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Mexiko droht eine Rezession durch US-Zölle
Das bilaterale Handelsvolumen zwischen den USA und Mexiko ist das größte der Welt. Umso härter könnte das Land von den aktuellen US-Zöllen getroffen werden.
04.04.2025
Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt
Zwar blieb Mexiko am 2. April, dem von Donald Trump bezeichneten "Liberation Day", von Zusatzzöllen verschont. Das Land tauchte nicht in der vom Weißen Haus veröffentlichten Liste der Länder auf, gegenüber denen die USA zusätzliche Zölle und einen Basiszollsatz von 10 Prozent erheben. Der Wechselkurs dankte dies mit einer deutlichen Aufwertung des mexikanischen Peso, noch während Trump sprach.
Mexikos Regierung will Vorteile aushandeln
Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum gab sich auf einer Pressekonferenz am 3. April ebenfalls zuversichtlich: "Dank unserer guten Beziehung zur Regierung der Vereinigten Staaten wurde gestern das Handelsabkommen zwischen Mexiko, Kanada und den USA respektiert." Die mexikanische Regierung hofft, auch für Kfz, Aluminium und Stahl einen präferenziellen Zugang auszuhandeln, Produkte, auf die die US-Regierung neuerdings einen globalen Zollsatz von 25 Prozent erhebt. Der mexikanische Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard hat Presseberichten zufolge für die Verhandlungen ein Zeitfenster von 40 Tagen gesetzt.
Weiterhin gilt für Mexiko ein Zollsatz von 25 Prozent auf Lieferungen in die USA, die nicht präferenzberechtigt im Rahmen des USMCA-Abkommens (United States-Mexico-Canada-Agreement) eingeführt werden. Dieser Zollsatz könnte demnächst auf 12 Prozent herabgesetzt werden, sofern Mexiko bestimmte Auflagen der USA erfüllt (siehe Infobox).
Zölle für Waren aus Mexiko könnten perspektivisch sinken
Für Kanada und Mexiko gilt der International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) vom 1. Februar 2025 hinsichtlich Migration und Fentanyl. Dieser sieht einen Zollsatz von 0 Prozent auf USMCA-konforme Waren und 25 Prozent auf alle anderen Waren vor. Sobald die Fentanyl- und Migrationskrise aus Sicht der USA beendet ist, sollen Zölle in Höhe von 0 Prozent (USMCA-konforme Waren) beziehungsweise 12 Prozent (nicht-USMCA-konforme Waren) gelten, so das Weiße Haus.
Die Bestimmungen können sich täglich ändern. Den aktuellen Stand finden Sie auf unserer GTAI-Sonderseite Handelspolitik unter Trump.
Rund 30 Prozent der Ausfuhren Mexikos entfallen auf den Automobilsektor. Andere Bereiche, die ebenfalls stark im Export sind, darunter die Landwirtschaft, der Textilsektor, Elektronikprodukte und Pharmazeutika erfüllen in der Regel die USMCA-Vorschriften und gelangen daher weiter zollfrei in die USA. Einige Analysten bewerten die globalen Zölle des "Liberation Day" sogar als komparativen Vorteil Mexikos, da China, Vietnam und andere asiatische Exportnationen jetzt durchschnittlich höher bezollt werden als Mexiko.
Komplexe Lage an der Zollfront
Nicht alle Produkte, die in Mexiko für den US-Markt gefertigt werden, erfüllen die zum Teil strengen Regeln des USMCA-Abkommens. Im Automobilsektor etwa müssen Fahrzeuge einen Anteil von mindestens 75 Prozent an lokaler Wertschöpfung erfüllen, um zollfrei in die USA zu gelangen. Nicht allen Autobauern gelingt das. BMW etwa ist in Mexiko weit von dieser Vorgabe entfernt, unter anderem da das Unternehmen Motoren aus Europa bezieht.
Stellantis pausiert als Reaktion auf die Zölle für den Monat April die Produktion im Werk in Toluca, wo die Modelle Jeep Compass und Wagoneer S hergestellt werden. Rund 90 Prozent der Produktion geht normalerweise an das Nachbarland im Norden.
