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Wirtschaftsumfeld | Polen | EU-Förderung

Neue Absatzchancen dank EU-Fördergeldern

Seitdem die Europäische Kommission im Februar 2024 EU-Gelder für Polen freigegeben hat, sind zahlreiche Förderprogramme angelaufen. Auch deutsche Unternehmen profitieren davon.

Von Christopher Fuß | Warschau

Der LKW- und Busproduzent MAN darf sich freuen. Wie die Verkehrsbetriebe der polnischen Stadt Radom bekanntgaben, hat das Münchener Unternehmen das wirtschaftlichste Angebot für die Lieferung von 20 Elektrobussen und 10 Ladesäulen abgegeben. Möglich wird das Projekt mit einem Gegenwert von 21 Millionen Euro auch dank Zuschüssen aus dem europäischen Wiederaufbaufonds.

Die Stadt Radom ist nicht der erste Nutznießer dieses Förderinstruments. Laut Angaben der Ministerin für EU-Gelder, Katarzyna Pełczyńska-Nałęcz, hat Polen Ende Juni 2024 bereits 11,3 Milliarden Euro aus dem Wiederaufbaufonds abgerufen. Bis Ende 2024 soll dieser Betrag auf 23 Milliarden Euro steigen. Das entspricht 40 Prozent des Gesamtbudgets des Wiederaufbaufonds.

Energieeffizienz ist ein Förderschwerpunkt

Polen steht unter Zeitdruck. Das Land muss einen guten Teil der Gelder aus dem Wiederaufbaufonds bis August 2026 ausgeben. Danach verfallen die Mittel. Wenig überraschend verkünden staatliche Förderagenturen neue Unterstützungsprogramme. Das Ziel lautet, die EU-Mittel so zügig wie möglich an die entsprechenden Empfängergruppen zu verteilen. Neben der Kommunalwirtschaft gehören private Unternehmen zu den wichtigsten Zielgruppen.

Große Betriebe mit einem Jahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro können beispielsweise ab August 2024 insgesamt 300 Millionen Euro an Niedrigzinskrediten aus dem Wiederaufbaufonds beantragen. Voraussetzung: Das begünstigte Unternehmen investiert die Gelder in energieeffiziente Maschinen oder Gebäudetechnik. Fördergelder gibt es auch für den Bau von emissionsarmen oder emissionsfreien Kraftwerken und von Energiespeichern.

Mit dem Fokus auf Energieeffizienz unterstützen die Wiederaufbau-Gelder einen Industrietrend, den Maschinenbauer schon länger in Polen beobachten. Der baden-württembergische Hersteller von Spritzgussmaschinen ARBURG berichtet beispielsweise im GTAI-Gespräch, dass polnische Kunden verstärkt nach energiesparenden Lösungen fragen.

Informationen und Antragsformulare rund um das Kreditprogramm für Großbetriebe veröffentlicht der staatliche Umweltfonds NFOŚiGW (Narodowy Fundusz Ochrony Środowiska i Gospodarki) auf seiner Webseite.

Eine weitere Fördermaßnahme richtet sich an kleine und mittelgroße Unternehmen. Insgesamt 80 Millionen Euro winken mittelständischen Betrieben, wenn sie in Technologien zur Abfallvermeidung oder in Recyclinganlagen investieren. Ziel ist es, den Materialverbrauch in der Wirtschaft zu reduzieren. Berücksichtigt werden dabei auch Ausgaben für eine bessere Energieeffizienz. Die staatliche Agentur für Unternehmensentwicklung PARP (Polska Agencja Rozwoju Przedsiębiorczości) nimmt Förderanträge bis Ende August 2024 entgegen.

Weitere Initiativen stehen in den Startlöchern, darunter ein rund 650 Millionen Euro teures Förderprogramm, dass Unternehmen beim Einsatz von Cloud-Technologien unterstützt. Das Ministerium für EU-Fonds listet alle geplanten, laufenden und beendeten Programme des Wiederaufbaufonds auf einem Informationsportal.

Ein Fünftel der Kohäsionsgelder sind bereits vergeben

Die Verkehrsbetriebe der Stadt Radom interessieren sich auch für andere EU-Förderinstrumente. In einer Pressemitteilung erklärt das kommunale Unternehmen, man wolle bis zu zwölf weitere Elektrobusse mit Geldern aus der europäischen Kohäsionspolitik einkaufen. 

Dieser Fördertopf ist mit insgesamt 76 Milliarden Euro sogar noch umfangreicher als der Wiederaufbaufonds. Polen bleibt in diesem Fall außerdem mehr Zeit, um die Gelder auszugeben. Die Frist läuft bis Ende 2029. Trotzdem hat das Ministerium für EU-Fonds bis Anfang Juli 2024 laut eigener Auskunft bereits 21 Prozent der Gelder vergeben. Parallel dazu laufen weitere Ausschreibungen.

Große Firmen können beispielsweise bis Ende Oktober 2024 insgesamt 200 Millionen Euro für Forschungsprojekte beantragen. Unterstützung gibt es, wenn ein Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen entwickelt. Auch für den Einsatz von digitalen Technologien in der Produktion winken Fördergelder aus den Kohäsionsprogrammen. Ansprechpartner ist das staatliche Forschungszentrum NCBR (Narodowe Centrum Badań i Rozwoju). Wichtig: Ein Projekt muss immer eine Forschungskomponente beinhalten. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Großbetrieb mit einem mittelständischen Betrieb kooperieren muss.

Unternehmen aus Deutschland nehmen Programme in Anspruch

Ein weiteres, vergleichbares Programm gibt es auch exklusiv für kleine und mittelständische Firmen. Interessierte Unternehmen können jeweils bis zu 12 Millionen Euro beantragen. Ziel ist die "Stärkung der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten und die Markteinführung von innovativen Lösungen auf der Grundlage von Forschungsergebnissen", heißt es in den entsprechenden Projektunterlagen. Auch die "grüne und digitale Transformation von Unternehmen" sei demnach förderfähig. Anträge nimmt die Agentur PARP bis Ende Oktober 2024 entgegen.

Alle weiteren geplanten und laufenden Ausschreibungen listet das Ministerium für EU-Fonds auf einer Sonderseite.

Die europäischen Mittel für Polen helfen deutschen Unternehmen in zweierlei Hinsicht. Zum einen kurbeln die Gelder die Nachfrage nach neuen Technologien an - und damit die Exportchancen für Hersteller aus Deutschland. 

Zum anderen können polnische Tochtergesellschaften von Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland auf die Förderprogramme zugreifen. So erhält die Niederlassung der bayerischen Hubergroup in Polen rund 7,2 Millionen Euro, um Farbstoffe zu entwickeln. Der Metallverarbeiter HMT wiederum will mit rund 250.000 Euro an EU-Geldern die Energieeffizienz in seiner Zweigstelle in Dolnośląskie verbessern.

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