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Malaysischer Automarkt erhält einen Dämpfer
Nach zwei Boomjahren rechnet die Automobilbranche für das laufende Jahr 2024 mit einem Rückgang der Autoverkäufe. Die Elektromobilität bleibt hinter den Erwartungen zurück.
21.05.2024
Von Werner Kemper | Kuala Lumpur
Ausblick der Kfz-Branche in Malaysia
Bewertung:
- Die Kfz-Verkäufe dürften im laufenden Jahr 2024 nach zwei Rekordjahren leicht ins Minus drehen.
- Automobilimporte aus Deutschland dürften hingegen wieder ein gutes Jahr haben.
- Mittel bis langfristig wird sich der Sektor in Malaysia weiterhin positiv entwickeln. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie schnell der Ausbau an Ladestationen für E-Fahrzeuge voranschreitet.
Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: April 2024
Markttrends
Für das Jahr 2024 erwartet der malaysische Automobilverband MAA (Malaysian Automotive Associatio MAA) einen Rückgang der Kfz-Verkäufe um 7,5 Prozent auf 740.000 Fahrzeuge. Bei Pkw soll das Minus 7,4 Prozent betragen und bei Lkw und Bussen 8,2 Prozent. Dennoch wäre auch dies ein hervorragendes Ergebnis für die Branche, denn es würde erneut einen Absatz deutlich über der 700.000er Marke bedeuten.
Einen zusätzlichen Dämpfer könnte die geplante High-Value-Goods-Tax (HVGT) auf die Verkaufszahlen ab 2025 haben. Der Staat überlegt, eine zusätzliche Steuer von 5 Prozent bis 10 Prozent auf alle Fahrzeuge zu erheben, deren Verkaufspreis 200.000 Ringgit Malaysia (RM, circa 40.000 Euro) oder mehr beträgt. Ob es zu der genannten Steuer kommen wird, oder doch eher zu einer allgemeinen Mehrwertsteuer, bleibt abzuwarten.
Wird neben Porsche bald auch Audi in Malaysia fertigen?
Malaysia wird auch als Produktionsstandort interessanter. Für Porsche ist das Land seit 2022 die erste Fertigungsstätte außerhalb Europas. Bislang wird hier nur der Cayenne als Completly-Knocked-Down (CKD) mit Verbrennungsmotor hergestellt. Eine Produktionsausweitung für andere Märkte ist derzeit nicht vorgesehen. Ebenfalls seit 2022 ist die Porsche Holding Salzburg Automotive Malaysia (PHSAM) alleiniger Vertrieb für Audi in Malaysia. Auch sie überlegt in naher Zukunft eine Fertigung für Audi in Malaysia zu etablieren
Rekordjahr 2023 bei Autoverkäufen
Das Jahr 2023 war bei Neuwagenverkäufen ein Rekordjahr. Insgesamt wurden 799.731 Einheiten verkauft. Das entspricht einer Steigerung von 78.554 verkauften Kfz oder einem Plus von 10,9 Prozent. Dabei ging es bei Personenwagen um 12 Prozent und bei Bussen und Lkw um immerhin 2 Prozent nach oben. Erstmals in der Geschichte der malaysischen Automobilindustrie wurden in zwei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils mehr als 700.000 Kfz verkauft.
Das hohe Wachstum liegt vor allem an der angestauten Nachfrage, unter anderem weil es im vergangenen Jahr diverse Lieferengpässe, zum Beispiel bei Mikrochips, gab. Außerdem sind 2023 sehr viele neue Modelle und Elektrofahrzeuge auf den Markt gekommen, so Mohd Shamsor, der Präsident des malaysischen Automobilverbands (Malaysian Automotive Association; MAA).
Schlechte Ladeinfrastruktur hemmt Nachfrage nach Elektroautos
Elektrofahrzeuge hatten 2023 einen Anteil von 4,7 Prozent an den Verkäufen. Im Jahr 2022 lag dieser bei 3,1 Prozent. Allerdings sind aktuell nur knapp 2 Prozent aller zugelassenen Fahrzeuge auf Malaysias Straßen Elektrofahrzeuge. Vor allem die noch immer ungenügende landesweite Ausstattung mit Ladestationen ist ein riesiger Hemmschuh für eine stärkere Nachfrage nach E-Autos. Aktuell gibt es laut MAA landesweit 1.434 Ladestationen. Bis Ende 2025 sollen es 10.000 werden. Dies erscheint jedoch überaus optimistisch und kaum realisierbar.
