und 2022 zweistellig wuchsen, wurde für 2023 ein Rückgang verzeichnet. Hintergrund waren die schwächelnden Entwicklungen der anderen EU-Volkswirtschaften. Im Jahresverlauf 2025 sollen sich die litauischen Warenexporte jedoch aufgrund eines allmählich einsetzenden Wirtschaftswachstums bei den Handelspartnern wieder erholen. Das Tempo wird jedoch von der Entwicklung der anderen EU-Volkswirtschaften abhängen. Die deutlichen Lohnzuwächse in Litauen könnten sich zukünftig negativ auf das Wachstum der litauischen Exporte auswirken. 

Deutsche Perspektive: Litauens Exporte nach Deutschland verlieren an Fahrt

Der litauische Exportsektor profitiert von der geografischen Nähe zu Polen. Dank der überdurchschnittlichen Entwicklung der polnischen Volkswirtschaft wachsen damit auch Litauens Exporte in das Nachbarland. 

Die litauischen Exportunternehmen konzentrieren sich zunehmend auf den polnischen Markt. Dies hat dazu geführt, dass Polen seit 2022 der wichtigste Exportmarkt für litauische Waren ist und damit Deutschland als langjährigen größten Absatzmarkt abgelöst hat. Für deutsche Einkäufer kann Litauen ein interessanter Beschaffungsmarkt für bestimmte Produkte wie Metallerzeugnisse sein. Ein großer Pluspunkt sind die geringeren Arbeitskosten in Litauen.  

Im Rahmen des Markterschließungsprogramms findet am 24. und 25. März 2025 erstmals die Einkaufsinitiative Finnland, Estland, Lettland, Litauen statt. Deutsche Unternehmen erhalten im Rahmen der Initiative einen direkten Zugang zu Lieferanten aus den vier Ländern. 

Einen Überblick über die Standortbedingungen bietet unser Wirtschaftsstandort. Alle Informationen zu Litauen finden Sie auf der GTAI-Länderseite

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