Branchen | Polen | Solarenergie
Branchenstruktur
In manchen Produktkategorien führt an asiatischen Herstellern kein Weg vorbei. Polnische Firmen können sich trotzdem Marktanteile erkämpfen. Auch deutsche Anbieter gewinnen Kunden.
13.04.2023
Von Christopher Fuß | Warschau
Modulhersteller entwickeln sich dynamisch
Die meisten in Polen verbauten Solarzellen stammen aus China. Das bedeutet aber nicht, dass die gesamte Wertschöpfung in Asien stattfindet. Polnische Hersteller von Modulen und weiteren Komponenten haben sich erfolgreich etabliert.
Das Unternehmen Corab gehört zu den bekanntesten Beispielen. Allein 2022 stiegen die Gewinne des polnischen Modulherstellers im Jahresvergleich um 25 Prozent. Corab will seine Marktanteile mit neuen Produkten verteidigen. Mittlerweile verkauft das Unternehmen auch eigene Wechselrichter. Geschäftsführer Piotr Markowski kündigt Investitionen an, ohne jedoch Details zu nennen. Erst im September 2022 hatte das Unternehmen ein Logistikzentrum eröffnet.
Ein weiterer Marktteilnehmer ist Bruk-Bet Solar. Die Tochtergesellschaft eines polnischen Herstellers von Pflastersteinen fertigt seit 2011 Fotovoltaikmodule. Es ist in Polen keine Seltenheit, dass eigentlich branchenfremde Firmen in das Solargeschäft einsteigen. Der Ölimporteur Unimot produziert ebenfalls seit 2021 Fotovoltaikmodule. In der Fabrik in der Woiwodschaft Podkarpackie wurden zuvor Filter hergestellt. Im Februar 2023 hat Unimot das Werk erneut ausgebaut.
Auch ML System erweitert seine Produktion. Der Hersteller von sogenannten gebäudeintegrierten Fotovoltaikmodulen erhält über 2 Millionen Euro an EU-Geldern für ein Entwicklungsprojekt. ML System will Module in Ziegelform mit einer Keramikschicht ins Portfolio aufnehmen. Das Produkt soll auf denkmalgeschützten Gebäuden zum Einsatz kommen und sich nahtlos in die Architektur einfügen. ML System gehört zu den größeren Herstellern der Branche in Polen. Im Februar 2023 hat das Unternehmen einen wichtigen Auftrag gewonnen. Es wird Fotovoltaikanlagen für ein Wasserstoffprojekt des Steinbruch-Betreibers Świętokrzyska Grupa Przemyslowa Industria liefern.
Branchenprimus in Schwierigkeiten
Einer der größten Installationsbetriebe ist das Unternehmen Columbus Energy. Der Marktanteil beim Fotovoltaik-Einbau in Einfamilienhäusern liegt nach Firmenauskunft bei rund 15 Prozent. Das Unternehmen muss sich nach Verlusten in Höhe von rund 11 Millionen Euro im Jahr 2022 neu aufstellen. Laut Columbus Energy haben die neuen Einspeisebedingungen, gestiegene Finanzierungskosten und die Preisdeckel für Solarstrom den Markt verunsichert und das Geschäft ins Minus gedrückt. Banken wollten beispielsweise keine Kredite mehr für neue Großprojekte geben.
Das neue Jahr soll besser laufen, auch dank Projekten im Nachbarland Tschechien. Der Verkauf von Solarparks an die französische ENGIE spült weiteres Geld in die Kasse. Außerdem steigt Columbus Energy in den Bau von großen Energiespeichern ein. Laut Firmenangaben befinden sich Fotovoltaik- und Speicher-Projekte im Wert von über 100 Millionen Euro in den Auftragsbüchern.
Columbus Energy ist nicht der einzige Installationsbetrieb am Markt. Zum Kreis der Konkurrenten gehört das Unternehmen Hymon. Zwei große Investmentgesellschaften, Kajima Europe und Griffin Real Estate, haben das Unternehmen mittlerweile übernommen. Die meisten Kunden von Hymon sind Privathaushalte und kleine bis mittelgroße Firmen. In dieser Kundengruppe ist auch der Installationsbetrieb Polenergia Fotowoltaika zu Hause.
Die Aktiengesellschaft R.Power hat sich hingegen auf Planung, Bau und Betrieb von großen Solarparks spezialisiert. Bis 2025 will das Unternehmen Anlagen mit einer Leistung von einem Gigawatt installieren. Das nötige Kapital steuern neue Investoren bei. Im Februar 2023 wurde bekannt, dass ein Fonds aus Luxemburg mit 150 Millionen Euro bei dem Unternehmen eingestiegen ist.
Deutsche Unternehmen mischen auf Polens Fotovoltaik-Markt mit
Zu den führenden Vertriebsgesellschaften von Fotovoltaik-Technik gehören in Polen neben heimischen Firmen, wie Grodno, Menlo Electric oder Soltec, auch deutsche Anbieter. Das Unternehmen Baywa.RE aus München hat sich als Großhändler für gewerbliche Abnehmer etabliert.
Überhaupt sind Lieferanten aus Deutschland am polnischen Fotovoltaikpark sehr aktiv. Wechselrichter-Produzent SMA hat Komponenten für Polens bis dato größten Fotovoltaikpark geliefert. Hinter dem Projekt steht unter anderem das deutsche Bauunternehmen Goldbeck. Weitere Projektentwickler machen sich bereit. SUNfarming aus Brandenburg erhielt im Februar 2023 das nötige Kapital für den Bau neuer Solarparks mit insgesamt 257 Megawatt Leistung.
Auch deutsche Hersteller von Fotovoltaikmodulen können in Polen Kunden gewinnen. Das Unternehmen Bauer Solar zählt, gemessen an der jährlich verkauften Leistung in Megawatt, zu den zehn beliebtesten Modulherstellern des Landes. Anbieter wie Luxor Solar und Aleo Solar sind ebenfalls am Markt aktiv.
Ein polnischer Hersteller von Solarzellen ist das Unternehmen Saule Technologies aus Wrocław. Das Besondere: Saule Technologies produziert die Zellen aus einem Material namens Perovskit. Es ist deutlich flexibler als andere Rohstoffe. Der endgültige Durchbruch bleibt der Technologie bislang aber verwehrt. Das gängigste Material bei der Zellenproduktion bleibt Silizium.
In Polen gibt es keine Fabrik, die Solarzellen auf Siliziumbasis in großem Stil herstellt. Wenn es nach Grzegorz Wisniewski geht, soll sich das bald ändern. Der Leiter des Thinktanks Institut für Erneuerbare Energien IEO (Instytut Energetyki Odnawialnej) will in Racibórz eine Gigafabrik bauen. Was fehlt, ist die nötige Finanzierung. Der europäische Innovationsfonds soll Geld beisteuern. Grzegorz Wisniewski will außerdem Mittel im Rahmen des europäischen IPCEI Rahmens (Important Projects of Common European Interest) beantragen.
Das Unternehmen Roltec ist da schon einen Schritt weiter. Bei Wrocław will die Firma eine Fabrik für Dünnschicht Solarzellen bauen. Bei der sogenannten CIGS-Technologie kommt kein Silikon zum Einsatz. Die Kosten des Vorhabens belaufen sich auf rund 53 Millionen Euro. Roltec wartet auf eine Baugenehmigung.