2022 | 2023 | Veränderung 2022/23 | 2024*) | Veränderung 2023/24*) | |
---|---|---|---|---|---|
Personenkraftwagen | 642.157 | 719.160 | 12,0 | 666.000 | -7,4 |
Nutzfahrzeuge | 79.000 | 80.571 | 2,0 | 74.000 | -8,2 |
Gesamt | 721.177 | 799.731 | 10,9 | 740.000 | -7,5 |
Branchenstruktur und Rahmenbedingungen
Die verarbeitende Industrie hat in Malaysia einen sehr hohen Stellenwert. Sie trägt rund 23 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Innerhalb des verarbeitenden Sektors ist die Elektronikindustrie das wichtigste Segment. Aber auch die Automobilindustrie hat enorme Bedeutung. Der Sektor besteht aus 27 Herstellern, über 53.000 Distributoren, Verkäufern und Service-Anbietern, beschäftigt mehr als 700.000 Menschen und trägt rund 4 Prozent zum BIP bei.
Unter den Top-Ten der verkauften Pkw sind neben den beiden malaysischen Marken "Perodua" und "Proton" vor allem japanische Hersteller vertreten. Zwei deutsche Konzerne haben es in die Top-Ten geschafft: Auf Platz 8 liegt BMW mit etwa 12.000 verkauften Fahrzeugen und auf Platz 10 Mercedes-Benz mit knapp über 9.000 verkauften Pkw.
Rang | Hersteller | Stückzahl |
---|---|---|
1. | Perodua | 330.330 |
2. | Toyota | 160.210 |
3. | Proton | 150.908 |
4. | Honda | 80.030 |
5. | Mitsubishi | 21.720 |
6. | Mazda | 19.120 |
7. | Isuzu | 16.910 |
8. | BMW | 11.970 |
9. | Nissan | 10.000 |
10. | Mercedes-Benz | 9.320 |
Die Kfz-Produktion erreichte mit 10,2 Prozent einen ähnlichen Zuwachs wie die Verkaufszahlen 2023. Insgesamt wurden 774.600 Fahrzeuge hergestellt. Im Vorjahr waren es 702.275. Das Wachstum lag, neben der höheren Nachfrage, vor allem an der verbesserten Verfügbarkeit nötiger Vorprodukte.
2022 | 2023 | Veränderung 2022/23 | |
---|---|---|---|
Personenwagen | 650.190 | 724.891 | 11,5 |
Nutzfahrzeuge | 52.085 | 49.709 | -4,6 |
Gesamt | 702.275 | 774.600 | 10,3 |
E-Mobilität bleibt hinter den Erwartungen zurück
Malaysia hat in wenigen Jahren seine Rolle als Vorreiter bei der Verbreitung von E-Mobilität in Südostasien verloren und ist jetzt eher ein Nachzügler. Zwar verfügt Malaysia über viele der notwendigen Industrien, um Boden gutzumachen und die benötigte Infrastruktur zügig auszubauen. Dazu zählen unter anderem eine starke Halbleiterindustrie, Kupferminen und Kupferdrahtherstellung. Außerdem gibt es Pläne, eine eigene Batterieproduktion im Land aufzubauen, als Ergänzung zu der bereits vorhandenen größten regionalen Batteriefabrik in Indonesien.
Trotz dieses Potenzials, bleiben große Herausforderungen den Energiemix zu verändern. Aktuell werden weniger als 10 Prozent des Stroms in Malaysia aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen. Das Ziel, bis 2035 diesen Anteil auf 31 Prozent mehr als zu verdreifachen, wäre ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Neben einer dringend notwendigen "Energiewende" müssten weitere Schritte zur Förderung des ÖPNVs folgen, um vor allem Kuala Lumpur vor einem "Verkehrsinfarkt" zu bewahren. Eine bloße Umstellung auf Elektromotoren alleine wird dieses Problem nicht beseitigen.
Deutsche Kfz-Einfuhren legten 2023 stark zu
Malaysias Automobilimporte stiegen seit dem Corona bedingten Einbruch im Jahr 2020 Jahr für Jahr. 2023 lagen sie bei 8,1 Milliarden US-Dollar (US$) und somit 11,0 Prozent über dem Vorjahreswert.
Größter Nutznießer waren im vergangenen Jahr die deutschen Automobilhersteller. Nach Angaben der malaysischen Außenhandelsstatistik konnten sie ihre Importe nach Malaysia um mehr als 27 Prozent steigern und einen Einfuhrwert von 1,4 Milliarden US-Dollar erzielen. Deutschland liegt damit auf Rang 4 der Kfz-Importstatistik und nur ganz knapp hinter China und Japan. Unangefochten auf Rang 1 sind nach wie vor die Kfz-Importe aus Thailand.