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Nigerias öffentliche Stromversorgung bemüht sich um Erneuerbare

Eigentlich ist in Nigeria viel Geld da für den Ausbau solarhybrider Minigrids. Privatinvestoren zögern jedoch bei erneuerbarer Energie. Projekte zu Solar- oder Windfarmen sind rar.

Von Ulrich Binkert | Bonn

In Nigerias öffentlicher Stromversorgung beschränken sich erneuerbare Energien jenseits der Großwasserkraft bislang weitgehend auf Kleinstanlagen auf Basis von Fotovoltaik. Die bundeseigene Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) erfasste bislang landesweit etwa 160 solcher Installationen, schätzt die tatsächliche Zahl allerdings höher ein. Ein typisches System erreiche dabei um die 50 bis 100 Kilowatt (0,1 Megawatt) Kapazität. Zum Vergleich: Ein typisches Kernkraftwerk bringt 1.000 Megawatt. Im privaten Markt investieren Nigerias Großunternehmen hingegen bereits mehr auch in große Fotovoltaikanlagen.

Programm für dezentrale Stromversorgung in Umsetzung

Wichtigstes Programm für den Ausbau ländlicher dezentraler Stromversorgungen ist das großangelegte Nigeria Electrification Project. Das über eine halbe Milliarde US-Dollar (US$) teure Vorhaben wird maßgeblich von der Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank finanziert. Sein Schwerpunkt sind Fotovoltaik-basierte Kleinstnetze. Stand August 2023 sind dabei 103 solcher Minigrids mit einer Kapazität von insgesamt 5,6 Megawatt installiert worden.

Auf nigerianischer Seite ist die staatliche Rural Electrification Agency (REA) für das Programm zuständig. Die REA verantwortet weitere Elektrifizierungsprogramme, aufgelistet in ihrer Publikation "Programmes & Initiatives" vom Oktober 2022.

Netzgebundene erneuerbare Energien spielen in Nigeria bislang praktisch keine Rolle. Pressemeldungen zufolge ging Anfang 2023 die "erste Ongrid-Solarfarm" des Landes in Betrieb. Die 10-Megawatt-Anlage steht in Kumbotoso nahe der nordnigerianischen Stadt Kano und wurde entwickelt von der Haske Solar Company, hinter der staatliche Anteilseigner stehen. Daneben macht die französische Firma Vergnet nach eigenen Angaben den Service für einen von ihr gebauten 10-Megawatt-Windpark im Katsina. Die International Renewable Energy Agency berücksichtigt deren 37 Windräder mit jeweils 0,275 Megawatt, aber nicht in ihrer aktuellen Statistik der Stromerzeugung.

Installierte Stromerzeugungskapazität in Nigeria 2022 (Megawatt)
Energiequelle

netzgebunden

netzungebunden

Erdgas

10.968

10

Erdöl

28

10

Solar-Fotovoltaik

10

63

Wind

0

0

(Groß-) Wasserkraft

2.110

0

Feste Biobrennstoffe

12

10

Insgesamt

13.128 *)

94

* tatsächlich nutzbar sind nur geschätzt rund 7.000 Megawatt.Quelle: International Renewable Energy Agency

Projekte für netzgebundene Solar- oder Windfarmen noch wenig konkret

Über ernsthaft vorangetriebene, größere Projekte für die netzgebundene Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien liegen ebenfalls keine Informationen vor. Die in Singapur angesiedelte B&S Power Holding nennt für Nigeria zwei Solarparks mit insgesamt 320 Megawatt "in Entwicklung", bringt jedoch keine weiteren Informationen. Nach einem Pressebericht von 2021 plante die Firma eine 200-Megawatt-Solarfarm beim südnigerianischen Dorf Ashama nahe der Stadt Benin.

Ein Hinderungsgrund für private Erzeugerprojekte sind die niedrigen Strompreise von 50 bis 60 Naira pro Kilowattstunde, das sind derzeit rund 7 US-Cent. Investoren in Fotovoltaiksysteme und Minigrids benötigen laut Beobachtern mindestens 100 Naira. Hinzu kommt, dass laut Experten der jeweils zuständige Stromversorger für das Einspeisen ins öffentliche Netz bei Projekten über 1 Megawatt Kapazität eine Lizenz verlangt. Dies schrecke interessierte Investoren ab. Ein Problem seien auch Stromdiebstähle: Die "technischen und wirtschaftlichen Stromverluste" werden auf 40 Prozent geschätzt.

