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Tiefbau: Marktlage und -entwicklung
Mit dem Regierungswechsel werden in Mexiko neue Infrastrukturprojekte entworfen. Priorität hat der Ausbau des Personenverkehrs über die Schiene.
27.11.2024
Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt
Im Vorfeld der Präsidentschaftswahl Anfang Juni 2024 investierte die mexikanische Regierung noch einmal kräftig in den Ausbau der Infrastruktur. So legte der Tiefbau im 1. Halbjahr 2024 um 23 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Im Jahr 2023 expandierte der Sektor sogar um 79 Prozent gegenüber 2022, so das Statistikamt INEGI. Die Regierung López Obrador wollte wichtige Prestigeprojekte vor der Wahl möglichst weit voranbringen. Dazu zählen insbesondere die Megaprojekte Raffinerie Dos Bocas und die Zugstrecke Tren Maya, beide im Süden des Landes.
Auch wenn die Projekte nicht rechtzeitig vor der Wahl fertig wurden, waren sie dennoch so weit gebaut, dass öffentlichkeitswirksame Einweihungsfeiern stattfinden konnten. Claudia Sheinbaum, die am 1. Oktober die Präsidentschaft übernahm, will den Projekten Kontinuität geben, wie es in ihrem Regierungsprogramm heißt. Gleiches gilt für den Frachtkorridor Istmo de Tehuantepec sowie die Flughäfen Felipe Ángeles (AIFA) in Mexiko-Stadt und in Tulum. Die Flughäfen sind gebaut und in Betrieb, aber die Anbindung an den öffentlichen Verkehr soll verbessert werden.
Zugstrecken für den Personenverkehr haben Priorität
Neben den Projekten, die Sheinbaum von der Vorgängerregierung geerbt hat, baut auch sie die Infrastruktur des Landes mit neuen Projekten weiter aus. Dabei soll durch zahlreiche, mittelgroße Projekte der multimodale Transport von Personen und Waren im Land erleichtert werden. López Obrador hatte die Investitionen auf einige, wenige Leuchtturmprojekte konzentriert. So verschlangen allein die Zugstrecke Tren Maya und die Raffinerie Dos Bocas während seiner Amtszeit zusammen rund 43 Milliarden US$, was über 80 Prozent des gesamten Budgets für prioritäre Infrastrukturprojekte entsprach.
Die Regierung Sheinbaum gab bereits eine vorläufige Aufstellung der prioritären Projekte ihrer Amtsperiode heraus, Details stehen noch aus. Ein Fokus liegt auf der stärkeren Nutzung bereits bestehender Zugstrecken mit einer Gesamtlänge von 18.000 Kilometern für den Personenverkehr. Bislang werden diese Strecken fast ausschließlich für den Güterverkehr genutzt. Die privaten Unternehmen Ferromex, Ferrosur und Canadian Pacific Kansas City (CPKC), die die Konzessionen für den Güterverkehr auf den acht Bahnstrecken halten, erstellen Studien zur parallelen Nutzung für den Personentransport. Die Investitionen für den Personenschienenverkehr sollen von den Unternehmen getragen werden, möglicherweise über Public-Private Partnerships (PPP).
Zukünftig sollen die Städte Puebla, Veracruz, Querétaro, Guadalajara, San Luis Potosí, León und Aguascalientes von der Hauptstadt aus per Zug erreicht werden können. Die Linien führen sogar weiter bis nach Monterrey und Chihuahua im Norden Mexikos und von dort aus bis zu den Grenzstädten Nuevo Laredo und Ciudad Juárez. Oberste Priorität hat laut Sheinbaums die bereits seit langem geplante Zugverbindung zwischen Mexiko-Stadt und der zentralmexikanischen Metropole Querétaro.