Den bisher geltenden Zollsatz von 2,5 Prozent, wenn der USMCA-Ursprung bei Fahrzeugen nicht erreicht wurde, konnten die Hersteller beim Export in die USA gut verkraften. Gemäß den neuen Bestimmungen kommen zu diesem Zollsatz noch 25 Prozent hinzu. Das macht eine Herstellung in Mexiko und anschließende Ausfuhr in die USA kaum noch wettbewerbsfähig. Einige Experten befürchten sogar, dass der Zollsatz auf nicht-USMCA-konforme Waren und der globale Zollsatz auf Kfz addiert werden könnten, was zu einem Gesamtzoll in Höhe von 52,5 Prozent führen würde. Die Zusatzzölle für Kfz verkomplizieren die Lage auch bei USMCA-Konformität: Qualifiziert sich ein Fahrzeug für eine Präferenzbehandlung gemäß USMCA, können Importeure die US-Anteile des Fahrzeugs zertifizieren lassen, sodass nur nicht-US-amerikanische Komponenten dem Zusatzzoll unterliegen.
Mexiko ist größter Handelspartner der USA
Gut ein Viertel der Wirtschaftskraft Mexikos hängt vom Export in die USA ab. Seit Gründung der Freihandelszone NAFTA im Jahr 1994 haben die Unternehmen fein abgestimmte, grenzüberschreitende Wertschöpfungsketten aufgebaut, darunter im Automobilsektor und bei Elektronikprodukten, in der Luftfahrtindustrie sowie bei der Herstellung von Medizintechnik. Zudem ist Mexiko ein wichtiger Lebensmittellieferant und versorgt die USA unter anderem mit Avocados, Bier und Blaubeeren.
Mexiko hat in den vergangenen Jahren China und Kanada überholt und ist zum wichtigsten Handelspartner der USA aufgestiegen. Der Warenverkehr zwischen den beiden Ländern erreichte 2024 rund 840 Milliarden US-Dollar (US$) – weltweit gibt es kein Länderpaar mit einem höheren Handelsvolumen.
Wirtschaftswachstum könnte ins Minus rutschen
Sollten die US-Zölle auf mexikanische Waren längere Zeit in Kraft bleiben, dürfte die Nachfrage aus den USA aufgrund der höheren Preise deutlich zurückgehen. Der Thinktank Atlantic Council rechnet mit einem Rückgang der Exporte von mindestens 10 Prozent im laufenden Jahr. Zudem sind lokale und multinationale Unternehmen in Mexiko schon jetzt stark verunsichert und bremsen ihre Investitionstätigkeit im Land.
Vorhersagen für die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2025 sind unter den derzeitigen Voraussetzungen nur schwer zu treffen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet in ihrer März-Prognose bereits 2025 einen Rückgang der mexikanischen Wirtschaftsleistung um 1,3 Prozent. Außer in Mexiko sieht die OECD in keinem anderen G20-Land eine Rezession.
"Zölle sind ein herber Schlag für deutsche Unternehmen"
Andere Analysten beurteilen die Wirtschaftslage noch etwas optimistischer: Laut einer Umfrage der Zentralbank Banxico im März 2025 unter führenden Instituten wird für das laufende Jahr im Schnitt ein BIP-Wachstum von einem halben Prozent erwartet. Vor einigen Monaten war noch mit einem Plus von über 2 Prozent gerechnet worden.
Laut einem Statement der Deutsch-Mexikanischen Industrie- und Handelskammer (AHK Mexiko) ist Mexiko seit Jahren der wichtigste Investitionsstandort der deutschen Wirtschaft in Lateinamerika. "Im Vertrauen auf das USMCA-Abkommen haben zahlreiche Unternehmen in Mexiko ihre Aktivitäten ausgebaut", so die Kammer. Zölle sind demzufolge ein herber Schlag für die 2.100 Firmen mit deutscher Kapitalbeteiligung, von denen viele den US-Markt beliefern.
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