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Zickzackkurs schadet auch der US-Wirtschaft
Die Vorhersehbarkeit in Sachen Zollpolitik geht gegen null. Sicher ist nur: Zölle werden die Inflation anheizen. Die Zeche zahlen die amerikanischen Konsumenten.
12.03.2025
Von Roland Rohde | Washington, D.C.
Donald Trump ändert in seiner Handelspolitik nahezu täglich, manchmal sogar stündlich seine Meinung, insbesondere wenn es um die sehr engen Partner Kanada und Mexiko geht. Bereits zweimal führte er Zölle in Höhe von 25 Prozent auf sämtliche Einfuhren aus den Nachbarländern ein, um sie kurz darauf wieder zu verschieben. Nur bei China fährt er eine konsequente Linie.
Sein Zickzackkurs führt bei Unternehmen und Konsumenten zu einem starken Gefühl der Unsicherheit. Niemand weiß, welche Zölle bleiben oder noch kommen. Firmen arbeiten mit verschiedenen Szenarien. Alleine mit der Androhung von Zöllen schadet er der einheimischen Wirtschaft. Mehr und mehr Indikatoren weisen auf eine unsanfte Landung der US-Konjunktur hin.
Schonfrist für USMCA-konforme Waren
Die USA haben die am 4. März 2025 eingeführten Zölle auf Waren aus Kanada und Mexiko wieder ausgesetzt, sofern sie Waren betreffen, die unter das Freihandelsabkommen USMCA fallen. Diese Ausnahme gilt vorerst bis 2. April 2025.
Die Bestimmungen können sich täglich ändern. Den aktuellen Stand finden Sie auf unserer GTAI-Sonderseite Handelspolitik unter Trump.
Was beabsichtigt Trump damit? Sein langfristiges Zielt besteht darin, industrielle Produktion zurück in die USA zu holen und "wunderschöne" Arbeitsplätze zu schaffen, wie er es ausdrückt. Dafür will er kurzfristige Wohlfahrtverluste in Kauf nehmen, was er bereits offen zugegeben hat.
Sein Plan hat nur einen Haken: Es gibt in den Vereinigten Staaten genug Arbeit. Die Erwerbslosenquote lag im Februar 2025 laut Arbeitsministerium bei 4,1 Prozent, was nahezu einer Vollbeschäftigung gleichkommt. Tatsächlich herrscht im produzierenden Gewerbe ein Fachkräftemangel, der nochmals stärker ausgeprägt ist als in Deutschland.
Immigrationspolitik wirkt wie Brandbeschleuniger
Während Trumps Zollpolitik unter diesen Prämissen die gesteckten langfristigen Ziele kaum erreichen wird, sind ihre kurz- und mittelfristigen Auswirkungen nach einhelliger Meinung der Ökonomen negativ für die USA. Als erstes dürften sie die seit Sommer 2024 ohnehin wieder steigende Inflation kräftig anheizen. Dieser Effekt wird durch die restriktive Einwanderungspolitik noch potenziert, indem sie das Arbeitskräfteangebot verknappt und die Löhne in die Höhe treibt.
Denn anders als in Trumps Vorstellung zahlen zunächst die US-Importeure die Abgabe. Diese werden sie in vielen Fällen, insbesondere wenn es wenig einheimische Anbieter gibt, weitgehend auf die Endkunden abwälzen. Das ist vor allem bei Konsumwaren der Fall. Aber auch bei vielen Kapitalgütern – etwa bei Aluminium oder bestimmten Maschinen – besteht eine hohe Importabhängigkeit.
Elektronik wird deutlich teurer
Viele Produkte kommen dabei aus China, Kanada und Mexiko. Zusammen lieferten die drei Länder 2024 Waren im Wert von fast 1,4 Billionen US-Dollar (US$) in die USA, so das Bureau of Economic Analysis. Das entsprach einem Anteil von über 40 Prozent an den Gesamtimporten. In vielen Güterkategorien liegt sie auch deutlich darüber.
Auch auf der Produktionsseite können Zölle für erhebliche Verwerfungen sorgen. In der Kfz-Industrie etwa würden US-Firmen überdurchschnittlich leiden. Ford, General Motors und Stellantis sind im Norden des Landes beheimatet. Sie unterhalten enge Produktionsverbünde mit kanadischen Partnern. Viele Autos und Komponenten überschreiten im Laufe ihres Produktionsprozesses mehrmals die Grenze.
Autos werden für manche unerschwinglich
Die Kosten für die Herstellung eines Autos könnten sich bei der Einführung eines Zolls von 25 Prozent auf Importe aus Kanada und Mexiko zwischen 3.500 und 11.000 US$ erhöhen, rechnete die Anderson Economic Group aus. Der ohnehin schon schwache Automobilabsatz dürfte spürbar zurückgehen. In der Folge würden auch Produktion und Investitionen sinken.
Die steigende Inflation könnte schon bald die Notenbank auf den Plan rufen. Sie müsste die Zinsen anheben, was die Abwärtsspirale beschleunigt: Die Investitionsbereitschaft der Unternehmen geht zurück, Konsumkredite werden teuer und würgen den Privatverbrauch ab. Auch der private Wohnungsbau wird unter steigenden Hypothekenzinsen und der Verteuerung des Hauptbaustoffs Holz leiden, der vielfach aus Kanada kommt.
Mögliche Folgen für deutsche Firmen
Für deutsche Unternehmen wird entscheidend sein, welche zusätzlichen Zölle kommen werden. Solange es keine entsprechenden Abgaben auf Importe aus der EU gibt, können sie von den Zöllen auf China, Kanada und Mexiko sogar profitieren. Die drei Länder sind etwa im Maschinenbau wichtige Konkurrenten.
Komplexer sieht die Lage für deutsche Autobauer aus: Sie produzieren einen Teil der für den US-Markt bestimmten Modelle vor Ort. Daneben findet Produktion in Mexiko und Deutschland statt. Zugleich sind sie in den Vereinigten Staaten vor der Konkurrenz chinesischer Elektroautohersteller geschützt. Diese haben praktisch keinen Marktzugang aufgrund prohibitiv hoher Zölle, die bereits unter Joe Biden eingeführt wurden.
Wer kommt als Nächstes dran?
Wie es im Handelskonflikt weitergeht, kann niemand voraussagen. Doch dürften Unternehmen ihre Lieferketten weiter diversifizieren. Chinesische Unternehmen haben bereits während Trumps erster Amtsperiode massiv in Vietnam investiert und beliefern von dort aus den US-Markt. Gemessen am US-Handelsbilanzdefizit lag der südostasiatische Staat bereits auf Rang 3 (wenn man die EU nicht als Block betrachtet). Damit könnte er künftig zu einem Ziel von Trumps Zollpolitik werden.