Zugstrecken (Personenverkehr) | Zugstrecken (Güterverkehr) | Autobahnen | Häfen | Flughäfen | Projekte der Vorgängerregierung* |
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Neue Infrastrukturprojekte starten 2025
Die 13 Autobahnen, die ausgebaut und modernisiert werden sollen, liegen in Regionen Mexikos, die durch den Zugverkehr weniger gut abgedeckt werden. Dies betrifft insbesondere den Süden des Landes, aber auch die Strecke Los Cabos - Tijuana auf der Halbinsel Baja California. Zusätzlich kündigte die Regierung Sheinbaum die Ausbesserung von Landstraßen mit einer Gesamtlänge von 3.000 Kilometern an.
Überraschenderweise plant Sheinbaum sogar Modernisierungsarbeiten am internationalen Flughafen Benito Juárez (AICM) in Mexiko-Stadt. Der Flughafen war von der Vorgängerregierung quasi ignoriert worden, da López Obrador entschied, außerhalb der Hauptstadt ein Militärgelände zum Flughafen AIFA umzubauen. Dieser Flughafen wird aufgrund seiner schlechten Erreichbarkeit vor allem für Frachtverkehr genutzt. Immerhin stieg das Passagieraufkommen des AIFA zwischen Januar und August auf 3,9 Millionen Personen, was etwa einem Zehntel der Passagieranzahl des AICM entspricht.
Ab 2025 soll es in jedem Bundesstaat Mexikos mindestens ein größeres Infrastrukturprojekt geben, gab Claudia Sheinbaum bei einem Treffen mit den Gouverneuren der Bundesstaaten im August 2024 bekannt. Dazu zählen auch Wasserprojekte.
Privatsektor könnte wieder stärker involviert werden
Der begrenzte Staatshaushalt schränkt die neue Regierung bei ihren Vorhaben ein. So stieg die Staatsverschuldung in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 43,6 Prozent in 2018, dem letzten Jahr der Regierung Peña Nieto auf 50,2 Prozent in 2024. Ursache sind vor allem höhere Sozialausgaben unter Andrés Manuel Lopez Obrador, die Sheinbaum weiterführen muss. Gleichzeitig will sie keine Steuerreform durchführen, weshalb der Spielraum für Infrastrukturinvestitionen begrenzt ist.
Umso mehr wird die neue Regierung auf Kooperation mit dem Privatsektor angewiesen sein. Luis Méndez Jaled, Präsident der mexikanischen Baukammer (CMIC), sagte kürzlich gegenüber dem Portal BNamericas über Sheinbaum: "Sie hat einen sehr ehrgeizigen Infrastrukturplan und sucht die Kooperation. Wir haben sie direkt gefragt, ob der Privatsektor beteiligt wird, und sie antwortete zu 100 Prozent".
Jedoch will auch das mexikanische Militär (Secretaría de la Defensa Nacional, Sedena) die Regierung bei prioritären Projekten unterstützen, wie der neue Verteidigungsminister Ricardo Trevilla Trejo bei seiner Amtseinführung verkündete. Kurz darauf gab der Verkehrsminister von Mexiko-Stadt bekannt, dass das Militär beim Bau der Schnellbahn zwischen Mexiko-Stadt und dem Flughafen AIFA unterstützen werde. Der Bau ist zu rund drei Vierteln fertig, kommt jedoch nur langsam voran.
Ex-Präsident López Obrador hatte das Militär regelmäßig an Infrastrukturprojekten beteiligt. Der private Bausektor forderte die Regierung jedoch wiederholt auf, "das Militär wieder für sicherheitsrelevante Aufgaben einzusetzen, anstatt es in Infrastrukturprojekte einzubinden", so Baukammerpräsident Jaled gegenüber BNamericas.
2022 1) | 2023 1) | Veränderung 2023/22 (nominal) 2) | |
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Produktionswert im Tiefbau insgesamt, davon | 10.517 | 19.907 | 67 |
Transport | 5.144 | 12.070 | 107 |
Erdöl, Petrochemie | 3.600 | 4.488 | 10 |
Stromversorgung, Telekommunikation | 670 | 1.509 | 98,6 |
Wasser/Abwasser | 850 | 1.583 | 64,2 |
Andere | 253 | 257 | 0,7 |