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Polen greifen immer öfter zu Snacks und Fertigessen
Polens Nahrungsmittelindustrie stellt sich auf neue Trends ein: So werden deutlich mehr Fertiggerichte und Snacks produziert, alkoholfreie Getränke stehen hoch im Kurs.
22.09.2023
Von Beatrice Repetzki | Berlin
Polen ist ein traditionell bedeutender Hersteller von Nahrungsmitteln. In den einzelnen Segmenten kommt es zu Verschiebungen: Der Trend geht immer mehr zu Fertiggerichten. Nach der Coronakrise verbringen die Polen wieder weniger Zeit zu Hause und wollen ihre Speisen schnell und einfach auf den Tisch bringen. Besonders Fertiggerichte mit Fleisch oder Fleischersatz verzeichnen einen Boom.
Ein wichtiger Hersteller von Fertiggerichten ist die Grupa Maspex, die fortlaufend in ihre Kapazitäten investiert und 2023 von der Europäischen Investitionsbank EIB einen Kredit von 104 Millionen Euro erhielt. Das Tochterunternehmen des französischen Danone-Konzerns Nutricia erweitert für rund 50 Millionen Euro seine Fabrik für Babynahrung und Nahrung für medizinische Zwecke in Opole (Oppeln). Das neue Werk soll im 1. Quartal 2025 seinen Betrieb aufnehmen.
Vielfältiges Angebot an Snacks
Nicht nur Fertiggerichte, sondern auch Snacks aller Art sind in Polen als Zwischenmahlzeiten verstärkt gefragt. Der Absatz von Kartoffelchips stieg laut NielsenIQ von Mitte 2022 bis Mitte 2023 mengenmäßig um 0,8 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode, bei einem Verkaufswert von 580 Millionen Euro. Hinzu kam das übrige salzige Knabbergebäck für 182,9 Millionen Euro. Die Verkäufe von süßem Gebäck betrugen gleichzeitig 803 Millionen Euro, von Waffeln 312,3 Millionen Euro, von Schokoladenriegeln 423,8 Millionen Euro und von Müsliriegeln 98,1 Millionen Euro.
Die wachsende Beliebtheit von Snacks lässt Anbieter immer wieder Neuheiten auf den Markt bringen. Neben Chips aus verschiedenen Gemüsen setzt Polen auch auf Chips aus Obstsorten. Das Land ist mit rund 5 Millionen Tonnen der größte Erzeuger von Äpfeln in der EU mit einem deutlichen Überangebot. Dieses verarbeiten einige Hersteller, darunter die Organisation von Obsterzeugern Rajpol, Cykoria, Bio Planet und Crispy Natural, neuerdings zu Chips.
Die mengenmäßige Nachfrage nach getrockneten Früchten sowie Nüssen, Kernen, Samen und ähnlichen Erzeugnissen nimmt in Polen ebenfalls zu. Laut NielsenIQ wurden von Mitte 2022 bis Mitte 2023 derartige Waren im Wert von fast 111,5 Millionen Euro beziehungsweise über 423,8 Millionen Euro verkauft.
Geflügelzucht wächst weiter
Schon seit Jahren ist Polen der größte Geflügelverarbeiter in der EU und baut diese Position weiter aus: Das führende Geflügelverarbeitungsunternehmen Grupa Cedrob errichtet 2023 in Ujazdówek bei Ciechanów eine dritte Schlachterei für 270.000 Hühner täglich. Dadurch steigt ihre Tageskapazität auf 1 Million Stück.
Die Fischverarbeitung war 2022 rückläufig. An frischen oder gekühlten Filets aus Meeresfischen wurden nur noch 96.375 Tonnen hergestellt (-6,3 Prozent gegenüber 2021). Die Erzeugung von Speisefetten stieg gegenüber 2021.
Produktgruppe | 2021 | 2022 | Veränderung 2022/2021 2 |
---|---|---|---|
Geflügelfleisch (in 1.000 Tonnen) | 3.158 | 3.350 | 6,1 |
Wurstwaren (ohne Geflügel) | 774.818 | 829.196 | 7,0 |
Wurst aus Geflügelfleisch | 211.773 | 185.927 | -12,2 |
Räucherfisch | 113.010 | 102.662 | -9,2 |
Tierische Speisefette, geschmolzen | 151.243 | 167.443 | 10,7 |
Raffiniertes Speiseöl aus Raps und Rübsen | 532.037 | 570.921 | 7,3 |
Margarine / fettarme Mischungen (nicht flüssig) | 308.000 | 339.000 | 10,1 |
Butter | 241.218 | 251.529 | 4,3 |
Käse und Quark | 993.076 | 992.470 | -0,1 |
Fertiggerichte auf Fleischbasis | 103.804 | 149.217 | 43,7 |
Fertiggerichte auf Gemüsebasis | 47.742 | 52.876 | 10,8 |
Die Erzeugung von flüssiger verarbeiteter Milch erreichte 2022 gut 37 Millionen Hektoliter (+3,7 Prozent gegenüber 2021). Trotz des gestiegenen Angebots leiden die Hersteller von Molkereiprodukten unter den hohen Preisen für Milch und Energie. Im 1. Quartal 2023 erzielten sie einen Nettogewinn von lediglich 5,5 Millionen Euro gegenüber 174,8 Millionen Euro im 1. Quartal 2022. So dürfte sich der Konsolidierungsprozess fortsetzen und kleinere Firmen vom Markt verschwinden. Die führenden Milchverarbeiter Mlekovita, Polmlek und Mlekpol übernahmen 2023 weitere kleinere Konkurrenten.