Private zögern angesichts der Dominanz der Geber

Auch beim Nigeria Electrification Project, das nach Eigenbeschreibung "vom Privatsektor getragen" ist, fließt tatsächlich bisher offenbar erst wenig privates Geld. Ein Grund für die Zurückhaltung der Investoren ist nach Einschätzung von Beobachtern, dass durch die Millionen ausländischer Geber zu viel öffentliches Geld vorhanden ist. Gegenwärtig stimmten sich die Geber untereinander und mit der REA ab, um ihren eigenen Finanzierungsanteil zu verkleinern.

Ein Beispiel für die wenigen privaten Investitionen sind die solarhybriden Systeme, die das Unternehmen GVE für Warenmärkte in der Hauptstadt Abuja entwickelt. Die GIZ weist darauf hin, dass sie mit ihrem Programm german-energy-solutions.de B2B-Kooperationen zwischen nigerianischen und ausländischen Firmen fördert. Investitionen dabei sollen ausschließlich von privater Seite kommen.

Seite mit Detailinfos zu Erneuerbaren und Stromnetzen in Nigeria

Detaillierte Informationen zum Einsatz erneuerbarer Energien und zu Stromnetzen in Nigeria finden sich auf der Webseite Nigeria SE4All. Die Seite des nigerianischen Energieministeriums, die von der GIZ unterstützt wird, bringt Daten zu Solar Home Systems, Minigrids und dem gesamten Stromsektor. Interaktive Karten geben Angaben bis hinunter auf die Lokalebene. Zusammenfassende Übersichts-Informationen indes finden zumindest ungeübte Nutzer auf der Seite nicht auf Anhieb. Ähnliche Informationen zum gesamten Stromsektor bringt auch eine Seite der Rural Electrification Agency.

Programme und Projekte mit erneuerbaren Energien zur öffentlichen Stromversorgung
Programm/BeteiligteAnmerkungen
1. Nigeria Electrification Project (NEP)"vom Privatsektor getragene Initiative", wesentlich finanziert von Weltbank (350 Millionen US$) und Afrikanischer Entwicklungsbank (AfDB, 200 Millionen US$), durchgeführt von der Rural Electrification Agency (REA), erreichte bislang 4,3 Millionen Menschen, auch in städtischen Gebieten
1a) Solarhybride Minigrids

- REA, August 2023: bislang 103 übergebene Minigrids mit insgesamt 46.661 Verbindungen und 5,6 Megawatt Kapazität für 233.305 Menschen, "sehr erfolgreiche Einbeziehung von Privatkapital über leistungsbezogene Zuschüsse";

- Covid-19-Programme für Gesundheitseinrichtungen: 77 Millionen US$; bislang 14 Krankenhäuser mit containerisierten Hybridsystemen über 700 kWh ausgeliefert

1b) Solar Home Systems75 Millionen US$, zu großen Teilen aus nigerianischen Finanzquellen; 900.000 Systeme verkauft
1c) Energizing Education ProgrammePhase 1: 12 Millionen US$ (Zuschuss); Phasen 2+3: 228 Millionen US$; 105 Millionen US$ für 7 Unis und 2 Ausbildungskrankenhäuser; REA vermeldete im Februar 2021 die Inbetriebnahme von insgesamt 1,1 Megawatt solarhybrider Systeme für diverse Unis
1d) Energieeffiziente Geräte und Produktionsausrüstungen19 Millionen US$ Finanzierungen für Geräte
1e) Technische UnterstützungUnterstützung beteiligter nigerianischer Behörden bei Verwaltung und Umsetzung
2. GIZfinanziert vom Bundeswirtschaftsministerium; reines B2B: Investitionen durch nigerianische und ausländische Firmen; bisher installiert: 1,1 Megawatt Hybridsysteme für Molkerei, Kühlhaus und Behörde (für den Eigenstromverbrauch)
3. Solarhybrides System (1 Megawatt) für Wuse Market in Abujaprivater Entwickler GVE, zusammen mit Abuja Electricity Distributions Company; GVE hat ähnliche Projekte auf zwei anderen Märkten in Abuja
Quelle: Rural Electrification Agency, "Programmes & Initiatives", October 2022; Agence Française de Développement; GIZ; Weltbank, August 2023

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