Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

aerial top view container ship Park for import export logistics in pier, thailand, Containerschiff, Pier, Thailand Containerschiff, Thailand | © Getty Images/anucha sirivisansuwan

Special | USA | US-Zollpolitik

Sind die USA noch ein verlässlicher Handelspartner?

Donald Trump überdreht die Zollschraube und stürzt damit auch sein Land in eine Krise. Womöglich werden Unternehmen ihr Geschäftsmodell zu Ungunsten des Landes diversifizieren.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Der 2. April 2025 dürfte in die ökonomische Geschichtsschreibung eingehen. Es ist der Tag, an dem US-Präsident Donald Trump sogenannte reziproke Zölle von mindestens 10 Prozent auf die gesamte Welt bekannt gab. Für rund 60 Länder kündigte er höhere Sätze an. Dabei machte das Weiße Haus keinerlei Unterschied zwischen Freund und Feind: Auch enge Verbündete wie Japan, Südkorea oder Taiwan fanden sich auf der Sonderliste, Russland dagegen nicht.

Update zu den Zusatzzöllen der USA

Die länderspezifischen Zusatzzölle, die ab 9. April 2025 hätten gelten sollen, werden für 90 Tage ausgesetzt. Die zusätzlichen Wertzölle in Höhe von 10 Prozent sind dagegen seit 5. April 2025 in Kraft.

Für China gilt die Aussetzung der länderspezifischen Zusatzzölle nicht. Hier war zunächst ein Zusatzzoll in Höhe von 34 Prozent vorgesehen. Dieser erhöht sich auf 125 Prozent. 

Die Bestimmungen können sich täglich ändern. Den aktuellen Stand finden Sie auf unserer GTAI-Sonderseite Handelspolitik unter Trump.

Die Ermittlung der Zollsätze, fanden Journalisten rasch heraus, gestaltete sich erstaunlich simpel: Wurde doch das US-Handelsbilanzdefizit mit einem Land durch die Einfuhren aus diesem Land geteilt. Dann wurde das Ganze nochmal durch zwei dividiert und fertig war die Milchmädchenrechnung, die teils bizarre Ergebnisse lieferte: Mit einem Rekordsatz von 50 beziehungsweise 49 Prozent wurden Lesotho und Myanmar bestraft; Länder, die kaum mit den USA Handel treiben. Für Einfuhren aus der EU hat die US-Administration einen Zoll von "nur" 20 Prozent verhängt.

Die betroffenen Länder haben unterschiedlich auf die Strafzölle reagiert. China, das sich bisher zurückgehalten hatte, führte umgehend Gegenzölle in gleicher Höhe ein, worauf Trump eine weitere Zollerhöhung ankündigte. Damit droht zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt ein sich aufschaukelnder Handelskonflikt, von dem keine Seite profitieren wird. 

Die Aushandlung neuer Deals könnte sich lange hinziehen

Die EU bereitet zwar Gegenmaßnahmen vor, hält sich aber die Tür zu Gesprächen offen. Sie bot den USA ein Freihandelsabkommen bei Industriegütern an. Auch Trumps Gehilfe Elon Musk schlug ein solches vor. Der US-Präsident ließ verlautbaren, dass er Verhandlungen prinzipiell offen gegenüberstehe. Doch die Umsetzung könnte sich als langwierig erweisen. 

So müssten seine Beamten mit Dutzenden von Ländern entsprechende Verhandlungen führen. Wer den aktuellen Zustand der US-Behörden kennt, weiß: Die Institutionen sind von Entlassungsmaßnahmen der letzten Wochen personell geschwächt und können das enorme Arbeitspensum gar nicht leisten. Damit haben die reziproken Zölle ein gewisses Beharrungsvermögen. Letztendlich ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen und hat einen irreversiblen Schaden genommen. 

Daran würde auch ein "Deal" eher wenig ändern. Niemand weiß, wie lange dieser Geltung hätte. Doch Unternehmen brauchen Sicherheit und Vorausschaubarkeit. Ihre Investitionspläne haben oft einen Horizont von Jahrzehnten. Autofabriken oder Stahlwerke kann man nicht alle vier Jahre wie Dominosteine verschieben. Sie dürften daher – ähnlich wie im Falle Chinas vor ein paar Jahren – überprüfen, wie stark ihre Abhängigkeit vom US-Markt ist und gegebenenfalls auf Diversifizierung setzen.  

US-Konjunktur: Von 100 auf Null in zweieinhalb Monaten

Der 2. April 2025 wird auch aus einem anderem Grund Geschichte schreiben: Es ist der Stichtag, an dem große Teile der US-Bevölkerung schlagartig ärmer wurden. Rund zwei Drittel besitzen direkt oder indirekt (etwa über eine Rentenversicherung) Aktien. Doch die Börsenkurse sind unmittelbar nach Verkündung der Zölle dramatisch eingebrochen. Dieser sogenannte Vermögenseffekt wird sich rasch auf den Konsum, die größte Konjunkturstütze, auswirken.

Die Prognosen zum Wirtschaftswachstum werden im Rekordtempo nach unten korrigiert. Legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut dem Bureau of Economic Analysis 2023 und 2024 noch um jeweils knapp 3 Prozent zu, liegt das Rezessionsrisiko für 2025 bei vielen Analysehäusern (Stand Anfang April) bei über 50 Prozent. Trump hat nur zweieinhalb Monate gebraucht, um die bislang unter Volldampf fahrende Konjunkturlokomotive zum Stillstand zu bringen. 

Folgen für deutsche Unternehmen

Trumps Zölle haben einen weiteren Haken: Anders als in seiner Vorstellungswelt zahlen zunächst die US-Importeure die Abgabe. Diese werden sie, wenn es wenig einheimische Anbieter gibt, weitgehend auf die Endkunden abwälzen. Das ist vor allem bei Konsumwaren der Fall. Aber auch bei vielen Kapitalgütern etwa bei Aluminium oder bestimmten Maschinen besteht eine hohe Importabhängigkeit. Deutsche Exporteure müssen daher nicht damit rechnen, den vollen Zollsatz aus eigener Tasche zu zahlen.

Vorteilhaft aus Sicht deutscher Unternehmen ist außerdem, dass Firmen aus China, Japan, Südkorea und Taiwan mit höheren Zollsätzen als die EU belegt wurden. Diese Länder sind auf dem US-Markt bei Kapitalgütern wie Maschinen ernsthafte Konkurrenten. Die chinesischen Gegenzölle auf US-Importe ermöglichen zugleich neue Absatzchancen im Reich der Mitte selber. Dort könnte die Devise künftig lauten: "Airbus statt Boeing" oder "Siemens statt General Electric". Allerdings dürften chinesische Unternehmen ihre Exportanstrengungen auf Märkten außerhalb der USA verstärken. Die vielen indirekten Folgen von Trumps Zollpolitik lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt nur erahnen.

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