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Mongolei will mehr Nahrungsmittel selbst verarbeiten
In der Mongolei dominiert die Lebensmittelbranche das verarbeitende Gewerbe. Durch mehr Investitionen in neue Ausrüstungen soll der Selbstversorgungsgrad weiter steigen.
06.09.2023
Von Jan Triebel | Ulan Bator
Die Mongolei macht bei der Verarbeitung lokal erzeugter Agrarprodukte Fortschritte. Die Nahrungsmittelindustrie ist bereits seit längerem der mit Abstand bedeutendste Teilbereich im verarbeitenden Gewerbe des Landes. Die aktuell landesweit etwa 2.000 Produzenten von Nahrungsmitteln und Getränken standen 2022 für gut 60 Prozent der Produktionsleistung des verarbeitenden Gewerbes, das insgesamt wenig entwickelt ist. Wichtigste Sparte der Lebensmittelbranche ist die Getränkeindustrie.
Ausbau der Fleischverarbeitung ist ein Schwerpunkt
In den kommenden Jahren wird im Bereich Lebensmittel vor allem die Fleischverarbeitung spürbar wachsen. Neben einer qualitativ wie quantitativ besseren Versorgung des einheimischen Marktes stehen dahinter auch Bestrebungen, vermehrt vor allem Rindfleisch zu exportieren.
Eine wichtige Rolle werden dabei mehrere Schlachthofkomplexe spielen, die an zentralen Standorten im Land geplant sind. Im Gespräch sind zunächst vier größere Anlagen zum Schlachten und Zerlegen der Tiere. Die vier Schlachthöfe sollen in der Lage sein, pro Jahr zusammen 640.000 Stück Kleinvieh und 101.000 Stück Großvieh zu verarbeiten.
Es ist vorgesehen, dass die Schlachthöfe zukünftig sowohl als zentrale Anlauf- und Umschlagstelle für Tiererzeuger als auch für Verarbeitungsbetriebe im jeweiligen Einzugsgebiet dienen. Den Erzeugern ermöglichen die Einrichtungen, ihr Vieh fachgerecht schlachten und zerlegen zu lassen. Die Hersteller von Fleisch- und Wursterzeugnissen können ihrerseits die Schlachtkomplexe nutzen, um hygienisch einwandfreies Frischfleisch für die weitere Verarbeitung zu beziehen.
Fleischexporte sollen steigen
Der Ausbau der Produktion der Schlachthöfe könnte zudem dazu beitragen, den Fleischexport der Mongolei anzukurbeln. Die Regierung betrachtet insbesondere Ausfuhren von tiefgekühltem Rindfleisch als wichtige Quelle für zusätzliche Exporteinnahmen.
In der Vergangenheit fielen die Erlöse von Fleischexporten noch recht überschaubar aus. Die Ausfuhr von rund 166 Tonnen gefrorenem Rindfleisch brachte 2022 nach Angaben des nationalen Statistikamtes Einnahmen von 577.000 US-Dollar (US$). Im Jahr 2018 wurden gut 1.100 Tonnen für 3,3 Millionen US$ ins Ausland verkauft. Der zwischenzeitliche Einbruch hat vor allem mit der Coronakrise zu tun. Als Reaktion auf die Pandemie hat das Land den grenzüberschreitenden Warenverkehr zeitweise massiv eingeschränkt, was die Ausfuhr von Fleisch zeitweise zum Erliegen brachte.
Die traditionellen Hauptabsatzmärkte für mongolisches Fleisch sind China und Russland. In den vergangenen Jahren kamen Händler aus Südkorea und Japan als Abnehmer dazu. Lokale Fleischerzeuger haben mittlerweile auch Lieferbeziehungen zu Kunden in den zentralasiatischen Ländern Kasachstan, Kirgisistan und Usbekistan aufgebaut.
Mehr Käse aus lokaler Milch
Neben der Fleischproduktion will die Mongolei auch die Milchverarbeitung deutlich ausbauen. Dafür sollen mit staatlicher Unterstützung landesweit mehrere Käsereien entstehen. Allein in der nördlichen Provinz Chöwsgöl sollen bis Ende 2024 insgesamt 18 meist kleinere Betriebe errichtet werden. Die Milchlieferanten für die Käsereien werden in erster Linie Erzeuger aus der unmittelbaren Umgebung sein. Nach dem Vorbild der Provinz Chöwsgöl sind ähnliche Vorhaben auch für andere mongolische Provinzen geplant.
Der Ausbau von Verarbeitungskapazitäten in der Lebensmittelbranche ist ein Baustein der New Revival Policy. Dabei handelt es sich um ein milliardenschweres, staatlich unterstütztes Investitionsprogramm für die gesamte Wirtschaft. Die Regierung hatte es Ende 2021 gestartet. Im Jahr 2021 hatte die Mongolei laut Zahlen von UN-Comtrade Maschinen zur Nahrungsmittelverarbeitung (SITC 727) im Wert von 6,4 Millionen US$ eingeführt. Destatis beziffert die deutschen Exporte in dieser Warengruppe in die Mongolei für 2021 mit 463.000 Euro (553.000 US$).
Mongolei strebt höheren Selbstversorgungsgrad an
Im Bereich Lebensmittel zählt es zu den Hauptzielen des Programms, den Grad der Selbstversorgung mit regionalen Erzeugnissen spürbar zu steigern. Ein neues Produktionscluster für ein breites Spektrum von Nahrungsmitteln soll einen großen Beitrag dazu leisten. Das Cluster soll in Darchan, der drittgrößten Stadt der Mongolei, entstehen. Wie in anderen Wirtschaftsbereichen auch, die von der New Revival Policy erfasst sind, setzt die Regierung bei dem Industriepark in erster Linie auf Privatinitiative. Der Staat bringt sich jedoch mit umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen ein.
Produkt | Anteil * |
---|---|
Fleisch | 100 |
Milch | 100 |
Kartoffeln | 100 |
Mehl | 100 |
Gemüse | 61,5 |
Eier | 51,4 |
Obst | 2,2 |
Pflanzenöl | 0,3 |
Günstige Kredite und Zollfreiheit für Ausrüstungskäufe
Unternehmen, die an einem Engagement in Darchan oder an anderen im Land geplanten Produktionskapazitäten für Nahrungsmittel interessiert sind, können beispielsweise zinsgünstige Kredite erhalten. Gemeinsam haben mehrere Geschäftsbanken und die Regierung ein Förderprogramm für die Lebensmittelindustrie gestartet. Allein 2023 können Kredite mit einem Volumen von 300 Millionen US$ abgerufen werden.
Der mongolischen Nahrungsmittelindustrie winken für ihre technische Aufrüstung Kredite mit langen Laufzeiten und überaus günstigen Zinssätzen. Staatliche Subventionen ermöglichen es den Banken, entsprechende Kredite mit einem Zinssatz von lediglich 5 Prozent pro Jahr zu vergeben.
Damit erhalten die Hersteller von Lebensmitteln deutlich bessere Konditionen als marktüblich. Zum Vergleich: Bei normalen Krediten mussten Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes Mitte 2023 laut Angaben der mongolischen Zentralbank mit einem jahresdurchschnittlichen Zinssatz von 14,7 Prozent rechnen. Neben den Zinsvergünstigungen sieht das staatliche Förderprogramm zudem vor, dass sämtliche Auslandseinkäufe von Ausrüstungen für die Nahrungsmittelverarbeitung bis 2027 vom Einfuhrzoll befreit sind.