Produktgruppe | 2021 | 2022 | Veränderung 2022/2021 2 |
---|---|---|---|
Gefrorenes Gemüse | 571.736 | 566.325 | -0,9 |
Gemüsekonserven | 452.840 | 449.717 | -0,7 |
Marmelade (ohne Zitrusfrüchte) | 52.110 | 49.459 | -5,1 |
Frische Backwaren (in 1.000 Tonnen) | 1.341 | 1.440 | 7,4 |
Nudeln | 198.918 | 191.233 | -3,9 |
Ketchup und Tomatensaucen | 168.243 | 174.068 | 3,5 |
Mayonnaise | 125.016 | 118.987 | -4,8 |
Suppen, Bouillons, Präparate für diese | 84.322 | 95.703 | 13,5 |
Chips | 124.055 | 128.665 | 3,7 |
Schokoladenhaltige Bonbons | 50.936 | 45.719 | -10,2 |
Nicht-alkoholische Getränke boomen
Während die Produktion von Alkoholika 2022 zurückging, stieg die Herstellung alkoholfreier Getränke. Klarer Marktführer bei Säften und ähnlichen Erzeugnissen in Polen und anderen mittelosteuropäischen Ländern ist die Grupa Maspex.
Laut NielsenIQ sanken von Mitte 2022 bis Mitte 2023 in Polen die mengenmäßigen Verkäufe von Bier um 4 Prozent und die von Wodka um 6 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Im 1. Halbjahr 2023 verstärkte sich dieser Trend, als laut NielsenIQ 122,3 Millionen Liter Wodka abgesetzt wurden (-7,6 Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2022). Gleichzeitig sank auch die Nachfrage aus dem Ausland auf 42,5 Millionen Liter (-2,5 Prozent).
Zunehmend werden in Polen Energy Drinks nachgefragt, von denen 2022 der Marktforschungsfirma CMR zufolge rund 800 Millionen Dosen abgesetzt wurden. Im Jahr 2023 sollen sich laut Euromonitor International die Ausgaben auf Złoty-Basis nominal um 13 Prozent auf 726 Millionen Euro erhöhen. Verkauft würden somit 283 Millionen Liter (2022: 251 Millionen Liter, 2021: 213 Millionen Liter).
Produktgruppe | 2021 | 2022 | Veränderung 2022/2021 2 |
---|---|---|---|
Obst- und Gemüsesäfte | 12.612 | 13.198 | 4,6 |
Obstgetränke | 9.976 | 11.424 | 14,5 |
Nektare | 1.761 | 1.519 | -13,8 |
Bier aus Malz mit Alkohol | 38.832 | 37.933 | -2,3 |
Bier, alkoholfrei | 2.293 | 2.471 | 7,8 |
Reiner Wodka 3 | 1.080 | 1.018 | -5,8 |
Mineralwasser (auch mit Sprudel) | 49.599 | 50.336 | 1,5 |
Deutschland bleibt wichtigster Abnehmer
Die polnischen Hersteller von Nahrungsmitteln und Agrarerzeugnissen bedienen nicht nur den heimischen Markt, sondern exportieren zunehmend einen beträchtlichen Teil ihrer Erzeugnisse. Im 1. Halbjahr 2023 erreichten die Ausfuhren davon laut Landwirtschaftsministerium 25,6 Milliarden Euro (+15 Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2022). Der Großteil ging mit 18,8 Milliarden Euro in andere EU-Länder (+13 Prozent), der Rest (6,8 Milliarden Euro) in Länder außerhalb der EU (+23 Prozent).
Deutschland importierte aus Polen im 1. Halbjahr 2023 Nahrungsmittel und Agrarerzeugnisse im Wert von 6,4 Milliarden Euro (+17 Prozent). Zweitgrößter Abnehmer war das Vereinigte Königreich mit 2 Milliarden Euro (+18 Prozent).
Die Ausfuhren von Fleisch und Fleischprodukten betrugen 4,9 Milliarden Euro (+8 Prozent) und hatten einen Anteil von 19,1 Prozent an den Nahrungsmittelausfuhren insgesamt. Auf 2,2 Milliarden Euro expandierten die Exporte von Zigaretten (+34 Prozent).